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Geburtstag in Florenz

Geburtstag in Florenz

Titel: Geburtstag in Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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nicht merken zu lassen! Als ich anfing, Klavier zu spielen – wir wohnten damals noch in London –, da hat sie prompt aufgehört. Ja, hat sie sich denn wirklich eingebildet, ich wüßte nicht, warum? Genausogut hätte sie sagen können, daß ich niemals so gut spielen würde wie sie, und damit basta. Manchmal haßte ich sie so sehr, daß ich sie hätte umbringen können. Aber das war nicht der Grund. Ich habe ihn geliebt, ob Sie’s glauben oder nicht. Er hat mir nie das Gefühl gegeben, dumm zu sein.
    Ja, und eines Tages kam es dann zu diesem Unfall. Wir waren in London. Ich hatte Trimesterferien, und er war wegen irgendeines Journalistenpostens rübergekommen. Das war kein Vorwand, er hatte tatsächlich einen Vorstellungstermin. Und er versprach mir, wenn er den Job bekäme, dann würde er sie verlassen. Sie könne dann in Italien bleiben, und wir würden uns in London eine Wohnung nehmen. Bloß klappte es nicht mit dem Job. Sie hat’s ihm vermasselt. Alle Referenzen, die er vorweisen konnte, hatte sie ihm besorgt. Die Artikel, die er eingesandt hatte, waren lauter Auftragsarbeiten von ihr, die sie auf ihn abgewälzt und ihm dann zur Hälfte geschrieben hatte.
    Er hatte ein schlechtes Gewissen deswegen und ging ohne Selbstvertrauen in das Vorstellungsgespräch. Er hätte die Stelle gekriegt, wenn sie nicht gewesen wäre. Ich hatte draußen auf ihn gewartet, und als er rauskam, war er schweißgebadet. Wir gingen etwas trinken und anschließend zum Essen. Er bestellte einen guten Wein, um sich aufzuheitern. Julian sagte, es geschähe ihr ganz recht, wenn wir ihr Geld ausgeben, da es schließlich ihre Schuld sei, daß es nicht geklappt hatte mit dem Job. Wir waren ein bißchen beschwipst, als wir nach Hause kamen. Julian ließ ein Bad ein, machte die Wanne randvoll und gab eine Menge parfümierten Badeschaum dazu. Und dann kam es zu dem Unfall. Er packte meine Füße, schaukelte mich vor und zurück, und ich kreischte, nur so aus Spaß. Aber auf einmal zog er zu fest, und das Wasser schwappte mir übers Gesicht. Julian merkte es nicht, wegen dem vielen Schaum. Er zog und drückte einfach weiter, und ich kriegte Wasser in die Lunge und kam nicht hoch, weil er mich ja an den Füßen festhielt. Mein Kopf war nicht ganz unter Wasser, aber ich kriegte trotzdem keine Luft. Bloß weil er sich einen Jux machen und mich mit der kalten Dusche erschrecken wollte, ließ er endlich los. Ich wollte mich noch am Wannenrand hochziehen, aber da verlor ich schon das Bewußtsein. Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem Boden, und er versuchte, mich künstlich zu beatmen, aber er wußte nicht richtig, wie man’s macht. Er weinte, solche Angst hatte er. Erst nachdem er wieder abgefahren war, begriff ich, daß er Angst gehabt hatte, ich könnte sterben, und er hätte dann die Leiche am Hals, und meine Mutter hätte dann alles erfahren.
    Gleich nach meiner Ankunft hier rief er mich an und sagte, es müsse Schluß sein zwischen uns. Und er wolle nicht, daß ich Weihnachten nach Hause käme. Er hat ihr alles gebeichtet, damit sie mir verbieten würde herzukommen, und als sie das nicht tat, da ging er hin und verkaufte mein Bett.
    Als ich von ihrem Tod erfuhr, wußte ich gleich, was er getan hatte. Aber ich dachte, er hätte es für mich getan. Ich dachte, er hätte sich endlich entschieden … Doch sie hatte ihn bis zuletzt am Gängelband, ließ ihn nach ihrer Pfeife tanzen und sich von ihm ihren Drink ins Badezimmer nachtragen! Sie zwang ihn zu betteln! Er flehte sie an, ihn nicht zu verlassen, aber sie ließ sich nicht erweichen. Nicht soviel hat sie sich aus ihm gemacht! Und er wollte doch bloß, daß sie ihn anhört. Er hat es nicht für mich getan, er wollte nur, daß sie bei ihm bleibt, und darum hat er gezogen und gezogen und einfach nicht mehr losgelassen! Er sah an ihren Augen, daß sie panische Angst hatte, aber sie gab trotzdem nicht nach, und darum hielt er sie weiter fest. Sie ließ ihr Glas fallen und versuchte, sich an den Wannenrand zu klammern, genau wie ich damals, aber er hielt einfach bloß ihre Füße ein Stück höher. Es war ja so leicht. Als er endlich losließ, rutschte sie ins Wasser zurück, schnitt sich an den Glasscherben, und das Wasser färbte sich rot. Julian kann kein Blut sehen, also ging er ins Schlafzimmer, um was zu trinken. Das mit ihr ist ihm nicht nahegegangen. Er hat sie nicht geliebt, da können Sie sagen, was Sie wollen, Sie kennen ihn nicht. Aber sie beherrscht ihn immer noch, nicht wahr?
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