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Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel
Autoren: Jakob Maria Soedher
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Johann und Clara Riehlhofer. Beide schon über siebzig Jahre alt. Die Eingabe dieser Namen in die Fahndungssysteme und Auskunftsdatenbanken, die ihnen zur Verfügung stand, erbrachte keine Treffer, was sie auch nicht verwunderte. Aus welchem Grund sollte ein altes Ehepaar auch schon erfasst sein. Im Stillen hoffte Schielin, dass dies auch so bleiben mochte.
     
    Als es so hell war, dass man das Wort Tag getrost gebrauchen konnte, fuhren Schielin und Funk los. Funk fuhr langsam die Friedrichshafener Straße entlang, bog nach rechts in die Schönauer ab und vor dem Wirtshaus nach links in den Kellereiweg. Beide schwiegen. Das Anwesen Siebzehn lag abseits der Straße. Die Zufahrt war ungeteert und nur mit Schotter belegt. Sie gerieten wie in eine andere Welt, als sie die ausladende Rechtskurve gefahren waren und hinter einem Hügel der Blick auf den Hof frei wurde. Inmitten eines riesigen Gartens stand ein altes Bauernhaus. Zusammen mit dem langen Stadel, der rechtwinklig zum Haus stand, bildete sich ein nach Süden hin offener Hofraum, der übergangslos zum Garten wurde. Funk stellte den Motor ab und sah skeptisch zu Schielin. Der zuckte nur mit den Schultern und stieg aus. Es war ein Paradies. Im Norden breitete sich eine Streuobstwiese aus, vom Haus aus nach Süden zog ein buntes Blütenmeer den Blick auf sich. Dahinter folgte ein Streifen See und wenn das Wetter so war, wie es auf Postkarten zu sein hatte, müssten dann die Berge zu sehen sein. Schielin blies den Atem laut aus. Was sollte er hier finden? Das Gatterl im Zaun war nur angelehnt, Hinweisschilder auf einen Hund nirgends zu entdecken. Die beiden gingen den von Lavendel gesäumten Weg zum Hof. Eigentlich hätten die Bewohner das Auto hören müssen. Im Hof angekommen, sah Schielin die offenstehende Tür am Stadel. Von drinnen war Klappern zu hören. Er rief laut »Hallo«, und kurz darauf noch einmal »Hallo.«
    Die Geräusche verstummten und aus dem Stadel kam mit langsamen Schritten ein Mann. Er war untersetzt, trug einen mattblauen Blaumann, darüber eine graue Schürze. Das schüttere, erst teils graue Haar war strähnig und glatt nach hinten gekämmt. Auffallend war die knorrige große Nase im Gesicht. In der rechten Hand hielt er eine Sichel. Schielin hob freundlich die Hand und ging auf den Alten zu.
    »Grüß Gott und einen Guten Morgen«, begann er, »sind Sie Herr Riehlhofer. Johann Riehlhofer.«
    Ein bedächtiges »Scho«, war die Antwort. Schielin fiel die kräftige Gestalt auf. Trotz des Alters strahlte er Kraft und, Schielin überlegte, ja, Gesundheit aus. Kraft und Gesundheit. Er drehte sich nicht um, als er im Rücken hörte, wie Funk das Reden anfing. Offensichtlich war die Frau aus dem Haus gekommen. Funk begrüßte sie freundlich und charmant – der alte Filou – und Schielin schmunzelte angesichts der schmeichlerischen Art seines Kollegen. Er kannte diese Tour zwar schon, sie kam aber immer an. Einfach immer. Aber man konnte das nicht lernen. Es musste einem eigen sein.
    Er ging nun auf den Alten zu, streckte seine Hand aus und sagte, wer sie seien. Unterließ es aber, den Grund ihres Kommens zu erklären. Vielmehr ging er nach dem festen Händedruck an Riehlhofer vorbei und warf einen Blick in den Stadel. Ein schwarzer Cayenne ließ sich hier gut verstecken. »Schöner alter Stadel. Und so aufgeräumt«, sagte er anerkennend. Der Alte lachte heiser und fragte, ob er zu schnell gefahren sei oder sonst was verbrochen habe, dass die Gendarmen auf den Hof kämen.
    Hinten schäkerte Funk mit der Frau des Hauses, die Schielin nun auch zu Gesicht bekam. Eine Bilderbuchoma stand da vor der geöffneten Haustür. Schielin wusste nicht recht, wie er anfangen sollte. Aber die Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass viele derjenigen, die er aufsuchte, wenn schon nicht wussten, so doch ahnten oder spürten, worin der Grund Bestand. Darum wurde er gleich konkret. »Es geht um Ihre Tochter, Johanna Riehlhofer.«
    Der Alte blieb regungslos, entgegnete aber keinen Ton. Nachdem er Schielin ernst gemustert hatte, drehte er sich um und ging in Richtung Haus, wo er sich auf die Bank setzte. Funk nickte ihm zu, sah kurz zu Schielin der ebenfalls zur Bank ging, die Frau begrüßte und weitersprach. »Es ist sicher nicht einfach für Sie, nach so langer Zeit wieder mit dieser Sache konfrontiert zu werden. Aber es sind neue Fragen aufgetaucht.«
    Der Alte sah seine Frau an, die nicht wusste, was da geredet wurde und erklärte: »Die Johanna. Sie sind wegen der
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