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Wilder Oleander

Wilder Oleander

Titel: Wilder Oleander
Autoren: Kathryn Harvey
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Kapitel 1
    Ihre Blicke treffen sich über den Zwischengang der Ersten Klasse hinweg. Seiner sagt: Der Film ist zu Ende, das Abendessen längst vorbei, die anderen Passagiere lesen oder dösen vor sich hin. Was lässt sich in dreißigtausend Fuß Höhe noch anstellen?
    Er löst die Schnalle seines Sitzgurtes, steht auf, streckt sich. Sein hellblaues Maßhemd spannt sich über dem muskulösen Torso. Kein Golfer, dieser Mann. Extremsport, das ist sein Ding.
    Er dreht sich zu ihr um. Coco stockt der Atem beim Anblick der verheißungsvollen Wölbung seiner Hose.
    Ein Flackern aus dunklen, auffordernden Augen, bevor er sich den Gang entlang nach hinten begibt. Als er an Coco vorbeikommt, erhascht sie einen Hauch seines männlichen Dufts, spürt ein elektrisches Knistern um sich herum, so als hätte sie der Atem eines Gottes gestreift. Sie braucht den Kopf gar nicht zu wenden; sie weiß auch so, dass er die Toilette aufsucht.
    Cocos Puls rast. In der Toilette einer 747 hat sie’s noch nie gemacht.
    Ob sie sich traut?
    Betont lässig erhebt sie sich von ihrem Sitzplatz und geht ebenfalls nach hinten. Ahnen die anderen Passagiere, was diese beiden vorhaben?
    Sie weiß nicht, wie er heißt, was er beruflich macht, ob er
verheiratet ist. Alles unwichtig. Sie fühlen sich zueinander hingezogen, aus einem animalischen Bedürfnis heraus.
    Als sie näher kommt, schlüpft er gerade durch die Tür. Er verriegelt sie nicht, kein »Besetzt« leuchtet auf.
    Er wartet also auf sie.
    Sie fährt sich mit der Zunge über die Lippen. Noch nie ist sie so erregt gewesen, so scharf auf Sex. Sie schiebt die Tür einen Spalt breit auf und zwängt sich hindurch. Die Toilettenkabine ist so klein, dass sie ihm, kaum dass sie die Tür zugedrückt und verriegelt hat, auf Tuchfühlung gegenübersteht. Keine Worte, stattdessen sofort Mund auf Mund, umschlingende Arme, eine atemberaubende Erektion, die sich an sie drängt. Seine Hände tasten sich unter ihrem Rock den Schenkel hoch. Coco nestelt an seinem Reißverschluss, macht ihm den Weg frei. Zungen und Lippen heiß und gierig, hören sie auch dann nicht auf, sich zu küssen, als Cocos Slip mit einem Ruck abgestreift wird. Er ist so stark, dass er sie hochhebt und auf den Rand des Waschbeckens setzt. Er drängt ihre Beine auseinander und …
    »Ms. McCarthy? Darf ich Ihnen noch etwas zu trinken bringen?«
    Coco fuhr zusammen, schaute auf. Die Flugbegleiterin lächelte auf sie hinunter. »Äh … ja, gern«, sagte Coco. »Noch ein Drink wäre wunderbar. Wie viel Zeit bleibt uns bis zur Landung?«
    Die Flugbegleiterin warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Wir sollten in fünfundvierzig Minuten Los Angeles erreichen.«
    »Dann hätte ich gern einen Doppelten.«
    Mit einem leisen Seufzer musterte Coco den in eine Zeitschrift vertieften gut aussehenden Fremden auf dem Platz auf der anderen Seite des Ganges. Einen Mann, dessen Bekanntschaft sie niemals machen, geschweige denn, sich von
ihm dreißigtausend Fuß über der Erde vögeln lassen wird. Das war nun mal ihr Schicksal. Was ihr blieb, war, sich erotischen Phantasien mit Wildfremden hinzugeben oder sich mit One-Night-Stands zu begnügen, die anfangs durchaus auf mehr hoffen ließen, bis die Männer herausfanden, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente. Eine Beziehung hatte tatsächlich sechs Monate gedauert – sie und Larry waren sogar zusammengezogen, und ein Hauch von Heirat hatte in der Luft gelegen. Bis dann die Polizei ins Spiel gekommen, die Mordkommission bei ihr aufgekreuzt und Larry (»Ich halt das nicht mehr aus.«) abgehakt war.
    All dies sollte jetzt anders werden.
    Coco war auf dem Weg zu einem Ort, der sich The Grove nannte, und obwohl sie noch nie dort gewesen war, wusste sie einiges darüber.
    In den Boulevardblättern rangierte er als Sex-Club. The Grove jedoch war weit mehr als das – eine in der südkalifornischen Wüste gelegene smaragdgrüne Oase, die Romantik versprach, Zerstreuung, Abschalten; die eine Gourmet-Küche offerierte sowie erlesene Weine, importierte Spirituosen; Aromatherapie, Gesichtsmassagen, Mineralbäder; exklusive Geschäfte, beste Unterhaltung, Begleitservice; Anonymität, Diskretion, keine Fragen. Nur dass bei fast jedem die erotische Komponente im Gedächtnis haften blieb. Wie hatte es ein Hollywood-Kolumnist doch so trefflich auf den Punkt gebracht? »The Grove ist ein Ort, an dem Sex elegant und Eleganz sexy ist.«
    The Grove verzichtete auf Werbung, die Nummer stand weder im Telefonbuch, noch wurde
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