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Gabriel oder das Versprechen

Gabriel oder das Versprechen

Titel: Gabriel oder das Versprechen
Autoren: Wolfgang Voosen
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fragte sie sich und
machte sich Vorwürfe, denn es handelte sich schließlich um ziemlich
sensible Daten. Ein paar Minuten später betrat Carlo das Bistro.
»Gott sei Dank, dass du da bist«, überfiel sie ihn sogleich, ohne
ihm »Guten Morgen« zu wünschen. »Morgen, Chefin, wo brennt's denn?«
unterbrach er sie. »Stell dir vor, heute Nacht wurde
eingebrochen!«
    »Was wurde? Eingebrochen? Man sieht
ja gar nichts!« erwiderte Carlo einen Blick auf den Eingangsbereich
werfend.
    »Nee, kann man auch nicht. Der Täter
ist durch das Toilettenfenster eingedrungen!«
    »Welcher Trottel hat das denn offen
gelassen? Hätte ich vielleicht kontrollieren sollen,
bevor…«
    »Nein, Carlo, es ist aufgehebelt
worden. Du hast keine Schuld«, unterbrach sie ihn. »Wann hast du
Schluss gemacht?«
    »Da muss ich kurz nachdenken. Also
die Letzten sind so gegen elf gegangen, Sie vielleicht ne knappe
Stunde später …«
    »Bei mir war's ziemlich genau zwölf.
Ich habe noch Kirchenglocken schlagen hören!«
    »Dann werde ich so gegen Viertel vor
eins abgehauen sein. Ich hab nicht auf die Uhr gesehen.« Und nach
einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Haben
Sie die Bullen schon informiert?«
    »Wenn du die Polizei meinst … ja.
Die wird gleich hier sein.« Kaum hatte sie das gesagt, als einige
Personen von der gegenüberliegenden Seite auf das Bistro zukamen.
»Wenn man vom Teufel spricht«, sagte Vera und öffnete die
Eingangstür. »Guten Morgen, die Herren!«
    »Na, so gut scheint der Morgen ja
nicht zu sein, weder für Sie, noch für uns! Aber trotzdem, guten
Morgen erst mal!« erwiderte ein etwa 50 Jahre alter Polizist. Er
war klein und untersetzt, hatte dichtes, schwarzes Haar und hinter
einer randlosen Brille blitzten zwei strahlende, blaue Augen. Wie
auch die Anderen erschien er in Zivil. »Mein Name ist Paul Klee,
Hauptkommissar beim Einbruchsdezernat«, stellte er sich
vor.
    »Wie der Maler?«
    »Exakt, dann kennen Sie ja jetzt
auch schon meinen Spitznamen.« Ein allgemeines Grinsen begleitete
seinen Kommentar. »Das ist mein Kollege, Oberkommissar Michael
Feldt«, dabei zeigte er auf einen sportlich durchtrainierten Mann
mit mittelblonden, kurzen Haaren von etwa Mitte dreißig in Jeans
und kariertem Freizeithemd. »Und die anderen Kollegen sind von der
SpuSi.«
    »Mein Name ist Vera Corts«, stellte
sich nun auch Vera vor, während die Polizisten eintraten. »Mir
gehört das Bistro. Gestern Abend hat hier ein Speed-Dating
stattgefunden.« Ihr Gegenüber zog etwas irritiert die linke
Augenbraue hoch, was sie zu einem spitzbübischen Grinsen
veranlasste. »Das machen wir einmal im Monat. Sie sind jederzeit
herzlich willkommen.«
    »Danke, ich bin bedient, äh, ich
meine verheiratet«, erwiderte der Hauptkommissar
scherzhaft.
    Die Leute von der Spurensicherung
begannen ihre Arbeit in der Toilette und im Büro, während die
beiden Kommissare vom Einbruchsdezernat vorne im Hauptraum Vera und
Carlo befragten.
    »… es ist also nichts gestohlen
worden, außer dem Karteikasten? Merkwürdig! Stellen die Karten denn
einen besonderen Wert dar?« wollte Klee wissen. »Nein, eigentlich
nicht. Aber es handelt sich natürlich um sehr sensible Daten«,
antwortete Vera. »Jeder Gast meiner Speed-Date-Partys erhält zu
Beginn der Veranstaltung eine Karte, auf der ich zunächst nur
seinen Vornamen und den so genannten ›Nickname‹ geschrieben habe.
Außerdem sind in acht Reihen Vorname und ›Nickname‹ der anderen
Teilnehmer vermerkt sowie der Zusatz »ja 0 / nein 0«. Nach jedem
Gespräch entscheidet der Teilnehmer, ob seine nur mir bekannte
E-Mail-Adresse dem Gesprächspartner weitergegeben werden soll oder
nicht, indem er Entsprechendes ankreuzt.«
    »Ach, so läuft das. Interessant. Das
heißt, ein weitergehender Kontakt zwischen den Teilnehmern entsteht
erst, wenn beide sich für ein ›Ja‹ entschieden haben.«
    »Richtig. Genau so. Aber
gelegentlich ergibt sich eine erkennbare Sympathie auch schon nach
dem eigentlichen Dating, wenn wir hier vorne im Bistro noch
zusammensitzen. Wie zum Beispiel gestern Abend. Zwei jüngere Leute
sind als Letzte gegangen und ich hatte ganz stark den Eindruck,
dass der Abend für beide - wie soll ich sagen - gemeinsam
ausklingen würde …«
    »Verstehe! Ja, wir werden ohnehin
alle befragen müssen, obwohl die Beiden ja ganz sicher nicht für
den Einbruch infrage kommen!«
    »Wohl kaum. Die hatten bestimmt
Besseres zu tun«, meldete Carlo sich grinsend zu Wort.
    »Entschuldigen Sie,
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