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Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition)
Autoren: Gunter Tschauder
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Salon loderte Tag und Nacht ein Feuer. Auch in der Küche brannte in einem mannshohen Kamin das Feuer, um die Speisen zu bereiten. In beiden Kaminen dürfe die Glut nicht erlöschen, hatte der Burgherr angeordnet. Aus dem Mauerwerk zog die Feuchtigkeit in alle Kammern, nur dort, wo die Kamine brannten, blieb es ein wenig trocken. Husten und Schwindsucht waren die Folgen einer durchdringenden nasskalten Luft, die die verkrampften Körper krumm werden ließ und ihnen oft genug das Leben raubte.
    Die Geburt hatte der jungen Mutter den Lebenssaft ausgesaugt. Ein nasser Husten befiel sie, und das Atmen wurde schwerer, als lasteten Mühlsteine auf ihren Lungen. Die Kräfte ihres Körpers verließen sie, so wie die Körner aus einer Sanduhr langsam und konstant sickern. Sie ahnte, wann das letzte dieser Körner aus dem Glase fallen würde. Manchmal saß die Burghe r rin mit ihrem kleinen Säugling, eingewickelt in weiche, linnene Tücher, an dem Kamin. Wi e gend hielt sie das Kind im Arm und machte sich Gedanken über kommende Jahre und das Werden ihrer kleinen Tochter. Immer schwächer wurde sie, und die feuchte Jahreszeit schenkte ihr nicht die Wärme zur Erholung.
    Als die Gräfin spürte, dass ihre Zeit gekommen war, und dass ihre Kräfte ihren Körper bald ganz aufgeben würden, ließ sie sich ihre kleine Tochter bringen und befahl der Amme, den S a lon zu verlassen. In dem Feuer knisterten die Holzscheite aus Buche und Pinie. Die harzigen Stücke barsten in kleine Teile auseinander. Glühende Holzreste fielen auf den Boden vor dem Kamin. Stark durchglühte Holzscheite stürzten in sich zusammen, loderten noch einmal auf, glühten noch etwas und erloschen. Die knisternde Glut des Kaminfeuers schenkte den Beiden Vertrautheit und Geborgenheit. Ruhig und gelassen lag das neue Menschenkind in den Armen seiner Mutter. An den Wänden des Salons spendeten auf Steinsimsen kleine Öllämpchen z u sätzliches Licht. Die zuckenden Flammen warfen bewegte Schatten auf die Wände und auf den steinernen Fußboden. Die junge Mutter verfolgte das unruhige Spiel der tanzenden Dämonen und wünschte ihrer kleinen Tochter eine ruhige Zukunft.
    "Ich werde dich nicht beschützen können", sagte sie mit tränenerstickter Stimme. "Ich werde nicht mehr lange auf dieser Welt bleiben. Ich ahne den Tod. Meine Brust wird schwer, mein Herz wird schwach. Bald werde ich von dir gehen, muss dich zurücklassen. Ich werde dir keine Hilfe geben können. Du musst sehen, wie du alleine zu Recht kommst. Dein Vater ist sehr eh r geizig. Er wollte einen Sohn. Er ist auch mit dir zufrieden. Mach ihm keine Vorwürfe, wenn ihn die wichtigen Angelegenheiten des Staates zu sehr von dir fernhalten.“
    Die Mutter schaute ihrer vier Wochen alten Tochter in das zarte Gesicht. Mit wachen Augen blickte der Säugling auf seine Mutter. Seine Augen waren ernst und unbeweglich. Sie schauten und schauten unentwegt in das Gesicht seiner Mutter.
    Alessandra dachte nach.
    "Ist es dein erwachendes Interesse an den Dingen der Welt? Blickst du gerade dorthin, woher du gekommen bist? Findest du die Grausamkeit der Welt in diesem Augenblick bestätigt? Suchst du in meinen Augen den Sinn der Welt. Siehst du die Zeichen in meinen Augen, dass ich bald scheiden muss , mein Kind?"
    Noch niemals zuvor hatte Alessandra einen derartig überirdischen Blick auf sich gespürt, wie aus den Augen ihrer Tochter. Der Mund der kleinen Caterina formte ein zaghaftes Lächeln und die Augen sprühten vor Glück, als wollten sie sagen: ‘Mach dir keine Sorgen, ich werde mein Leben leben.' Umso mehr schmerzte es die Mutter, dieses glückliche Kindergesicht nicht lange begleiten zu dürfen. Zwischen ihr und ihrer kleinen Tochter entdeckte sie eine tief verwurzelte geistige Verwandtschaft. Das Gefühl der Zusammengehörigkeit entsprang aus tieferen Quellen als nur aus den Geburtswehen. Eine Ahnung der geistigen Verbundenheit, die über dieses L e ben fortdauern würde, erfüllte ihr Herz. Sie betrachtete das Neugeborene als einen ebenbürt i gen Menschen, dem sie sich sehr ähnlich fühlte.
    "Die üblen Wirren des Lebens werden die Liebe überrollen. Diese Welt ist oberflächlich. Ich habe dich hier hineingeboren, und ich weiß gar nicht, ob wir, dein Vater und ich, das veran t worten können. Bliebe ich auf Erden, würde ich mich um dein Wohlergehen kümmern. Bald werde ich es aus dem anderen Leben tun müssen. Ich hoffe, ich werde es können. Caterina verzeih uns, dass wir dich gezeugt haben.“
    Das
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