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Garten des Lebens

Garten des Lebens

Titel: Garten des Lebens
Autoren: D Macomber
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systematisch und diszipliniert. Chrissie dagegen war sorglos und abenteuerlustig. Sie lebte den Moment. Unangenehme Dinge, lästige Pflichten schob sie gerne vor sich her. Ihre Seminararbeiten schrieb Chrissie meistens in der Nacht vor dem letzten Abgabetermin. Andere Menschen verstanden das oft nicht, aber sie arbeitete nun einmal am besten unter Druck – was nicht hieß, dass sie vorher untätig war. Sie dachte wochenlang über das Thema nach und erarbeitete Informationen. Sie konnte gar nicht früher mit dem Schreiben beginnen.
    Jason wartete nie bis zur letzten Minute, und ihre Art trieb ihn manchmal zur Verzweiflung. Trotzdem waren die beiden noch immer verrückt nacheinander. Manchmal versuchte er, sie zu ändern – und umgekehrt. Aber wenigstens nörgelte er nicht dauernd an ihrer Arbeitseinstellung herum, so wie ihre Eltern es taten. Chrissies Noten hatten sich im Vergleich zur Highschool nicht verschlechtert. Okay, sie war nicht herausragend, aber sie hatte auch nie eine schlechtere Zensur als eine Drei. Eigentlich ging sie nur zum College, weil alle ihre Freunde auch dort waren. Jeder erwartete von ihr, dass sie ihre Ausbildung weiterführte, und sie hatte keine Ahnung, was sie sonst hätte tun sollen.
    Aber das soziale Leben war ihr wichtiger als die akademische Ausbildung – Chrissie genoss es, auf Partys zu gehen und mit Jungs zu flirten – bis sie Jason traf.
    Mit seinen muskulösen Schultern hätte Jason ein Footballspieler sein können, doch Sport interessierte ihn nicht. Er zog sich für den Unterricht an, als würde er ins Büro gehen. Im Winter trug er Pullover und lange Hosen, im Sommer kurzärmelige Hemden und Dockers. Seine Haare waren kurz geschnitten, mit freien Ohren. Im Grunde genommen war er der Traum jeder Schwiegermutter. Und er war auch Chrissies Traum, obwohl sie nie gedacht hätte, sich in einen Typen wie ihn verlieben zu können.
    Als sie ihn zum ersten Mal traf, hatte sie versucht, die Schale, die sie um ihn herum vermutete, zu knacken und den
bad boy
in ihm ans Tageslicht zu befördern. Sie war überzeugt davon, dass sich hinter dem anständigen Jungen ein wilder und leidenschaftlicher Mann versteckte, der nur darauf wartete, losgelassen zu werden, und sie wollte diejenige sein, die ihn befreite. Jason protestierte nicht. Doch sie hatte nur mäßigen Erfolg gehabt. Obschon sie unterschiedlich waren, kamen sie gut miteinander aus. Er schätzte ihre Spontaneität und Fröhlichkeit. Und auch wenn sie über alles – von Politik bis hin zu Filmen – streiten konnten, machte es beiden eine Menge Spaß, sich hinterher wieder zu versöhnen.
    Natürlich waren ihre Eltern begeistert von Jason – alle Eltern wären das. Er entsprach nahezu perfekt dem Bild des vollkommenen Schwiegersohns. Sie und Jason hatten bisher noch nicht über Heirat gesprochen, aber es würde sie nicht überraschen, wenn er ihr zu Weihnachten einen Antrag machen würde.
    Jason kam in ihr Zimmer, hievte den schweren Koffer hoch und schleppte ihn die Treppe hinunter – einen Lift gab es in dem Wohnheim nicht. Chrissie schulterte Rucksack und Tasche und ging hinter ihm her.
    Unten am Auto warf Chrissie ihrem Freund einen kummervollen Blick zu. “Ich wünschte, ich müsste nicht fahren.”
    “Ist schon okay”, erwiderte er, ohne sie anzusehen.
    Vielleicht blickte er sie nur deshalb nicht an, weil er zu sehr damit beschäftigt war, das Gepäck in seinen Kofferraum zu manövrieren. Trotzdem traf sie seine achtlose Bemerkung. “Ist es das?” Sie konnte es kaum glauben.
    “Ich werde dich schrecklich vermissen, aber bevor wir uns versehen, bist du schon wieder da.”
    Diese gleichmütige Einstellung, diese Ungerührtheit, erschreckte sie. Sie wollte, dass er sich so traurig fühlte wie sie – aber offensichtlich tat er das nicht. Chrissie musterte Jason nachdenklich. Vielleicht legte sie zu viel Gewicht auf seine Äußerung. Sie wollte nicht wie eine weinerliche Zehnjährige klingen, doch seine Reaktion kränkte sie.
    Sie entschied sich, gelassen zu reagieren. “Du hast natürlich recht. Ach übrigens, ich komme dich über den vierten Juli sowieso besuchen.”
    “Kannst du das denn?”
    “Sicher, warum nicht?”, fragte sie.
    “Wolltest du nicht Geld sparen fürs nächste Semester?”
    Sie zuckte mit den Schultern. Finanzielle Fragen waren ihr ziemlich egal. Sie hatte sich vorgestellt, er würde begeistert auf ihren Vorschlag eingehen. Doch offensichtlich lag sie wieder falsch. Im nächsten Augenblick packte
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