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Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)

Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)
Autoren: Cynthia J. Omololu
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Seite bedeutet mir mit einem kurzen Nicken, dass es so weit ist.
    Ich befehle meinen Füßen, die Stufen hinaufzusteigen, eine nach der anderen, und schließlich stehe ich auf der erhabenen Plattform. Ich höre den erstickten Schrei meiner Zofe und blicke kurz zur ihr hinunter, bevor ich mich wieder dem Geschehen um mich herum zuwende. Ich kann nicht anders als glauben, dass irgendjemand diesem Wahnsinn ein Ende bereiten wird, bevor es zu spät ist. Ich habe nichts Verbotenes getan, mein einziges Vergehen ist, dass ich meinen Gatten von ganzem Herzen geliebt habe – und dafür sollen wir beide sterben? Ich spiele die mir zugedachte Rolle, denn ich weiß, der gerechte Gott wird niemals zulassen, dass sie ihr Werk vollenden.
    Alle Augen sind auf mich gerichtet, als ich den kleinen Beutel öffne, erst die Münzen herausnehme und dann Connors Anhänger mit dem Rubin in der Mitte, der trotz des düsteren Morgens funkelt und strahlt. Rasch berühre ich ihn noch einmal, fahre mit dem Finger über den Bogen oberhalb des Kreuzes. Das Geld bedeutet mir nichts, aber dass ich einem Fremden den Halsschmuck geben soll, der für den Menschen steht, der mir am allerwichtigsten ist, zerreißt mir das Herz. Connor ist tot, hingerichtet auf dem Tower Hill, und dieser Anhänger ist alles, was mich noch mit ihm verbindet.
    Meine Hände zittern, und einen Augenblick lang fürchte ich, Münzen und Anhänger könnten zu Boden fallen, doch schließlich senkt sich beides mit einem leisen Klimpern auf die ausgestreckte Handfläche des maskierten Henkers. Verwundert bemerke ich, dass auch seine Hand zittert, und ich blicke hinauf in die dunklen, braunen Augen, die alles sind, was ich von seinem Gesicht erkennen kann. Er weicht meinem Blick aus, wendet sich ab und sieht hinaus auf den weiten Rasen, während seine Hand sich mit einer endgültigen Geste um seinen Lohn schließt.
    Mein Tüchlein und das Gebetbuch übergebe ich meiner Zofe, die immer heftiger weint, sodass ich befürchte, sie wird bald in lautes Schluchzen ausbrechen. Ich drücke ihre schmale, blasse Hand und versuche ihr, obschon mir selbst das Herz bis zum Hals schlägt und ich kaum atmen kann, zu vermitteln, dass noch alles gut werden wird. Der Henker kniet zu meinen Füßen nieder, den Blick immer noch abgewandt, und mit einer Handbewegung erteile ich ihm, wie es üblich ist, Vergebung. Das alles erscheint mir wie ein Theaterstück, in dem jedem eine bestimmte Rolle zugedacht ist, die es gewissenhaft zu erfüllen gilt.
    Nach dem Ritual der Vergebung erhebt er sich und zeigt auf den kleinen, eckigen Block am vorderen Ende der Plattform. Ich lasse meinen Blick über die Menge gleiten und frage mich, welcher der Männer, die dort in Habachtstellung stehen, es sein wird, der dem Ganzen hier ein Ende bereitet. Das Schuldgeständnis, das man von mir erwartet, verweigere ich, stattdessen trete ich aufrecht vor die Versammelten und sage: »Ich habe in meinem ganzen Leben nie auch nur einen verräterischen Gedanken gegenüber Seiner Majestät gehegt.«
    Der maskierte Scharfrichter reicht mir ein weißes Tuch, mit dem ich meine Augen verbinden soll, aber ich schiebe es fort. »Ich fürchte die Axt nicht«, sage ich laut genug, dass diejenigen, die nahe am Schafott stehen, es hören können. Fest blicke ich in seine Augen und spüre sein unsicheres Zögern, als er sanft seine Hand auf meinen Ellbogen legt, mich an den Block führt und mir hilft, niederzuknien. Nur widerstrebend nimmt er sie schließlich wieder fort.
    So, wie es meine Rolle will, lege ich den Kopf auf den Holzblock. Ich schiebe mein geflochtenes Haar beiseite und spüre den kalten Wind im Nacken. Mein Atem geht schnell und stoßweise, als wäre mein Brustkorb zugeschnürt, sodass nicht genügend Luft in meine Lungen gelangen kann.
    Das Zeichen muss bereits gegeben worden sein, denn plötzlich höre ich aus der Menge jemanden rufen: »Was fürchtest du, Henker? Führe den Hieb, walte deines Amtes!« Ich glaube fest daran, dass man mich verschont, der Henker wird seine Axt nicht gegen einen unschuldigen Hals erheben! Ich drehe meinen Kopf ein winziges Stück zur Seite: Ich sehe seine Stiefel, die einen Schritt zurückgehen, und die gebogene Klinge der Axt, die aus dem Stroh gehoben wird. »Ich kann Euch nicht retten, Mylady«, höre ich ihn heiser flüstern. Ich schaue nach oben, sehe verschwommen eine rasche Bewegung, dann das metallische Blitzen der Klinge, die auf mich herabsaust –
    »Verdammt, Cole, was ist denn los?«
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