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Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung

Titel: Gefaehrliche Freiheit - das Ende der Sicherungsverwahrung
Autoren: Peter Asprion
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alles getan werden, um die Gefährlichkeit des Täters zu verringern. Ihm müssen daher frühzeitig entsprechende Therapien angeboten werden.
    Individualisierungsgebot
: Auch in der Sicherungsverwahrung selbst müssen Therapien angeboten werden. Wenn Standardmaßnahmen nicht wirken, müssen individuell auf den Gefangenen abgestimmte Angebote gemacht werden. Ziel ist es, die Gefährlichkeit des Täters für die Allgemeinheit so zu verringern, dass die Sicherungsverwahrung möglichst bald beendet werden kann.
    Motivierungsgebot
: Oft resignieren Gefangene mit unbestimmter Haftdauer oder sie lehnen Therapien ab, weil sie sich als unschuldig bezeichnen. Auch in diesen Fällen sollen die Sicherungsverwahrten motiviert und ihre „Mitwirkungsbereitschaft“ erreicht werden.
    Trennungsgebot
: Der Vollzug der Verwahrung soll „den allgemeinen Lebensbedingungen angepasst“ werden. Die Sicherungsverwahrung soll sich deutlich von der Strafhaft unterscheiden.
    Minimierungsgebot
: Die Verfassungsrichter fordern, dass Sicherungsverwahrte auch gelegentlich das Gefängnis verlassen können müssten, um sich zur Vorbereitung auf die Entlassung zu erproben.
    Rechtsschutzgebot
: Der Rechtsschutz der Verwahrten soll deutlich verbessert werden. Das bedeutet, dass die Anstalten z. B. verpflichtet werden können, entsprechende Therapieangebote durchzuführen.
    Kontrollgebot
: Die Fortdauer der Sicherungsverwahrung soll deutlicher als bisher gerichtlich überprüft werden müssen.
    Die Bundesministerin der Justiz, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, hat ein Eckpunktepapier vorgelegt und den Ländern zur Diskussion gestellt, welches die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aufgreift.
    Die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts für die Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung sind keineswegs neu. Sie sind weitgehend identisch mit den Regelungen des Strafvollzugsgesetzes von 1977.
    Auch dort heißt es im § 2: „Im Vollzug der Freiheitsstrafe soll der Gefangene fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen.“ Dieses Vollzugsziel entspricht dem
Ultima-Ratio-Prinzip
.
    In den §§ 6 und 7 Strafvollzugsgesetz ist vorgegeben, dass eine Behandlungsuntersuchung erfolgen muss und ein individueller Behandlungsplan erstellt wird. Dies entspricht dem
Individualisierungsgebot.
    § 4 StVollzG bestimmt, dass der Gefangene an der Gestaltung seiner Behandlung und an der Erreichung des Vollzugsziels mitwirkt. Seine Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern. Dies entspricht dem
Motivierungsgebot
.
    § 3 schreibt vor, dass das Leben im Vollzug den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit als möglich angeglichen werden soll und schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs entgegenzuwirken ist. Das BVerfG und das Justizministerium nutzen 2011 eine fast identische Formulierung für das
Trennungsgebot
.
    In den §§ 10 und 11 sind seit 1977 die Möglichkeit der Lockerungsgewährung und der Offene Vollzug vorgesehen. Kriminologen haben die Vorschriften so interpretiert, dass der Offene Vollzug der Regelvollzug sei. Dies entspricht dem
Minimierungsgebot
.
    Die §§ 108 bis 121 des alten Strafvollzugsgesetzes befassen sich ausschließlich mit der Gestaltung des
Rechtsschutzes
der Gefangenen.
    Nach dem geltenden Gesetz mussten die Gerichte schon bisher in festgelegten Zeitabständen die Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung überprüfen, was dem
Kontrollgebot
entspricht.
    Um dies für die Sicherungsverwahrung abzurunden, ist im § 129 ff des alten Strafvollzugsgesetzes festgelegt, dass die Bestimmungen auch für die Sicherungsverwahrten Geltung haben, und im § 134 wird darauf hingewiesen, dass zur Erprobungund Entlassungsvorbereitung Lockerungen gewährt werden sollen.
    In der Bundesrepublik gibt es also seit 34 Jahren ein Strafvollzugsgesetz mit eindeutigen Bestimmungen, die bisher nicht umgesetzt werden. Ansonsten sähe sich das Bundesverfassungsgericht wohl kaum verpflichtet, auf genau diese Punkte so deutlich hinzuweisen.
    Und diese 34 Jahre alten, nun neu formulierten Grundsätze sollen jetzt von den Einrichtungen verwirklicht werden, die diese so lange Zeit nicht umgesetzt haben? Auf die strukturellen Mechanismen und das Beharrungsvermögen der Gefängnisse habe ich hingewiesen. Diese werden auch zukünftig wirken. Nach meiner Einschätzung ist nicht damit zu rechnen, dass die geplanten Neuregelungen zu einer neuen Praxis führen.
    Erste Zeichen der Verhinderung sind schon darin zu erkennen,
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