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Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)

Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)

Titel: Homeland: Carries Jagd: Thriller (German Edition)
Autoren: Andrew Kaplan
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KAPITEL 1

    Achrafieh, Beirut
    Nightingale hatte sich verspätet.
    Carrie Mathison saß in der viertletzten Reihe des dunklen Kinosaals und überlegte, ob es besser wäre, das Ganze abzublasen. Es sollte nur ein erster Kontakt sein. »Passing Ships« nannte Saul Berenson, ihr Chef und seit ihrer Zeit auf der »Farm«, dem Ausbildungszentrum der CIA in Virginia, ihr Mentor, solche Treffen. In diesem Fall ging es um eine flüchtige Begegnung mit einem gewissen Taha al-Douni – Codename »Nightingale« –, damit sie ihn und er sie kannte. Sie würde ihm Zeit und Ort des nächsten Treffens zuflüstern und wieder gehen. Strikt nach Lehrbuch.
    Wenn sich die Kontaktperson verspätete, war es üblich, fünfzehn bis zwanzig Minuten zu warten und dann den Versuch abzubrechen. Eine zweite Chance gab es nur, wenn der oder die Betreffende einen verdammt guten Grund vorbringen konnte, warum das erste Treffen geplatzt war. Nicht akzeptiert wurden die üblichen Ausreden wie zum Beispiel ein Miss verständnis hinsichtlich der verabredeten Uhrzeit oder der re gelmäßige Verkehrsstau am Freitagabend auf dem Boulevard Fouad Chehab während der Cinq à sept, der Zeit zwischen fünf und sieben Uhr abends, wenn sich die Geschäftsleute in diskreten kleinen Apartments im Hamra-Viertel mit der Geliebten trafen.
    Das Dumme war nur, dass ihr viel an dem Kontakt lag. Dima, ein hübsches Mädchen, das der prowestlichen, aus Sunniten und maronitischen Christen bestehenden Allianz des 14. März angehörte und zu ihren Informanten zählte, hatte sie auf al-Douni hingewiesen, der aus zwei Gründen für die CIA inter essant schien. Erstens war er angeblich Offizier beim berüchtigten syrischen Geheimdienst und verfügte laut Dima über einen direkten Draht zum Assad-Regime in Damaskus – und zweitens brauchte er Bares. Eine attraktive ägyptische Freundin mit teuren Vorlieben zog ihm das Geld offenbar aus der Tasche.
    Carrie sah erneut auf ihre Uhr. Neunundzwanzig Minuten. Wo zum Teufel steckte der Mann nur? Sie sah sich im Kinosaal um, der zu mehr als drei Vierteln besetzt war. Seit der Film be gonnen hatte, war niemand mehr hereingekommen. Auf der Lein wand saßen Harry Potter, Ron und Hermine in »Mad-Eye« Moodys Klasse und beobachteten, wie ihr Lehrer eine große Spinne mit einem »Imperius«-Fluch Zirkuskunststücke vollführen ließ.
    Ihre Nerven waren gespannt wie die Saiten einer Geige, obwohl das nichts heißen musste. Nicht immer konnte sie sich auf ihr Gefühl verlassen; manchmal dachte sie im Geheimen, ihr Nervensystem müsse von den gleichen Idioten installiert worden sein wie das Stromnetz von Washington, D. C. »Bipo lare Störung« nannten es die Ärzte. Eine psychische Fehl funktion, die durch den Wechsel von manischen und depres siven Phasen gekennzeichnet sei, wie ihr vor Jahren ein Psychiater am Student Health Center in Princeton erklärte, den sie konsultiert hatte. Ihre Schwester Maggie drückte es anschaulicher aus und sprach von Stimmungsschwankungen, die zwischen »Ich bin das klügste, hübscheste, fantastischste Mädchen im Universum« und »Ich will sterben« hin und her pendelten. Wie auch immer: Trotz ihrer Neigung zu nervlichen Turbulenzen fühlte sich irgendwas an diesem Kontaktversuch hier nicht richtig an.
    Sie konnte nicht länger warten. Auf der Leinwand kreischte Hermine, Moody solle aufhören, die Spinne mit dem »Cruciatus«-Fluch zu foltern. Der ideale Zeitpunkt, um zu verschwinden: eine Menge Lärm und Spezialeffekte. Niemand würde sie beachten, dachte sie, als sie aufstand und den Kinosaal verließ.
    Draußen auf der Straße wurde ihr sofort wieder bewusst, wie sehr sie sich mit ihrem Äußeren von der Menge abhob – für eine Frau aus dem Westen ein vertrautes Gefühl im Nahen Osten. Selbst eine lange, mantelartige Abaya samt Kopftuch würde da nichts nützen – mit ihrer schlanken Figur, ihrem langen blonden Haar und ihrem typisch amerikanischen Gesicht könnte sie kaum jemanden täuschen, zumindest nicht aus der Nähe. Außerdem war in den nördlichen Vierteln Beiruts die Kleidung ausgesprochen vielschichtig – hier trugen die Frauen alles, vom Kopf und Körper verhüllenden Hidschab bis zu hautengen Designerjeans. Und manchmal beides zusammen.
    Es war inzwischen dunkel geworden. Die Lichter der zahllosen Autos und die beleuchteten Fenster der hohen Büro- und Wohnhäuser in der Avenue Michel Bustros erzeugten ein Mosaik aus Licht und Schatten. Carrie blickte sich vorsichtig um, ob sie beobachtet
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