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Geburtstag in Florenz

Geburtstag in Florenz

Titel: Geburtstag in Florenz
Autoren: Magdalen Nabb
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…«
    »Sie haben doch neulich selbst zu mir gesagt, daß es keine Knüller mehr gibt. Der Fall kommt heute abend in den Nachrichten, ganz egal, was Sie tun.«
    »Ich habe persönliche Gründe …«
    »Ich weiß. Und darum verrate ich Ihnen jetzt etwas, was ich keinem anderen sagen würde: Ich kann nicht tun, was getan werden muß, wenn Sie dabei sind.«
    »Sie führen etwas im Schilde? Verstehe. Bin schon weg.«
    Auf der Treppe drehte er sich noch einmal nach dem Maresciallo um. »Machen Sie ihn fertig! Versprechen Sie mir, daß Sie den Scheißkerl drankriegen.«
    »Verlassen Sie sich drauf.« Der Maresciallo schloß die Tür und sperrte wieder zu. Er und der junge Fara sahen einander an.
    »Wie lange ist er schon bewußtlos?«
    »Seit etwa drei Stunden. Er hat im Il Caffè eine Schlägerei angefangen. Signore Galli hat dazu beigetragen, indem er ihn an seinen Tisch kommen ließ und dafür sorgte, daß er genug intus bekam. Es brauchte allerdings gar nicht viel, bis Forbes aggressiv wurde, und dann hat Signore Galli ihn richtig angeheizt. Er hatte uns nämlich draußen gesehen.«
    »Aber er weiß von nichts?«
    »Nein! Wahrscheinlich dachte er, wir suchten bloß nach einem Vorwand, um Forbes festzunehmen. Entweder das, oder er hatte selber eine Rechnung mit ihm zu begleichen. Jedenfalls war Signore Galli uns eine große Hilfe. Ach, das sollte ich Ihnen auch noch sagen: Als wir Forbes verhaften wollten, da hat er schnell noch eine Weinflasche von einem Tisch geklaut. Ich hab sie ihm abgenommen, als wir ihn in den Wagen setzten, aber bis dahin hatte er es irgendwie geschafft, sie fast leer zu trinken.«
    »In Ordnung.«
    »Die beiden anderen haben nichts mitgekriegt. Es war ja auch nur, weil er noch nicht genug hatte, jedenfalls nicht genug, um ihn so umzuhauen, daß er sich nachher an nichts mehr erinnern kann. Die Flasche hab ich weg …«
    »Was für eine Flasche? Gehen Sie jetzt und kochen Sie einen starken Kaffee … Wo sind denn die Notizen?«
    »Liegen schon auf Ihrem Schreibtisch.«
    »Na, dann wollen wir ihn mal aufwecken.« Der Maresciallo hob die Klappe und spähte zu Forbes hinein, der auf dem Rücken lag, den Bart gegen die Decke der winzigen Zelle gerichtet. Ein großer blauer Eimer, den Fara vorsorglich neben seiner Pritsche plaziert hatte, war der Ursprung des ekelerregenden Gestanks. Forbes schnarchte laut.
    »Wenn wir ihn allein nicht wach kriegen, dann holen Sie einen Arzt. Ich brauche ihn so fit, daß er imstande ist, einen Anwalt anzurufen.«
    Fara las laut vor, anfangs ein wenig stockend, denn die Anwesenheit des Capitanos, des Staatsanwalts und des Verteidigers von Forbes schüchterte ihn doch ziemlich ein. Forbes war in so elender Verfassung, daß er alle Kraft aufbieten mußte, um sich auf dem Stuhl aufrecht zu halten, und man sah ihm an, daß er selbst vor der kleinsten Kopfbewegung zurückschreckte, aus Angst, er müsse sich erneut übergeben. Seine Hände umklammerten so krampfhaft die Stuhlkanten, daß die Knöchel weiß hervortraten. Fara schielte hin und wieder nach dem Maresciallo, wohl weil er sich ein zustimmendes Nicken oder auch einen teilnahmsvollen Blick erhoffte. Aber Guarnaccias Miene war so ausdruckslos, daß man nicht sicher sein konnte, ob er überhaupt zuhörte.
    Er hörte zu, aber auf seine Art. Er verstand jedes Wort, registrierte jeden Punkt des Berichts. Nur daß es nicht Faras Stimme war, die er hörte, sondern die von Jenny. Eine matte Stimme, heiser vom vielen Weinen und bar jeden Gefühls, weil selbst die stürmischsten Gefühle am Ende der Erschöpfung weichen.
    »Es war ein Spiel, das wir uns ausgedacht hatten. Er nannte es das Baby baden. Dabei seifte er mich von oben bis unten ein, sogar in den Ohren und zwischen den Zehen. Und zum Abspülen packte er mich dann an den Füßen, schwenkte mich in der Wanne rauf und runter und machte lauter Wellen, die den Seifenschaum wieder wegschwemmten. Meistens spielten wir das in London, aber manchmal, wenn sie nicht da war, auch hier. Ich glaub nicht, daß er eine Macke hat, ich meine in bezug auf kleine Mädchen. Er fand es einfach schön, mich zu umsorgen, der Stärkere zu sein.
    Und ich hatte nichts dagegen. Ich bin nicht so stark wie meine Mutter. Und ein schlechtes Gewissen hatte ich auch nicht. Warum? Sie hatte doch alles, da brauchte sie nicht auch noch ihn. Ich hätte bis an mein Lebensende studieren können und trotzdem im Vergleich zu ihr nie was erreicht. Und was sie immer alles angestellt hat, bloß, um es mich
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