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Ganz, nah!

Titel: Ganz, nah!
Autoren: Judith McNaught
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hätte am liebsten Vorhänge gehabt, bis der letzte Theatergast verschwunden war. »Ach was«, erwiderte Leigh grinsend. »Wir haben uns jetzt oft genug verbeugt. «
    Er zog sie an der Hand, ein glückliches, fünfunddreißig jähriges Kind - brillant, unsicher, sensibel, egoistisch, loyal, temperamentvoll, lieb. »Komm schon, Leigh«, schmeichelte er. »Nur noch eine kleine Verbeugung. Wir haben es verdient. « Das Publikum begann zu skandieren: »Autor! Autor! «, und sein Grinsen wurde noch breiter. »Sie wollen mich wirklich noch einmal sehen. «
    Er war völlig aus dem Häuschen von seinem Erfolg, konstatierte Leigh mit einer Mischung aus mütterlichen Verständnis und Entzücken. Jason Solomon bezauberte sie manchmal mit seinem Intellekt, verletzte sie mit unsensiblen Bemerkungen und wärmte ihr das Herz mit seiner Freundlichkeit. Wer ihn nicht kannte, hielt ihn für einen bezaubernden Exzentriker, aber seine Freunde wussten, dass seine Brillanz manchmal auch recht irritierend sein konnte. Leigh die Jason kannte und liebte, gestand ihm beides zu.
    »Hör dir diesen Applaus an«, sagte er und zog wieder an ihrer Hand. »Lass uns nach draußen gehen. «
    Leigh, die ihm nicht widerstehen konnte, wenn er in dieser Stimmung war, zögerte, aber dann trat sie einen Schritt zurück. »Geh du«, erwiderte sie. »Ich bleibe hier. «
    Jason ließ jedoch ihre Hand nicht los und zerrte sie ml sich. Sie war aus dem Gleichgewicht geraten, als sie aus den Kulissen herausstolperte, und ihr erstauntes Widerstreben war ihr anzusehen. Und gerade diese ungeplante Verwirrung fand das Publikum wundervoll. Sie machte die beiden größten Namen am Broadway liebenswert menschlich, und der donnernde Applaus mischte sich mit Gelächter.
    Jason hätte sich bestimmt gerne auch noch einmal mit ihr verbeugt, aber sie entzog ihm ihre Hand und wandte sich lachend ab. »Vergiss nicht die alte Redensart«, ermahnte sie ihn über die Schulter. »Man sollte gehen, wenn es am schönsten ist. «
    »Das ist ein Klischee«, gab er empört zurück.
    »Aber wahr ist es deswegen trotzdem. «
    Er zögerte einen Moment lang, dann folgte er ihr hinter die Bühne, den Flur entlang, auf dem sich Schauspieler und Theatermitarbeiter drängten und einander gratulierten. Jason und Leigh blieben ebenfalls stehen, um die anderen zu umarmen.
    »Ich habe dir ja gesagt, dass der Achtundzwanzigste schon immer mein Glückstag war. «
    »Da hattest du Recht«, stimmte Leigh zu. Jason bestand darauf, die Premiere für seine Stücke immer auf einen Achtundzwanzigsten zu legen, auch wenn es in diesem Fall ein Samstag gewesen war und es am Broadway eigentlich keine Premieren gab.
    »Mir ist nach Champagner«, verkündete Jason, als sie sich endlich zu Leighs Garderobe durchgekämpft hatten.
    »Mir auch. Aber ich muss mich umziehen und diese Schminke loswerden. Wir geben doch eine Party, und ich möchte gerne vor Mitternacht da sein. «
    Lin Theaterkritiker gratulierte gerade dem Regisseur des Stücks. Jason beobachtete die beiden einen Moment lang. »Es fällt doch niemandem auf, wenn du zu spät kommst. «
    »Jason«, erinnerte Leigh ihn mit amüsierter Geduld, »ich bin der Ehrengast, und ich sollte wenigstens versuchen zu erscheinen, bevor die Party vorbei ist. «
    »Ja, vermutlich«, gab er zu und riss sich von dem Theaterkritiker los. Er folgte ihr in die Garderobe, die vor Blumen überquoll. Die Garderobiere wartete bereits auf Leigh, um ihr aus dem billigen Baumwollrock und der Bluse zu helfen, die sie im letzten Akt getragen hatte.
    »Von wem sind die denn? «, fragte Jason und trat zu einem gigantischen Korb voller großer, weißer Orchideen. »Die müssen ja ein Vermögen gekostet haben. «
    Leigh betrachtete den riesigen Strauß. »Ich weiß nicht. « »Da hängt eine Karte«, bemerkte Jason und griff bereits nach dem Umschlag. »Soll ich sie lesen? «
    »Könnte ich es verhindern? «, witzelte Leigh. Jasons Neugier war legendär. Rasch zog sie hinter einem Paravent ihre Kleider aus und schlüpfte in einen Morgenmantel. Dann setzte sie sich an den Schminktisch vor den großen, hell erleuchteten Spiegel.
    Jason schwenkte den geöffneten Umschlag und grinste sie an. »Offensichtlich hast du einen ernsthaften Verehrer mit viel Kohle. Na los, spuck’s aus, Liebling, wer ist es? Du weißt doch, dass du mir deine schmutzigsten Geheimnisse anvertrauen kannst. «
    Leigh musste lachen. »Du hast noch nie ein Geheimnis für dich behalten können, schon gar nicht ein
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