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Gebieterin der Finsternis

Titel: Gebieterin der Finsternis
Autoren: Joy Nash
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musste es Sander erzählen. Wäre Mac bei ihr, wenn sie es tat?
    Wo war er?
    Sie verdrängte ihr wachsendes Unbehagen, nahm die Fernbedienung und stellte den Fernseher ab. »Zeit fürs Bett.«
    »Och, Mommy! Ich bin noch gar nicht müde!«
    Sie lächelte. »Tja, Pech.«
    Sander rollte mit den Augen, zog sich aber ohne viel Theater seinen Pyjama an. Noch während der Gutenachtgeschichte schlief er ein, den Kopf an Artemis’ Schulter gelehnt. Lange Zeit saß sie einfach da und genoss das Gefühl, seinen kleinen Körper an sich zu spüren. Schließlich legte sie ihn behutsam aufs Kissen, zog die Decke höher und küsste ihn auf die Stirn.
    Vielleicht kam Mac morgen. Hoffen konnte sie allemal, dachte sie, als sie durchs Wohnzimmer in die Küche ging.
    Und schlagartig erstarrte. Ein sehr großer Mann saß an ihrem Tisch. Seine bloßen Beine, die bis zu den Knien von einem karierten Kilt verdeckt waren, hatte er fast bis zur Raummitte ausgestreckt.
    »Kalen! Was machst du hier?« Ungleich ängstlicher fügte sie hinzu: »Wo ist Mac?«
    Der Unsterbliche stand auf und verneigte sich knapp. »Mac ist in Annwyn.«
    »Annwyn? Aber er kann das Sidhe-Reich nicht leiden!«
    »Stimmt, kann er nicht. Es war trotzdem nötig, dass er hingeht.«
    »Nötig?«, wiederholte sie. Warum klang das Wort so unheimlich? »Nötig inwiefern?«
    Kalen zögerte. »Mac wollte nicht, dass du es erfährst. Aber nachdem er weg war, hat Christine mich bedrängt, herzukommen und dir alles zu sagen. Sie findet, dass du ein Recht hast, es zu erfahren. Wir haben uns drei Tage lang deswegen gestritten«, gestand er mit einem reumütigen Lächeln. »Du siehst ja, wer gewonnen hat.«
    Dann war sein Lächeln fort.
    Artemis hielt sich mit einer Hand an der Arbeitsfläche fest. »Mir was sagen?«
    Kalen nickte zum freien Stuhl neben sich. »Setz dich, Artemis. Ich glaube, du willst dir das nicht im Stehen anhören.«
    Benommen sackte sie auf den Stuhl. »Was ist los, Kalen? Was ist mit Mac passiert?«
    Kalen stand auf und schritt in ihrer Küche auf und ab. Als er bei der Tür war, drehte er sich zu ihr um. »Mac ist in der Hoffnung nach Annwyn gegangen, dass die Lebensmagie der keltischen Anderwelt seine Seele genügend heilen kann, um das Unvermeidliche aufzuschieben. Zumindest für einige Zeit. Wie lange, weiß ich nicht. Er ist immerhin nicht menschlich. Es ist also möglich, sogar wahrscheinlich, dass das Ende erst in Jahrhunderten kommt. Aber es kommt unausweichlich.«
    »Das Ende?« Artemis wurde schrecklich kalt. »Welches Ende? Ich verstehe dich nicht.«
    »Der Tod.«
    Die Welt brach weg, als hätte sie ein Fluch getroffen. Artemis hörte auf zu atmen und konnte sich nicht mehr rühren. »Aber … Mac kann nicht sterben. Er ist unsterblich.«
    »Er
war
unsterblich. Ist er nicht mehr.« Kalens dunkle Augen bohrten sich buchstäblich in ihre. »Er hat seine Unsterblichkeit gegen die Seelen in Ptolomaea eingetauscht. Um deines Sohnes und der anderen Unschuldigen willen. Macs Seele ist jetzt sterblich. Wenn seine Lebensessenz aufgebraucht ist, stirbt er.«
    In Artemis’ Kopf brannte sich ein Bild von Macs leblosem, fahlem Körper ein, tot, und Panik überkam sie. All das Leben, all der Humor, die Energie – fort? Sie erschauderte.
    »Nein, das kann nicht wahr sein. Er ist ein
Gott!
Götter können nicht sterben.«
    Kalen schüttelte den Kopf. »Götter können alles tun, was sie wollen. Sogar ihr Leben opfern.«
    Kalens riesige Gestalt wankte hinter Artemis’ Tränenschleier. Götter, sie hatte früher nie geweint! Doch neuerdings schien sie gar nichts anderes mehr zu machen. »Das ist alles meine Schuld.«
    Kalen, der sich völlig fasziniert ihre Kaffeemaschine ansah, erwiderte: »Ich bestreite nicht, dass du eine wesentliche Rolle in allem gespielt hast, was geschehen ist, Artemis. Aber letztlich war es Macs Entscheidung.«
    Das minderte ihre erdrückenden Schuldgefühle nicht. »Muss er jetzt den Rest seines Lebens in Annwyn verbringen?«
    »Vielleicht. Dort lebt er länger.«
    »Aber er hasst Annwyn.«
    Kalen seufzte. »Ich weiß.«

Kapitel 26
     
     
    In der warmen Sommersonne lag ein Hauch Parfumduft in der Luft. Der Juliwind raschelte in den Wildrosen, bevor er über den Spielplatz wehte. Artemis saß auf einer Holzbank, die Hände über ihrem runden Bauch gefaltet, und schaute drei Jungen zu, die eine Leiter zur Rohrrutsche hinaufkletterten. Zwei von ihnen, strohblonde Zwillinge, waren zuerst oben. Der dritte, kleiner und mit dunklem Haar, das
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