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Gebieterin der Finsternis

Titel: Gebieterin der Finsternis
Autoren: Joy Nash
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bückte er sich und hob Leanna in seine Arme.
    »Mac«, sagte Leanna erstickt. »Ich hatte Angst, dass du … für immer weg bist.«
    »So leicht wird man mich nicht los, Schwesterherz.«
    »Ich bin … so froh«, stammelte sie, schloss die Augen und schien ohnmächtig zu werden, so wie ihr Kopf zur Seite kippte.
    »Artemis, lass uns von hier verschwinden.«
    »Natürlich. Weißt du auch, wie?«
    Er nickte zu den wirbelnden Seelen. »Wir folgen ihnen.«
    Sie traten mitten in den leuchtenden Strom hinein. Strahlendes Licht hüllte sie ein, und Artemis konnte gar nicht anders, als sich von ihm mit Leib und Seele aufnehmen zulassen. Als Erstes hatte sie das Gefühl, rasant nach unten zu fallen, wie beim Abwärtssturz einer Achterbahn. Dann folgte eine lange, fließende Aufwärtsbewegung, ein Geräusch wie von einer Explosion und schließlich …
    Stillstand.
    Nichts als wunderbare Erde unter ihr und das Kitzeln von Grashalmen auf ihren nackten Armen. In der Nähe blökten Schafe, was sich wie ein leises Lachen anhörte. Artemis öffnete die Augen und blinzelte in einen leuchtend blauen Himmel mit weißen Wolkentupfern. Eine kühle Brise streichelte ihre Haut.
    Die Sonne, hell und wundervoll, lugte hinter einer Schäfchenwolke hervor und wärmte ihr das Gesicht. Dabei bewegten sich die Sonnenstrahlen durch einen tanzenden, schimmernden Luftwirbel.
    Die Seelen aus Ptolomaea.
    »Sander!« Sie setzte sich auf, schirmte die Augen mit einer Hand ab und suchte in dem lebhaften Strom über ihrem Kopf. Wie ein Fluss, der dem Ozean entgegenstrebte, trennten sich die befreiten Seelen, flossen hier- und dorthin, manche zielgerichtet, andere unsicherer. Viele von ihnen wussten offenbar, wohin sie wollten, und flogen rasch davon, andere trieben etwas langsamer in unterschiedliche Richtungen. Artemis suchte zunehmend verzweifelt nach der einen Seele, die ihrem Sohn gehörte.
    Und dann, endlich, war sie da, kam auf sie zu. »Sander!«
    »Hallo, Mommy!«
    Beim Grinsen sah sie seine neuen Schneidezähne, bevor seine ätherische Form eine Rückwärtsrolle vollführte.
    Sie lachte. Götter, hatte sich je etwas so wunderschön angefühlt wie dieser Moment? »Komm näher.«
    »Nein, Mommy, kann ich nicht.«
Er blickte hinter sich.
»Ich muss gehen. Ich fühle den Ruf.«
    »Was?«
    »Mein Körper. Er braucht mich. Ich muss weg.«
Seine großen Augen fanden ihre, während er schon höher und höher wegtrieb.
»Du bist doch bei mir, wenn ich aufwache, nicht, Mommy?«
    »Ja. Ich versuche es.«
    Wieder grinste er ihr zu. Ihr quoll das Herz über, als sie ihm nachsah, wie er davonflog. Erst jetzt bemerkte sie eine Hand auf ihrem Arm. Als sie sich umdrehte, saß Mac neben ihr.
    Er sah furchtbar aus. Seine helle Haut wies graue Flecken auf, und dunkle Ringe lagen unter seinen Augen. Leanna in seinen Armen wirkte noch elender. Um die Brandwunden an ihren Beinen war die Haut geschwärzt, und ihr Gesicht war leichenblass. Atmete sie überhaupt noch? Artemis konnte es nicht genau sagen. »Ist sie noch … am Leben?«
    »Ja, aber nur gerade noch.« Mac blickte sich um. »Gut. Wir sind in der Nähe des Grabmals mit dem Elfenkarren. Es ist gleich hinter dem Hügel da. Ich muss sie zu jemandem bringen, der ihr helfen kann.«
    Als er aufstand, drohten seine Beine unter Leannas Gewicht nachzugeben. Er war schwach, so schwach, wie Artemis ihn noch niemals gesehen hatte.
    Ein Angstschauder jagte ihr über den Rücken. »Mac.«
    Er blickte sich nicht zu ihr um. »Ja, Süße?«
    »Was ist in Luzifers Höhle passiert? Du hast gesagt, dass du nicht gekämpft hast. Hast du einen Handel gemacht?«
    Angestrengt stakste er los. »Ja.«
    Sie holte ihn ein. »Welchen?«
    Sein Atem ging schwer, als sie den Hügel hinaufstiegen. »Falls es dir nichts ausmacht, Artemis, würde ich das lieber nicht unbedingt jetzt besprechen. Vielleicht später, wenn ich Leanna erst heil in Kalens Burg habe.«
    »Wollen wir dahin?«
    »Ja. Trotz der Vorgeschichte zwischen Kalen und meiner Schwester hoffe ich, dass er ihr Zuflucht bietet. Und Christine …« Er zog eine Grimasse. »Na, beten wir mal, dass sie nicht nachtragend ist.«
    »Ich verstehe kein Wort.«
    »Leanna war Kalens Geliebte, bevor er ihr wegen Christine den Laufpass gab. Das hat Leanna nicht besonders gut aufgenommen. Sie wollte ihre Konkurrenz auslöschen. Dauerhaft.«
    »Oh.« Artemis überlegte. »In dem Fall sollten wir deine Schwester wohl lieber woanders hinbringen.«
    Mac blieb vorm Eingang zum Elfenkarren stehen.
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