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Gefährliche Ideen

Gefährliche Ideen

Titel: Gefährliche Ideen
Autoren: Alf Rehn
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vermögen sie jene Art von Unsicherheit in die Gleichung einzubringen, welche die Grundlage jeglicher Wertschöpfung bildet. Jonas Ridderstråle, einer der weltweit führenden Managementgurus, hat dies folgendermaßen ausgedrückt: »Wer versucht, die Ungewissheiten dieser Welt zu beherrschen, macht sich nur verrückt.« Ich möchte diese Sentenz noch ein gutes Stück weiterführen. Mein Motto?
Wer versucht, die Ungewissheiten
dieser Welt zu beherrschen, begeht einen großen Fehler.
Es ist nicht so, dass wir nicht die geistigen Fähigkeiten besäßen, die Unsicherheiten zu beherrschen, sondern es gibt schlicht und einfach keine Sicherheiten.
    Noch nicht einmal in Sachen Kreativität. Meine Motivation, dieses Buch zu schreiben, entspringt dem Entsetzen, das mich angesichts der Tatsache befiel, dass mein so geliebtes Konzept gezähmt und in sittsame Bahnen gelenkt wurde, wodurch es einen kleinen Tod starb. Ein Blick zurück auf die großen Ketzer des Mittelalters wie Girolamo Savonarola (1452 – 1498) und Fra Dolcino (1250 – 1307) zeigt, dass sie nicht ihr Skeptizismus auszeichnet, sondern ihr Glaube. Anstatt eine vereinfachte und verfälschte Version ihres Glaubens anzunehmen, waren sie bereit, für dessen wahre und radikale Variante zu sterben. Und ich hege ein ähnliches Gefühl für Kreativität, auch wenn ich ein weitaus schwächerer Charakter als diese Männer bin – und daher auch nicht bereit, für meinen Glauben zum Märtyrer zu werden.
    Davon einmal abgesehen bin ich der festen Überzeugung, dass das radikale Potenzial von Kreativität heute missachtet wird, da eine ganze Armee von Beratern und Motivationstrainern sie in eine Abfolge billiger Tricks und Nebelkerzen verwandelt hat. Deshalb ist es mir ein Bedürfnis, meine Stimme zugunsten einer Kreativität zu erheben, die weitaus radikaler ist als nur eine Methode, um »Einfälle zu haben und irgendwie freier zu denken«.
    Kann man seine guten Manieren verlernen?
    Kreativität macht nicht immer Spaß, ist nicht immer nett und ist nichts, was Sie unkritisch akzeptieren und annehmen sollten. Wäre es so, dann wäre sie weit weniger leistungsfähig als in Wirklichkeit– nicht mehr als eine eher harmlose Ablenkung. Dasselbe gilt für das Ketzertum. Es ist normal, auf Ketzer ablehnend zu reagieren, genauso wie es normal ist, ein gewisses Unbehagen angesichts des wahren Gesichts von Kreativität zu empfinden. Echte Kreativität ist nicht harmlos und süß, sondern sie stellt eine Kraft dar, die uns die eigene Begrenztheit und Unvollständigkeit, auch hinsichtlich unseres Denkens, vor Augen führt. Das ist weder schön noch freundlich noch kuschelig, weil wirkliche Veränderungen eben nie so sein kann.
Ich verstehe daher nur zu gut, warum echte Kreativität ein Unbehagen auslösen kann.
    Doch in dieser Furcht liegt eine ernsthafte Bedrohung. Wer Kreativität und Innovatoren als etwas betrachtet, das sich zu einer Art Haustier des Unternehmens zähmen lässt, schwächt nicht nur sein eigenes schöpferisches Potenzial, sondern sabotiert das Wirken der Ketzer im eigenen Umfeld. Eine gute Freundin namens Claudia Suraga, eine innovative CEO, bemerkte während eines Gesprächs über dieses Buch, dass es doch interessant wäre, Innovationsunterricht einmal von solchen Leuten zu erhalten, die bei Diskussionen dieser Art niemals mitreden dürften – den Kriminellen, Verrückten, sexuell anders Orientierten, Geistlichen und so weiter. Obwohl dieses Buch vermutlich nicht ihre hohen Erwartungen erfüllen wird, verstand sie sofort, worum es mir geht. Kein Wunder, ist sie doch der Prototyp eines modernen Ketzers, ein Mensch, der nicht im Traum bereit wäre, alles widerspruchslos zu akzeptieren. In früheren Zeiten hätte man sie sehr wahrscheinlich ins Irrenhaus gesteckt oder auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
    Die Frage an Sie, liebe Leser, lautet: Gehören Menschen wie Claudia auch zu Ihrem Netzwerk? Ich schätze ihre Freundschaft insbesondere aus dem Grunde, dass sie niemals bereit ist, meinen Aussagen blind zu vertrauen oder anzuerkennen, dass ich nicht besser formulieren kann, als ich es in diesem Buch getan habe. Sie ist die Ketzerin der Ketzer, eine Variante jenes Dämons, derjedem Schöpfer auf der Schulter hockt und die Todeswarnung »Denke daran, auch du bist endlich« ausstößt.
Infragestellen ist leicht, es ernsthaft zu betreiben ist schwer.
    Wenn Kreativität davon handelt, unsere herkömmlichen Sichtweisen zu sprengen, folgt daraus nicht, dass sie sich auch
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