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Ganz, nah!

Titel: Ganz, nah!
Autoren: Judith McNaught
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eines Sees oder eines Flusses, wo auch immer man mich gefunden hat. Aber warten Sie - ich kann Ihnen den Plan rasch aufzeichnen«, fügte sie hinzu und griff nach Detective Shraders Notizbuch.
    Vor Schwäche und Anstrengung zitterte Leighs Hand, als sie den ersten Plan und dann noch einen weiteren zeichnete. »Ich glaube, der zweite stimmt«, sagte sie. »Logan hat Anmerkungen auf seiner Karte gemacht«, fügte sie hinzu, blätterte um und versuchte, sie für die Detectives ebenfalls aufzuschreiben.
    »Was für Anmerkungen? «
    »Auffällige Punkte bei den Abzweigungen, an denen ich mich orientieren konnte. «
    Als sie fertig war, reichte Leigh Shrader das Notizbuch und sagte zu Littleton: »Bei den Entfernungen habe ich mich vielleicht ein bisschen vertan, weil ich mich nicht mehr erinnere, was genau auf der Karte meines Mannes angegeben war. Wissen Sie, es hat ja so heftig geschneit«, fuhr Leigh mit  tränenerstickter Stimme fort, »und ich... ich habe keinen auffälligen Punkt erkennen können. «
    »Wir finden sie schon, Miss Kendall«, erwiderte Shrader automatisch. Er klappte sein Notizbuch zu und steckte es in die Jacketttasche.
    Leigh wandte ihr Gesicht ab, damit die beiden Polizisten nicht sahen, dass ihr die Tränen übers Gesicht strömten. »Detective Shrader, ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mich Mrs. Manning nennen würden. Kendall ist mein Bühnenname. «
    Weder Shrader noch Littleton sagten etwas, bis sie im Aufzug standen und die Türen sich geschlossen hatten. »Ich wette, Manning ist in den Blizzard rausgerannt, um sie zu suchen«, erklärte Shrader. »Er ist bestimmt schon Eis am Stiel. «
    Persönlich hielt Samantha Littleton weniger düstere Erklärungen für Logan Mannings Abwesenheit für wahrscheinlicher, aber sie hatte keine Lust, ihrem Kollegen zu widersprechen. Shrader hatte schon seit zwei Tagen schlechte Laune, seit Holland ihn von den Mordfällen, an denen er arbeitete, abgezogen und mit Sam in die Berge geschickt hatte. Und sie konnte es ihm nicht verdenken, dass er wütend und beleidigt war, weil er sich zu einem »Babysitter für Stars«, wie er es nannte, degradiert fühlte. Shrader war ein hingebungsvoller, zäher, überarbeiteter Detective mit einer überdurchschnittlichen Aufklärungsquote. Sie dagegen war neu in der Mordkommission. Sie war erst vor zwei Wochen in den Achtzehnten Bezirk versetzt worden und Shrader nur so lange zugeordnet, bis sein regulärer Partner, der krank geschrieben war, wieder gesund war. Sam verstand Shraders Frustration wegen der Fälle, die sich im Achtzehnten stapelten, und teilte sie sogar, aber sie hielt sich einiges darauf zugute, dass sie mit Frustration umgehen konnte, ohne sie an anderen auszulassen. Diese maskuline Zurschaustellung von Reizbarkeit und Zorn, die ihr Shrader seit zwei Tagen zumutete, fand sie höchstens amüsant und unreif. Und manchmal regte sie sich auch ein wenig darüber auf.
    Sie hatte sich für eine berufliche Laufbahn in einem Bereich entschieden, der von Machos beherrscht wurde, die teilweise immer noch nicht damit zurechtkamen, dass Frauen in ihre Domäne eingedrungen waren. Sam jedoch verspürte nicht wie andere Frauen bei der Polizei den Drang, von ihren männlichen Kollegen akzeptiert werden zu wollen, und sie hatte auch nicht das Verlangen, mit ihnen zu konkurrieren. Sie wusste genau, was sie konnte.
    Sie war mit sechs älteren Brüdern aufgewachsen und hatte schon als Zehnjährige festgestellt, dass es wenig Sinn mach te, sich auf die gleiche Art zu wehren, wenn einer von ihnen sie schubste. Es war weitaus einfacher und befriedigender gewesen, ihnen auszuweichen und ihre eigenen Sachen zu machen.
    Als Erwachsene hatte sie diese Taktik verinnerlicht, was ihr leicht fiel, weil die meisten Männer von ihrem hübschen Gesicht und ihrer sanften Stimme so entwaffnet waren, dass sie sie völlig unterschätzten. Das störte Sam jedoch nicht im Mindesten, sondern amüsierte sie eher.
    Trotz dieser Verhaltensmuster mochte und respektierte sie die meisten Männer. Sie verstand sie auch, und deshalb ließen ihre Fehler, Schwächen und Spielchen sie kalt. Sie ließ sich durch nichts erschüttern. Schließlich war sie mit sechs Brüdern aufgewachsen und hatte schon alles gehört und gesehen.
    »Verdammt! «, fluchte Shrader auf einmal und schlug gegen die Wand des Aufzugs.
    Sam knöpfte seelenruhig ihre Jacke zu. Sie dachte nicht  daran, ihn zu fragen, was los war. Er war ein Mann, der fluchte und auf unbelebte Objekte
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