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Garten des Lebens

Garten des Lebens

Titel: Garten des Lebens
Autoren: D Macomber
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Seattle zu ziehen, aber Vivian weigerte sich standhaft. Sie wollte Colville, die kleine Ortschaft nahe Spokane, nicht verlassen. In dieser Stadt war sie geboren und aufgewachsen. Außerdem lebten noch all ihre Freunde in der kleinen Stadt.
    “Ist heute Abend etwas passiert?”, hakte Susannah nach.
    “Ich fürchte, es wird Sie ein wenig schockieren, aber Ihre Mutter wollte, dass ich ihr helfe, George zu finden.”
    “Wie bitte?” Susannah starrte Joe an. “Sie glaubt, mein Vater sei am Leben?”
    “Sie behauptet, ihn gesehen zu haben.”
    “O nein”, stieß Susannah hervor.
    “Sie lief die Straße entlang und wirkte ziemlich verwirrt. Ich habe mir Sorgen gemacht und bin ihr nachgelaufen. Plötzlich fing sie an, diesen Unsinn über George zu erzählen – er habe sie nach Hause gebracht und sei dann wieder verschwunden. Wann haben Sie sie das letzte Mal gesehen?”
    “Im März.” Susannah wusste, dass sie viel öfter nach Colville fahren müsste, aber sie hatte es in den vergangenen Monaten einfach nicht geschafft. Zwischen Brians Sport, beruflichen Verpflichtungen, wie zum Beispiel einem Lehrworkshop, und ihrem sozialen Engagement war kein einziges freies Wochenende mehr übrig geblieben. Susannah fühlte sich schuldig. “Ich wollte an diesem Wochenende nach Colville kommen. Die Sommerferien haben begonnen, und ich will eine paar Wochen mit Mom verbringen.”
    “Das ist gut”, sagte Mrs. Henderson. “Sie ist ja auch so dünn geworden, wissen Sie?”
    Schon im März hatte ihre Mutter nur noch knapp fünfzig Kilo gewogen.
    “Ich glaube, sie kocht nicht mehr”, fuhr die Nachbarin fort.
    Bei ihrem letzten Besuch hatte Vivian sie jeden Abend gebeten, das Essen zu machen. Susannah machte das nichts aus, sie übernahm diese Aufgabe gern, denn die Regale waren voll von Lebensmitteln. Dabei hatte Susannah auch einige Delikatessen gefunden, die ihre Mutter früher nie gekauft hatte. Wie zum Beispiel ausgefallene Senfsorten. Oder ein Pesto aus sonnengetrockneten Tomaten.
    “Was nimmt sie denn zu sich?”
    “Nicht viel, soweit ich das beurteilen kann. Ich habe sie schon oft zum Essen eingeladen, aber sie lehnt jedes Mal ab. Ich bin allerdings nicht die Einzige, der sie des Öfteren einen Korb gibt. Sie scheint sich in ihrem Haus einzuigeln und kommt kaum noch raus – außer, um im Garten zu arbeiten.”
    “Aber … warum?” Ihre Mutter war früher immer gesellig gewesen, hatte die Anwesenheit anderer genossen und gerne Partys für George und ihre Freunde gegeben.
    “Das müssen Sie sie selbst fragen.”
    “Am Telefon klingt sie eigentlich immer so, als würde sie noch alles mitbekommen”, sagte Susannah. Es sah ihrer Mutter gar nicht ähnlich, zu lügen.
    “O ja, wir unterhalten uns natürlich auch, wenn wir uns im Garten treffen, aber ich schwöre …”, Mrs. Henderson stockte, “manchmal bin ich mir nicht sicher, ob Ihre Mutter überhaupt weiß, wer ich bin.”
    “Oje”, stieß Susannah hervor. Ihre schlimmsten Befürchtungen schienen sich zu bewahrheiten. Ihre Mutter verlor ihr Gedächtnis, und es schien mehr dahinterzustecken als nur das Alter.
    “Und noch etwas”, sagte Mrs. Henderson zögerlich.
    “Ja?”, entgegnete Susannah.
    “Neulich ging ich zu ihr, um nach ihr zu sehen. Ich fand sie – sie saß im Dunkeln. Es stellte sich heraus, dass sie vergessen hatte, die Stromrechnung zu bezahlen. Sie schämte sich deswegen, und ich bin mir sicher, dass sie nicht wollte, dass Sie etwas davon erfahren, aber ich denke, Sie sollten es wissen.”
    Susannah stöhnte innerlich. Genau das waren die Dinge, die ihr Sorgen bereiteten: unbezahlte Rechnungen, ein angelassener Herd, Mahlzeiten und Termine, die einfach vergessen wurden.
    “Machen Sie sich keine Gedanken”, beeilte sich Mrs. Henderson hinzuzufügen. “Ich habe ihr geholfen, die Angelegenheit aus der Welt zu schaffen, und nun hat sie wieder Strom. Wie gesagt, sie hat mir erzählt, dass Sie bald zu Besuch kommen, und ich hatte mir vorgenommen, Sie dann auf diese Dinge anzusprechen. Aber diese Geschichte mit George – das hat mich wirklich beunruhigt …”
    Es beunruhigte auch Susannah. Sie wünschte, Mrs. Henderson hätte sie schon früher benachrichtigt.
    “Als ich im Frühling bei ihr war, habe ich versucht, Mom davon zu überzeugen, in ein Heim für betreutes Wohnen zu ziehen.”
    “Ja, sie hat mir davon erzählt. Es hat sie furchtbar aufgeregt, weil sie glaubte, Sie wollten sie aus ihrem eigenen Haus vertreiben.”
    “Das hat sie
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