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Raus mit der Sprache

Titel: Raus mit der Sprache
Autoren: Ursula Steinbuch
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Problembeschreibung
    In Seminaren oder Übungen fällt immer wieder auf, dass sich nur einige wenige Studierende mit eigenen Redebeiträgen an den Diskussionen beteiligen. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn die Schweigenden sich in ihrer Haut wohl fühlten und wenn sie an der Hochschule ohne Reden gut über die Runden kämen. Beides ist aber nicht der Fall, wie die folgenden Äußerungen von Studierenden zeigen:

    (A) Seit Beginn des Studiums habe ich einen ›Horror‹ vor Referaten
; davor, im Seminar meine Meinung zu sagen, also vor mir
unbekannten Menschen zu sprechen. Ich merke jedesmal,
wenn ich ein Referat halten muss, wie mein Blutdruck steigt,
die Hände zittrig werden und ich total Angst kriege, dass meine
Stimme versagt, ich vor lauter Hemmung nicht mehr geordnet
denken kann. Besonders schwierig finde ich es, wenn reihum
etwas gesagt werden soll oder eine Rednerliste erstellt wird, da
ich dann nicht spontan etwas sage, sondern die ganze Zeit warte
, darüber nachdenke und in dieser Zeit meine Aufregung zunimmt
.
    Ich kann mich außerdem während eines Referats kaum
selbst einschätzen, also ob meine Stimme zu laut oder zu leise,
mein Redetempo zu langsam oder zu schnell ist. Teilweise bin
ich so sehr bei den anderen oder meiner Aufgeregtheit, dass ich
den Bezug zum Inhalt meines Vortrags verliere.
    |10|
In Prüfungssituationen sitze ich mit ›zugeschnürter‹ Kehle
vor der Prüferin bzw. dem Prüfer. Mein Herz klopft bis zum
Hals, aber nicht aus Angst, dass ich nichts weiß, sondern aus
Angst, mich zu blamieren mit dem, was ich sage.

    (B) Wenn ich mich entschließe, etwas zu sagen, bzw. wenn mir
nur ein Gedanke für einen Beitrag kommt, werde ich zunehmend
aufgeregt, und mein Herzschlag übertönt alles andere.
Ich entschließe mich dann meistens dazu, mich nicht zu melden
.
    Meine Redebeiträge vor einer größeren Gruppe, sei es bei einer
Diskussion im Seminar oder während ich ein Referat halte,
sind für mich eine Situation, in der ich die Kontrolle über meine
Gedanken zu verlieren scheine. Selbst wenn ich vorbereitet
bin, habe ich keinen Zugriff zu dem Vorbereiteten. Es fällt mir
erst hinterher wieder ein. Fragen, die sich auf mein Referat beziehen
, können daher von mir nur unzureichend beantwortet
werden, und ich fühle mich irgendwie bloßgestellt. Jede Ruhe
ist verloren. Nachdenken ist in der Referatsituation nicht möglich
. Meine Stimme zittert, die Sprache ist gebrochen, oft versagt
sie vollständig. Ich habe das Gefühl, dass ich das, was ich
sagen wollte, nicht gesagt habe, ohne jedoch zu wissen, was ich
überhaupt gesagt habe.

    (C) Ich studiere im 19. Semester und bin Zeit meines Studiums
allen Situationen aus dem Weg gegangen, in denen ich in einem
Seminar hätte reden müssen, angefangen mit einfachen Redebeiträgen
bis hin zum Halten von Referaten. Dadurch hat sich
meine Studienzeit enorm verlängert.
    Im letzten Semester habe ich zum ersten Mal den Versuch gemacht
und gleich zwei Referate gehalten. Auf der einen Seite
hat es sehr gut getan zu sehen, dass das unmöglich Geglaubte
doch möglich ist, auf der anderen Seite waren die Angst und
die Aufgeregtheit so groß, dass ich das Gefühl hatte, mich nicht
unter Kontrolle zu haben.
    Ich denke, dass ich durch das Trainieren solcher Situationen
besser mit meiner Angst vor diesen Situationen umzugehen lerne
, sich die Angst an sich vielleicht auch reduziert.

    |11|
(D) Ich habe Schwierigkeiten, überhaupt einen Redebeitrag zu
leisten, insbesondere wenn alle einen ansehen und ich vor einer
großen Gruppe sprechen soll, deshalb drücke ich mich vor Referaten
.
    Ich fühle mich zu alt fürs Studium neben all den sicheren,
jungen, nicht mit den Alltagsproblemen des Berufs konfrontierten
Leuten.
    Außerdem habe ich permanente Angst, zu wenig zu wissen
oder ›Falsches‹ bzw. ›Unwissenschaftliches‹ zu sagen, und dass
jeder Satz, den man sagt, von einigen Mitstudenten immer total
›zerfetzt‹ wird.
    Die Erwartungen, die ich an mich selbst stelle, sind zu hoch,
das führt zu einer totalen Blockade.
    Ich nehme mir und habe zu wenig Zeit, sicheres Wissen anzuhäufen
. Vielleicht wäre ein Redebeitrag dann eher möglich.

    (E) Wenn ich ein Referat halten muss, habe ich Angst, alles zu
vergessen, obwohl ich mich schon immer so vorbereite, dass
ich mindestens doppelt so viel lese wie nötig. Nach dem Referat
kann es sein, dass ich alles vergessen habe, die Blätter weg
packe und nie wieder anrühre. Außerdem kriege
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