Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel
Autoren: Jakob Maria Soedher
Vom Netzwerk:
daraus gemacht, aus diesen Möglichkeiten? Nichts. Er hat dieses arme Mädchen vergewaltigt und sich von Kandras erwischen lassen. Ausgerechnet von dem.«
    »Was steht im Gutachten vom psychologischen Dienst noch mal? Gewaltphantasien und Gewaltausübung auf Grund verdrängter Homosexualität?« Sie setzte nachdenklich hinzu: »Eigentlich eine ganz arme Sau, dieser Kandras.«
    »Er hat Kahlenberg erpresst, sich Zugang zur Firma verschafft und dann jahrelang auf geschäftlichem Gebiet dilettantisch agiert. Aber es war ja genügend Masse vorhanden und so ging es auch recht lange gut.«
    Lydia fragte: »Glaubst du das, was Kahlenberg gesagt hat, dass Kandras auf das tote Mädchen eingeschlagen hat? So was kann man sich doch gar nicht ausdenken, oder? Und das Gutachten von damals bestätigt ja diese Aussage.«
    »Ich bin mir da nicht sicher. Ich traue es jedenfalls beiden zu. Genau lässt sich das heute aber nicht mehr klären. Aber Kandras hat diesen Kahlenberg unterschätzt. Es war sein entscheidender Fehler, Kahlenberg erneut unter Druck zu setzen, als er merkte, dass er vor dem Ruin stand. Vermutlich ist ihm die Idee gekommen, als er droben am Taubenberg erkannt hat, dass das Mädchen von damals von dort stammte. Kahlenberg stand das Wasser aber selbst schon bis zum Hals, und da war dann endgültig Sense.«
    »Also diese Anna Kandras, oder Anna von Prahaym, wie sie sich jetzt wieder nach dem Namen ihrer Mutter nennt, die hat diese widerwärtige Bande ganz schön ausgekontert, oder? Zusammen mit diesem blassen Kehrenbroich … Respekt … die Nummer mit Faynbach & Partner, das ist doch ganz hohe Schule, oder was meinst du?«
    Schielin stimmte zu. »Klasse Frau. Hat sich sauber rausgehalten. Aber brutal war das schon auch …«
    »Was?«
    »Der Auftritt, hier, draußen im Gang.«
    »Ach, du meinst, wie sie es ihm gesagt hat?«
    »Genau das.«
    »Stimmt. Mir läuft es jetzt noch eiskalt den Rücken runter, wenn ich daran denke, wie sie ganz ernst gesagt hat: Ich bin ja so froh, dass du nicht mein Vater bist. Es hatte ja schon so gereicht … aber das jetzt auch noch. Ich bin ja so froh. Das hat gesessen.«
    Sie schwiegen.
     
    Am späten Nachmittag waren alle Akten für die Staatsanwaltschaft fertig und lagen bei Kimmel auf dem Schreibtisch. Der ging, pro forma, noch einmal alles genau durch und strahlte Zufriedenheit aus.
    Schielin verabschiedete sich. Zuhause angekommen, sah er Albin Derdes im Hof. Er hielt ein Schnapsglas in der Hand und prostete Marja lachend zu. Schon aus der Entfernung stellte Schielin anhand der roten Backen auf Derdes Gesicht fest, dass es nicht der erste Heidi war, den er hinunterkippte. Als er an die Treppe trat rief Derdes ihm zu: »Er hat geschrien, geschrien hat er, sag ich Dir!«, und hüpfte vergnügt von einem Bein aufs andere.
    Schielin konnte sich der Freude nicht so ganz anschließen. Er hätte es gerne wieder einmal gehört – das Schreien von Ronsard.
     
     
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher