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Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Johanna da.«
    Als der Name Johanne fiel, legte sie erschrocken die rechte Hand auf ihre Brust, kurz unterhalb des Halsansatzes, und schwieg.
    Der Alte sprach. »Es war nicht unsere Tochter. Es war die Tochter meines Bruders und ich war der Pate. Deshalb auch der Vorname Johanna. Was haben Sie für Fragen?«
    Funk sprach nun zu ihm. »Vielleicht haben Sie gehört, dass es in den letzten beiden Wochen zwei Tote gegeben hat am See. Zwei Männer. Der eine ist mit gefesselten Händen aus dem See gefischt worden und der andere lag erschossen auf der Galgeninsel. Fast genau an der Stelle, an der man Ihre Nichte damals gefunden hat.«
    Er hörte still zu, ohne einen der beiden oder seine Frau anzusehen. Er blickte über den Garten hinweg in die Ferne. »Ich habe davon gelesen, in der Lindauer. Im Radio ist auch was gekommen. Ein Auto ist verschwunden, oder?« Er atmete jetzt schwer. »Und was hat das mit der Johanna zu tun.«
    Funk fragte: »Sie sagten es war ihre Nichte. Ihr Wohnort war aber hier angegeben, ja?«
    »Ja. Sie war wie unser eigenes Kind. Mein Bruder ist bei einem Unfall ums Leben gekommen, als sie noch ganz klein war und ihre Mutter ist bald darauf gestorben, sie war krank. Wir haben keine eigenen Kinder gehabt und … sie war wie unser eigenes Kind …«
    Er sah Funk an und schwenkte dann zu Schielin. »Ich denke jeden Tag an sie. Glauben Sie mir. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an sie denke. Ich kann sie nicht vergessen und auch nicht, was ihr angetan worden ist. Es geht einfach nicht. Der Pfarrer hat mir schon oft gesagt, ich müsste versuchen zu verzeihen und loslassen können. Auch meine Frau sagt das. Aber ich kann das nicht. Ich kann das nicht, wissen Sie.«
    »Wir sind der Meinung, dass das, was in den letzten Wochen geschehen ist, in Zusammenhang mit dem Mord an Ihrer Nichte stehen könnte. Deswegen sind wir hier.«
    Seine Frau setzte sich neben ihn auf die Bank und er legte seine breite, narbige Hand mit den kurzen Fingern sanft auf ihren Oberschenkel. Schielin und Funk war diese Situation unangenehm, denn so wie sie vor den beiden Sitzenden standen, hatte es etwas Bedrohliches.
     
    Zum gleichen Zeitpunkt holte Lydia zusammen mit einem Kollegen den inzwischen einsilbig gewordenen Hoibner aus der Zelle und brachte ihn ins Vernehmungszimmer. Sein Anwalt war bereits anwesend. Der schien sich über die Situation gar nicht zu wundern. Er klang entschuldigend, als er zu Lydia sagte: »Das hat ja so kommen müssen. Wissen Sie, ich war mit dem Vater befreundet. Ein fleißiger, intelligenter, vor allem ehrenwerter Mann. Gut dass er diesen Niedergang nicht mehr mitbekommt. Schade, dass sein Sohn so gar nichts davon mitbekommen hat. Ich werde auch nur solange zur Verfügung stehen, bis ein Kollege gefunden ist, der sich mit anderem Engagement der Angelegenheit widmen kann. Ich bin dafür schon zu alt.« Lydia lächelte ihm stumm zu.
     
    Kimmel saß derweil in seinem Büro und telefonierte. Wobei er im eigentlichen Sinn weder saß noch telefonierte. Er hatte den Stuhl eine Armlänge weit vom Schreibtisch weggerückt. Beide Füße lagen vollflächig am Boden auf. Sein Gesäß brachte die Wucht seines ganzen untersetzten aber muskulösen Körpers auf das Stuhlgestell. Der rechte Arm reichte zum Schreibtisch, wo die Hand die Tischkante umfasst hielt. In der linken hielt er den Telefonhörer, besser gesagt, er quetschte den Hörer. Alle Muskeln waren angespannt und die Tischplatte bekam die Kraft seiner Rechten zu spüren. So wie derjenige, den Kimmel am anderen Ende der Leitung hatte. Die Anspannung seiner Muskeln übertrug sich auf seine Stimme und über die Leitung nahezu vollständig in ihrer physischen Kraft auf das jeweilige Gegenüber. Kimmel sprach in diesen Situationen so zwingend, als stünde er direkt vor seinem Gesprächspartner. Der dritte schließlich wagte es nicht mehr zu sagen, er wäre der falsche Ansprechpartner und würde weiterverbinden. Er sagte zu, sich persönlich um die Angelegenheit zu kümmern und zurück zu rufen. Alles wurde so erledigt, wie Kimmel das wollte.
    Als Gommert eine Stunde später die DNS-Spuren in Augsburg abholte und sich auf den Weg nach München machte, verließ Hoibners Rechtsanwalt gerade das Polizeigebäude in der Ludwig-Kick-Straße und fuhr zu seiner Kanzlei auf der Insel. Diesen Hoibner hatte er schon als Kind nicht gemocht und er sinnierte darüber, wie es kommen konnte, dass diese Kreatur so gar nichts von den Eigenschaften seines Vaters hatte.
     
    Im
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