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Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Ton – persönlich versichert hatte, dass alles so schnell wie möglich erledigt werden würde.
    Schielin kritzelte Kreise, Pfeile und Rechtecke auf seinen Notizblock. »Also wir gehen davon aus, dass Kandras dieses Mädchen im Sommer vor dreizehn Jahren getötet hat. Im Herbst dann steigt er in das Immobiliengeschäft Kahlenberg ein. Ich verstehe das nicht.«
     
    Am Nachmittag endlich klingelte das Telefon in Kimmels Büro. Gommert war dran. Er klang sehr aufgeregt. Kimmel verstand einmal mehr nicht, was er ihm sagen wollte. Er erzählte fast hysterisch von Polymerasen, kettenhaften Retroreaktionen und Spurenverwertbarkeit. Das Gespräch wurde zudem von pfeiffenden und zischenden Lauten erschwert. Offensichtlich telefonierte Gommert direkt aus dem Labor. Er brachte Kimmel mit seinem Gestotter tatsächlich soweit, dass der seine Anspannung nicht mehr alleine durch Pressen des Telefonhörers loswerden konnte.
    Letztlich plärrte er in den Hörer, Gommert solle ihm jemand aus dem Labor geben.
    Nach einer kurzen Pause vernahm Kimmel eine sonore Frauenstimme. Das tat gut. Auch die Nebengeräusche drangen nun nicht mehr so aufdringlich in den Vordergrund. Kimmel fragte höflich, was herausgekommen sei und erhielt eine überraschende Antwort. Er bedankte sich und legte auf. Sofort ging er in den Kaffeeraum, wo die anderen bereits warteten.
    »Die Spuren von damals waren noch gut auswertbar«, sagte er ernst und machte eine Pause. »Das Sperma stimmt nicht mit dem DNS-Muster von Kandras überein.«
    Die anderen sahen ihn ratlos an.
    Dann fuhr er fort. »Die Speichel und Blutanhaftungen jedoch, die gehören einwandfrei zu Kandras. Er war also zweifelsfrei an dem Mord beteiligt. Die Recherche in der Datenbank brachte nichts zutage.«
    Schielin ballte seine rechte Hand zur Faust und sagte: »Zwei Täter! Wir haben es mit zwei Tätern zu tun! Und keiner von beiden ist in der DNS-Datenbank erfasst.«
    Dann stand er auf und sagte zu Lydia. »Und ich glaube ich weiß wer der zweite war.« Dann wandte er sich Kimmel zu und ordnete an: »Gommert soll sofort zurück. Er muss heute noch mal nach München und die sollen jemanden im Labor bereithalten, und wenn es die ganze Nacht dauert. Sie bekommen ihre zweite Probe.«
    Kimmel fragte: »Du bist dir sicher?«
    »Ja. Ich bin mir sicher. Alles fügt sich. In einer Stunde fahren wir los. Wir brauchen die Spurensicherung hier verfügbar. Dann die Staatsanwaltschaft für einen Durchsuchungsbeschluss.«
    »Kannst du uns erklären was du vorhast?«, fragte Funk.
    Schielin erklärte, indem er einen Namen sagte.
     
    Sie fuhren mit zwei Wagen. Schielin mit Lydia und Funk alleine hinterher. Sie parkten die Fahrzeuge auf der Straße vor dem Anwesen. Schielin klingelte und wartete. Von einem der Fenster schien Licht durch. Es musste also jemand da sein. Als es surrte, öffnete er das Tor. Sie gingen den Schotterweg entlang. Blicke für die Exklusivität des Ortes hatte keiner von ihnen. Sie suchten mit den Augen von Ermittlern. Als sie das Haus erreicht hatten, deutete Lydia zu einem Platz ein Stück vom Haus entfernt. Schielin und Funk sahen, was sie meinte. Gerade als sie am Treppenaufgang standen, der zur Eingangstür führte, wurde diese geöffnet. Schielin sah nach oben und sagte eher feststellend als fragend: »Herr Kahlenberg.«
    *
    Zweihundert Kilometer entfernt, in Zürich, eilte ein Mann mit Borsalino und elegantem Mantel durch die Straßen. Er trug eine Aktentasche bei sich. Er war in Eile und voller guter Gedanken und Pläne. Er hatte eine Entscheidung getroffen. Vorgestern hatte er noch einen Auftrag in Paris erledigt. Aber die Sache davor, in dieser Inselstadt, an diesem See mit den Bergen, das hatte ihn doch sehr berührt. Er musste nun etwas ändern und ihm war beim Blick über das Wasser zu den Bergen hin klar geworden, was ihm fehlte. Die Heimat. Ja, die Heimat. Er hatte sogar einmal Tränen in den Augen, als ihn Gedanken und Erinnerungen beschäftigt hatten. Nein. Es war gut so. Das Postfach hatte er heute aufgelöst. Die Anzeige in der Zeitung war beauftragt. So wussten seine Kontaktleute, dass er vorerst nicht zur Verfügung stand. Sicher. Es war viel zu tun im Moment. Viel Arbeit. Aber war es nicht so, dass auch jemandem wie ihm, gerade jemandem wie ihm auch so etwas wie eine Auszeit zur Verfügung stand? So schön war dieses neue Gefühl der Freiheit. Ja, er fühlte sich frei. Ein Häuschen würde er sich kaufen, mit Garten, und ein Pferd. Lange Ausflüge würde er machen,
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