Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für Leichen zahlt man bar

Für Leichen zahlt man bar

Titel: Für Leichen zahlt man bar
Autoren: Carter Brown
Vom Netzwerk:
flattern.
    »Der denkt wohl, er ist
wirklich im Waldorf-Hotel«, knurrte der Empfangschef verbittert.
    »Wenn er den Stoff in zehn
Minuten bekommt, können Sie das Wechselgeld behalten, läßt er sagen«, fügte ich
hinzu.
    Die saure Miene der lebenden
Wachsfigur erhellte sich etwas. »Na meinetwegen! Dafür kann er auch
Waldorf-Service verlangen .« Die Krallenhand ergriff
den Geldschein und ließ ihn verschwinden. »In fünf Minuten hat er seinen
Whisky«, versprach er.
    Ich winkte mir ein Taxi heran
und fuhr schleunigst zu meiner Wohnung, denn dort befand sich mein Schießeisen,
und solange der Flüsterheini auf freiem Fuß war, erschien es mir gesünder, die
neue .357er Magnum in ihrem dafür eigens angefertigten Schulterhalfter in
Griffnähe zu haben.
    Die Tür zu Cooks Zimmer hatte
ich absichtlich offengelassen. Ich hoffte, daß der Empfangschef mit seinem
Whisky auf Cooks Leiche und einen noch halbbenommenen Eddie Sloan stoßen und
die Polizei rufen würde. Abgesehen davon, daß meiner Meinung nach Leichen nicht
in Badewannen gehören, nahm ich an, daß die Polizisten gern die Möglichkeit
wahrnehmen würden, im Hauptquartier Eddie Sloan in ein ausführliches Gespräch
zu verwickeln. Inzwischen hatte ich dann freie Bahn, Laka Tong zu suchen. Nach der Kostprobe, die mir Eddie vorhin gegeben hatte,
bezweifelte ich, daß er ein blütenweißer Unschuldsengel war. Wenn ich Glück
hatte, hielt ihn die Polizei mehrere Stunden lang fest. Wenn er im Laufe des
Verhörs meinen Namen nannte, sollte mir das ziemlich gleichgültig sein. Ich
würde mich eben eine Weile möglichst unsichtbar machen.
    Das Taxameter zeigte 65 Cents,
als der Wagen vor meiner Wohnung am Central Park hielt. Ich gab dem Fahrer
einen halben Dollar und zwei 10-Cent-Stücke und stieg aus.
    Einen Augenblick verschlug es
ihm die Sprache, dann schrie er: »He, Sie kriegen noch was raus, Mr. Rockefeller !«
    »Behalten Sie den Rest«, sagte
ich mit einer großzügigen Handbewegung. »Geld spielt für mich keine Rolle .«
    »Das merke ich«, sagte der
Taxifahrer verbittert. » Dem Himmel sei Dank! Jetzt
kann ich meinen Sohn wenigstens auf die Universität schicken !«
     
     
     

3
     
    Kurz nach 20 Uhr erreichte ich
den Sitz der »Chinesisch-Amerikanischen Gesellschaft der Schönen Künste«. Er
befand sich in einer schönen, baumbestandenen Allee in den East Sixties . Das Haus war kaum zu verfehlen, denn es war das
einzige Backsteingebäude des ganzen Straßenzuges, daß durch eine moderne Mosaikfassade ein neues Gesicht erhalten hatte. Die
Spiegelglastür stand offen. Ich ging geradewegs hinein.
    Eine hübsche junge Chinesin lächelte
mir von ihrem Schreibtisch aus einladend zu.
    »Guten Abend, Sir«, sagte sie
mit ihrer sanften Stimme.
    »Guten Abend, ich...«
    »Im zweiten Stock, Sir!«
    »Was ?« fragte ich verständnislos.
    »Was?« Sie sah mich besorgt an.
»Was meinen Sie mit was, Sir ?«
    »Was ist im zweiten Stock ?« Ich schloß einen Augenblick die Augen. Dann fragte ich:
»Wie heißt du, Schatz ?«
    »Li Chong!«
    »Mit dieser Was -was-Geschichte
können wir glatt im Varieté auf treten . Chong und
Boyd, die westöstlichen Clowns. Gut, was?«
    »Ja, Sir .« Sie schluckte mühsam. »Der Empfang ist im zweiten Stock, Sir. Bitte die Treppe
hinauf .«
    »Ich hatte auch nicht erwartet,
daß es zum zweiten Stock abwärts geht«, antwortete ich frech.
    Um ihre Mundwinkel zuckte es
verräterisch. »Soll das auch in unsere Varieté-Nummer ?« fragte ich spöttisch.
    Gehorsam ging ich die Treppe hinauf. Im zweiten Stock befand sich ein
großer, mit einem weißen Teppich ausgelegter Empfangsraum. An den Wänden hingen
chinesische Malereien, und etwa 40 Leuten versuchten, den weitläufigen Raum, so
gut es ging, auszufüllen.
    Ein kleiner alter Herr in einem
Smoking, den er offenbar gekauft hatte, bevor er mit zunehmenden
Alter immer mehr zusammengeschrumpft war, kam auf mich zu und nahm
vorsichtig meine Hand, als habe er es mit einem sehr zerbrechlichen Gegenstand
zu tun.
    »Ich freue mich, daß Sie sich
frei machen konnten«, flötete er. »Die Gäste sind Ihnen ja alle bekannt .«
    Dann verlor er sich wieder
unter der Menge. »Ein Glas Champagner, Sir?« Neben mir stand ein Kellner, der
ein riesiges Tablett mit etwa 20 Sektkelchen auf beiden Händen balancierte. Ich
ergriff das erste beste Glas, ehe er weitergehen konnte, und kostete den Sekt,
der mich leider lebhaft an Brauselimonade erinnerte, während ich die Anwesenden
betrachtete. Vielleicht ein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher