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Galaxis Science Fiction Bd. 10

Galaxis Science Fiction Bd. 10

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 10
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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aufregend. Von Anfang an zeigte Etl – so hatten wir das kleine Biest getauft – eine fast elektrisch geladene Neugier gegenüber allen Dingen. Einige der Gewohnheiten seiner Art konnten so schon an seinen Instinkten abgelesen werden. Er sonnte sich in starkem Licht, aber er liebte auch dunkle Winkel. Und nachts – wenn wir die Lampen ausschalteten – grub er sich in den staubigen Boden. Der Grund dafür konnte Schutzbedürfnis gegen nächtliche Kalte sein.
    ALS er einen Monat und zwei Tage alt war, versuchte Etl sich auf seinen Fühlgliedern aufzurichten, er kippte jedoch immer wieder nach vorne über. Vielleicht versuchte er »zu gehen«. Aber in seinen Fühlgliedern waren schließlich keine Knochen, und die hohe Erdschwerkraft machte alle seine Bemühungen zunichte.
    Immer wieder von neuem versuchte ich herauszufinden, was er alles tun konnte. Ein richtiger Wissenschaftler würde diese Versuche als Tests klassifiziert haben. Ich nannte es einfach »herumprobieren«. Ich ließ ihn einen Stuhl erklettern, um zu seiner Nahrung zu gelangen. Er schien zuerst alles sorgfältig abzuwägen, jede einzelne Sprosse zu beäugen. Dann zog er sich in einer fließenden Bewegung hoch.
    An einem meiner freien Abende, die ich zusammen mit Alice in der Stadt verbrachte, um mich etwas von meiner fremdländischen Umgebung zu erholen, kaufte ich ein paar Spielsachen. Ich löste Craig ab, der sich während meiner Abwesenheit um Etl gekümmert hatte. Ich sagte: »Etl, hier ist ein Gummiball. Komm, laß uns spielen.«
    Er fing ihn schon beim zweiten Versuch auf. Etwas Wildes lag in der Art und Weise, wie er mit dem Ball spielte. Ich mußte an einen Hund denken, der sich aus der Luft eine Hummel schnappt. Doch meine Meinung, daß Etl einfach nur ein Tier war, verlor sich immer mehr.
    Ich fing an, mit ihm zu reden, so wie man es mit seinem Hund tut. So auf die ›Brav‹und ›Pfui-Art‹ »Guter Junge, Etl kluger Junge. Du lernst schnell, nicht wahr?«
    So ungefähr. Und ich ließ ihn an meinem Raumanzug hochklettern. Seine unzähligen Fühlglieder waren der Länge nach mit feinen Zacken, ähnlich Widerhaken, besetzt, und ich konnte sie spüren, wie sie in dem zähen, gummigetränkten Stoff meines Anzugs zerrten, so wie die Krallen eines Kätzchens. Und dabei gab er ein zufriedenes, zartes Zirpen von sich, das vielleicht Zuneigung war.
    Aber dann wiederum gab es diesen Zwischenfall, als er mich biß. Den Grund dafür kann ich mir nicht denken, es sei denn, daß ich vielleicht zu lange den Ball behalten hatte. Er erwischte mich am Finger, biß mit seinen mit starken Zähnen besetzten Kinnbacken glatt durch den Handschuh durch und zischte mich böse an.
    In wenigen Minuten war meine Hand zu doppelter Größe angeschwollen, und ich fühlte mich hundeelend. Klein mußte mich eine Weile vertreten. Der Biß war – wie sich herausstellte – leicht giftig. Vorher hatte ich schon einmal einen Ausschlag auf meinen Armen gehabt. Eine Allergie, vermutlich. Wahrscheinlich war irgendein Bestandteil jener Marspflanzen in meinen Anzug eingedrungen und auf meine Haut gelangt. Wer kann es sagen? Vielleicht spürt unser Körper die Anwesenheit von fremdem Leben und versucht, sich dagegen zu wehren. Und das ist einer der möglichen Nachteile, die ein Kontakt mit fremden, unbekannten Welten mit sich bringen kann.
    ETLS giftiger Biß war schlimm genug. Aber sein Wutanfall, der den Biß begleitet hatte, war schlimmer, zeigte sich doch, hier ein Hinweis auf die widerspruchsvolle Veranlagung seiner Rasse. Hier wurde endlich ein Zipfel des Schleiers gelüftet, hinter dem das Geheimnis seines Volkes verborgen lag. Wut war ein Gefühl, das in seiner letzten Konsequenz vielleicht sogar zu Mord führen konnte. Und diese Wesen besaßen es genauso wie wir. Vielleicht muß es jedes Wesen besitzen, das sich aus dem Schlamm des Planeten nach oben bis zu einer herrschenden Stellung hocharbeiten will. Trotzdem klang es in den Ohren der meisten Leute gar nicht beruhigend, als sie in den Nachrichten davon hörten.
    Nach diesem Zwischenfall verlangte die öffentliche Meinung, daß der Käfig Tag und Nacht von vier bemannten Maschinengewehren bewacht werden sollte. Und Flaschen mit Zyan wurden angeschlossen, damit ihr giftiger Inhalt jederzeit in den Käfig abgelassen werden konnte.
    Zum Teil fand ich diese Vorsichtsmaßregeln völlig übertrieben, aber es gibt nun mal in jeder Bevölkerung einzelne Gruppen, deren überängstliche Phantasie einen ständig lauernden
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