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Galileis Freundin (German Edition)

Galileis Freundin (German Edition)

Titel: Galileis Freundin (German Edition)
Autoren: Gunter Tschauder
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kleine Wesen schien den Worten der Mutter aufmerksam zu lauschen, als Alessandra ihm beschwörend den letzten Rat gab.
    "Versuche, du selbst zu werden, mein Kind. Verkaufe dich nicht an die Interessen anderer. Bleibe stolz und wahrheitsliebend, bleibe ehrlich und aufrichtig."
    Die schwachen Augen Alessandras ließen es nicht mehr zu, ihr Kind klar und deutlich zu sehen. Sie spürte das feste Band, die enge Verbindung zwischen ihnen beiden, die weit über diesen Körper hinaus Bestand hatte. Sie nahm das Kind hoch und legte seine Stirn an ihre Stirn, als wolle sie die ewige Einheit zwischen ihnen beiden besiegeln.
    Dann rief sie nach der Amme und bat sie, die kleine Caterina liebevoll in ihr Bett zu bringen.
    Nanini lächelte die kränkliche Gräfin huldvoll an. Die Mutter empfand, wie ein Hauch Kälte durch das Kaminzimmer zog, als die Amme ihr Kind in das Schlafgemach brachte. Die schmerzerfüllte Landgräfin verbarg nur mühsam ihre Tränen.
     
    Curzio Picchena, der bald nach der Geburt seiner Tochter nach Florenz geeilt war, musste w e nig später den Tod seiner geliebten Frau Alessandra betrauern.
    Nun saß er auf der Terrasse seiner Burg in dem leichten Beginn eines zaghaften Frühlings. Der alternde Mann weinte. Sein Leben schien nutzlos vertan. Er hatte, hoch an Jahren, diese noch junge Frau geehelicht und geliebt. Sie aber war ihm nun davongeeilt.
    Picchena stützte seinen schwer gewordenen Kopf in seine linke Hand. Die Welt hatte er ges e hen und kennen gelernt . Er hatte sie genossen und verflucht. Als Beamter der florentinischen Granduca lernte er sehr schnell das intrigante Spiel um Macht und Einfluss . Korruption und Verrat zeichneten sich bald als Mitspieler auf dem Schachbrett der Unterdrückung aus. Oft genug war er an den Rand der Selbstverleugnung geraten. Gerade in seinen jungen Jahren hatte er Gefallen am Mitgestalten der mächtigsten Strukturen in Florenz gefunden.
    Als er der reizenden Alessandra begegnete, hatte er zum ersten Mal in seinem Leben erkannt, dass dieser Mensch nicht auf seinem Schachbrett stand, ein Mensch, der sich den vorgeschri e benen Gesetzen des königlichen Spieles widersetzte. Er musste umdenken, umlernen gar, um sie für sich außerhalb der üblichen Gesetzmäßigkeiten zu gewinnen. Mit Stolz gedachte er des Tages, als ihm das gelang. Er überzeugte sie von seiner grenzenlosen Liebe.
    Zu spät erkannte er jetzt , dass sein Leben an der Seite dieser lieben Frau gerade erst begonnen hatte. Schon war es beendet.
    Ein Geräusch ließ ihn in die Wirklichkeit zurückkehren. Nanini stand mit der kleinen Caterina auf dem Arm in der Tür.
    "Ich denke, eure Tochter braucht euch jetzt", meinte sie zaghaft und übergab ihm mit hölze r nen Bewegungen und ausdruckslosem Gesicht seine Tochter.
    Picchena war erstaunt über die plötzliche Zuneigung der Amme. Er nahm seine Tochter in den Arm und schaute ihr sehr lange in das kleine Gesicht.
    „Schau, meine Tochter“, übertrug er seine Gedanken auf das zarte Geschöpf, „du bist der Stolz deines Vaters, der Stolz der freien Sippe der Picchena. Es waren stets Menschen, die sich ni e mals die Freiheit haben abringen lassen. Unzählige Kriege haben meine Vorfahren geführt, s o gar gegen die Florentiner. Selbst wenn sie der Gewalt unterlegen, von Tod und Verbannung bedroht waren, erschienen sie wieder. Sie haben stets aufs neue bewiesen, dass es im Leben etwas gibt, das mehr zählt, als der Besitz von Ländereien und Handelshäusern, es ist das Str e ben nach Freiheit und Gerechtigkeit. Dieses Streben sollte das Geleit in meinem Leben sein. Allzu oft habe ich es nicht geachtet, habe es verworfen. Die Bequemlichkeit des höfischen L e bens, die Verpflichtungen im Staate haben mich dazu verleitet. Doch niemals, mein Kind, ni e mals ist diese Flamme der Freiheit in mir erloschen. Das Licht der Freiheit leuchtet wie eine helle Fackel in meinem Herzen. In diesem strahlenden Licht sollst du heranwachsen, sollst deinen eigenen Weg der Freiheit gehen. Dies alles hier um uns herum wird dein Reich sein. Um dir zu helfen, den ganzen Schatz der Freiheit begreifbar zu machen, werde ich dir alles zur Verfügung stellen, was zur Bildung eines freien Menschen beitragen kann. Alle Bücher dieses Hauses, alle Briefe, alle Karten gehören dir, und sie werden dir helfen, das Wesen der Freiheit zu erfassen, manc h mal nur über den schmerzlichen Umweg, von dem bitteren Trunk der Unfreiheit zu kosten. Du wirst die Mathematik studieren, die Geographie, die
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