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ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)

Titel: ABATON: Im Bann der Freiheit (German Edition)
Autoren: Christian Jeltsch
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PROLOG
    [3P01]
    Rau schlug der Sturm in sein Gesicht, als Bernikoff an Deck des kleinen Schiffes wankte. In der Finsternis tastete er nach einem Halt und seine rechte Hand fand eine Stiege hinauf zum Schlot. Hastig umklammerten seine Finger das nasse Eisen.
    Wild und angriffslustig türmte sich das Meer um die » Blaue Auster « , jagte die helle Gischt auf den kleinen Kutter und seine Besatzung zu. Bernikoffs Linke griff nach dem Ende eines im Wind schlagenden Seils, zog es straff zu sich heran, und dann stand er da mit ausgebreiteten Armen an der Wand des Schiffsaufbaus. Wie gefesselt. Prometheus in Erwartung des Adlers, dachte er und lachte bitter. Prometheus, der Freund der Menschen, der sie erweckt hatte, der ihnen das Feuer der Erkenntnis gebracht hatte und dafür an den Felsen geschmiedet ewige Qualen hatte leiden müssen. Es war wahr. Es hatte sie immer gegeben, ob in der Mythologie oder in der Wirklichkeit, die Gestalten, die den Menschen die Augen öffnen wollten. Für ihre Einzigartigkeit, ihre unbegrenzten Möglichkeiten. Doch was hatten die Menschen stets daraus gemacht? Sie hatten diese Propheten verdammt, ermordet und dann wieder verehrt und heilig gesprochen.
    Aus dem Schwarz der Nacht formten sich plötzlich seltsame Gebilde vor Bernikoffs Augen. Wie gigantische Ungeheuer auf kerzengeraden Beinen ragten sie aus den tosenden Wassern. Stoisch trotzten sie dem unerbittlichen Toben des Meeres. I hre winzigen leuchtenden Augen strahlten in die Nacht. Von dem kleinen Boot aus wirkte es, als reichten diese Ungetüme bis in den Himmel. Berni k off wusste nicht, ob er Gespenster sah. Sein Blick suchte nach dem Kapitän. Bernikoff sah ihn am Steuer stehen und erschrak. Alle Gelassenheit, alle Zuversicht hatte de n Körper des erfahrenen Seemanns verlassen. Er kämpfte mit den Gewalten der Natur, und Bernik o ff begriff, es stand nicht gut um die » Blaue Auster « . Noch stampften die Dieselmotoren voran. Doch w uchsen die Berge aus schwarzem Wasser immer höher, und immer tiefer und steiler s t ürzte das kleine Schiff in die Täler hinab, die sich dahinter verbargen. Die » Blaue Auster « ächzte und krachte in ihren Fugen. Längst war sie bereit, sic h zu ergeben, doch noch kämpfte die Besatzung um die Ladung und um ihr Leben.
    Di e entscheidende Welle hatte sich aus dem Nichts vor ihnen aufgetürmt und die Wucht ihres hinterhältigen Schlages drückte den Bug des Schiffe s unter Wasser. Für eine schreckliche Unendlichkeit streckte es das Heck in die Höhe wie eine Ente den Bürzel beim Gründeln.
    Immer noch klammerte sich Bernikoff an die Stiege und das S e il, die längst keinen Halt mehr versprachen. Mit böser Langsamkeit sah er das Wasser auf sich zukommen wie ein gefräßiges Raubtier. Die ersten Wellen schwappten heran, als wollten sie in Vorfreude ein wenig von ihm kosten. Da füllte si c h der Rumpf des Kutters mit Wasser. Die » Blaue Auster « hatte nicht mehr die Kraft, sich aufzurichten. Wie ein Stein versank sie im Wasse r . Prometheus war frei ...
    „Nein!“, schrie Bernikoff voller Trotz. „So werde ich nicht sterben! Niemals. Nein!“ Damit verschlang ihn das Meer ...

    „Talisk e r ... 15 Jahre“, sagte der Mann in der Uniform eines britischen Offiziers. » McQueen « stand auf dem Namensschild und sein rötlicher Bart un t erstrich die schottische Herkunft. „Gibt nichts Besseres, um die Lebensgeister wieder zu wecken!“ Der große, stämmige Mann hatte den Malt aus einer Karaffe in einen Tumbler gegossen und hielt Bernikoff das Gla s hin, der in eine Decke gehüllt vor ihm saß.
    Bernikoff war dankbar. Die Ungeheuer, die er aus der wilden See hatte wachsen sehen, hatten ihm das Leben gerettet. Jetzt befand er sich auf einer der englischen Küste v o rgelagerten Plattform, die die britische Armee zur Flugabwehr und Funkspionage nutzte. Die Soldaten dort hatten die Havarie entdeckt und die Besatzung der » Blauen Auster « retten können. Bernikof f nahm einen Schluck vom Talisker und schmeckte den Rauch und den torfigen Boden der Isle of Skye. Er spürte, wie der Malt die Wärme in seinen Körper zurückbrach t e.
    „Danke“, sagte Bernikoff.
    „Sie sind der erste Kriegsgefangene, der uns dankbar ist“, sagte McQueen und setzte sich Bernikoff gegenüber. „Sie sind doc h Deutscher.“
    „Ich hab auch einen indischen Pass“, sagte Bernikoff in akzentfrei e m Englisch. „Ich bin dort geboren.“
    „Indien, soso. Mögen sie etwa diesen Gandhi, der sich jetzt da so dicke
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