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Gabriel oder das Versprechen

Gabriel oder das Versprechen

Titel: Gabriel oder das Versprechen
Autoren: Wolfgang Voosen
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nicht«, beeilte sich
Carlo zu erwidern und Hoffnung stieg wieder in ihm auf, was seine
verborgenen Gefühle seiner Chefin gegenüber betraf. »Nee, so'n
junger Hüpfer hat ja auch seine Vorteile, wenn Sie wissen, was ich
meine!«
    »Schon gut, bitte keine näheren
Ausführungen! Es ist spät und mein Bett ruft. Also dann.
Tschüss!«
    »Ciao, Chefin! Ich räum' noch kurz
auf und dann geht's ab in die Falle. Bin gegen zehn morgen früh
wieder hier.«
    »Okay, bis morgen!«

 
    5
    Cocktailbar ›Arche Noah‹, Freitag,
8. Mai, 23.25 Uhr
    Vera lag mit ihrer Vermutung
richtig. Sandra und Niko schlugen nicht den bei den
Speed-Date-Partys üblichen Weg über den E-Mail-Kontakt ein. Noch im
Bistro hatten sie sich darauf verständigt, den Abend an einem
anderen Ort ausklingen zu lassen. So fuhren sie schließlich zur
›Arche Noah‹, einer kleinen Cocktail-Bar in der Wiesenstraße. Der
Vorschlag kam von Sandra, denn Niko kannte sich in der Szene
Wuppertals nicht aus, wie er freimütig einräumte. Ihre Absicht, die
knapp zwei Kilometer zu Fuß zu gehen, gaben sie ganz schnell auf,
als sie sahen, dass es zu regnen begonnen hatte.
    »Was nimmst du?« fragte Niko,
nachdem sie längs der Bar noch einen der hochbeinigen Tische mit
den links und rechts davor stehenden Barhockern erobert hatten.
»Einen Mojito, kann ich dir empfehlen«, antwortete Sandra und ließ
so durchblicken, dass sie hier nicht zum ersten Mal war.
    »Okay, kann ich ja bei dir gleich
mal probieren. Ich nehme erst mal einen Caipirinha«, meinte Niko
und wollte, indem er ebenfalls nicht in die auf dem Tisch liegende
Karte schaute, Sandra nicht merken lassen, wie selten er Gast in
derartigen Lokalitäten war.
    Richtig süß, dachte sie, ein netter
unverdorbener Junge. Der einzige akzeptable Typ beim heutigen
Speed-Dating. Und du hast ihn dir geschnappt. Gut gemacht, Sandra.
Aber, wie sagte dein Opa: »Immer langsam mit die junge Pferde«!
Morgen ist auch noch ein Tag. »Woran denkst du?« riss Nikos Frage
sie aus ihren Gedanken.
    »Wenn ich ganz ehrlich bin, daran,
dass ich morgen früh spätestens um halb neun wieder im Geschäft
sein muss«, und fügte mit einem vielsagenden und vielversprechenden
Lächeln, das ihm die Hoffnung ließ, hinzu: »Aber ich komme immer
mit wenig Schlaf aus.« Niko bestellte die beiden Cocktails. »Die
kleinen quadratischen Tische hier haben verdammte Ähnlichkeit mit
den Tischen im Bistro.«
    »Stimmt, ist mir gar nicht
aufgefallen. Na, dann müssen wir uns nicht umstellen und können
unser Gespräch da fortsetzen, wo wir vorhin durch Veras
unerbittlichen Wecker unterbrochen wurden«, entgegnete Sandra mit
einem Augenzwinkern.
    Angeregt unterhielten sie sich.
Beide waren sehr offen miteinander und erlaubten sich umfangreiche
Einblicke in das Leben des jeweils Anderen. Sie erzählte von einer
langjährigen Verbindung, der dann in rascher Folge flüchtige
Affaren gefolgt waren. Das heutige Speed-Dating war ihr zweiter
Versuch. Den ersten, den sie vor circa zwei Monaten unternommen
hatte, bezeichnete sie als schlichtes Fiasko. Niko scheute sich
ebenfalls nicht, sich vor ihr auszubreiten. Er räumte ein, noch nie
eine längere Beziehung gehabt zu haben. Bedauern klang in seiner
Stimme, wie Sandra erfreut bemerkte.
    Beide gewannen im Laufe des
Gesprächs den Eindruck, sich schon lange zu kennen. Ganz
ungezwungen tat sich eine Vertrautheit zwischen ihnen auf. Sie
genehmigten sich noch zwei weitere Cocktails - beide Male nahm auch
Niko jeweils einen Mojito - und brachen kurz nach ein Uhr auf,
nachdem er an der Bar die Rechnung beglichen hatte.
    Sandra fuhr Niko nach Hause. Sie
parkte den Wagen etwa 50 Meter von seiner Wohnung entfernt auf
einer Garageneinfahrt und stellte den Motor ab. Sie sah ihn an.
Verlegenheit beschlich sie. Ob er mich jetzt küssen wird, dachte
sie und gestand sich ein, dass sie es sich wünschte. Es ist doch
ganz einfach - setzte sie ihr Gedankenspiel fort und blickte ihn
aufmunternd an - du musst nur deine Scheu überwinden. Nimm mein
Gesicht in deine Hände und küss mich. Komm Niko, gib dir einen
Ruck. Küss mich! Er schaute sie an, sah in ihr hübsches Gesicht mit
der kleinen Stupsnase und spürte noch stärker als vorhin in der
Bar, wie vernarrt er in sie war. Ob sie will, dass ich sie küsse,
dachte er, schaute verlegen für einen kurzen Moment zur Seite und
lieferte sich dann wieder dem Blick ihrer strahlenden Augen aus. Er
nahm seinen ganzen Mut zusammen und ihr Gesicht in seine Hände.
Sein Mund näherte
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