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Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)

Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)

Titel: Für immer die Seele (Für-immer-Trilogie) (German Edition)
Autoren: Cynthia J. Omololu
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Gedanken«, bringe ich raus, und endlich lässt das Gefühl von schmerzlichem Verlust mich los und alles ist wieder klar wie nach einem heftigen Regenguss. Ich schalte die Musik ab und an ihre Stelle tritt das Summen der Reifen auf der viel befahrenen Straße. Ich versuche es mit einer Erklärung, die selbst in meinen Ohren fadenscheinig klingt. »Das Konzert und das ganze Drumherum. Ist ja nicht mehr so lange hin.«
    »Kannst du nicht einmal mit der Wunderkind-Nummer aufhören?«, nörgelt Kat. »Schließlich haben wir Ferien.«
    »Vielleicht hast du  Ferien«, gebe ich zurück und weiß schon, während ich spreche, dass ich mir das besser gespart hätte, aber ich bin so durcheinander, dass ich einfach automatisch wiederhole, was ich schon oft gesagt habe. »Die anderen zählen auf mich. Ich kann mir nicht aussuchen, ob ich üben will oder nicht.«
    Ich bemühe mich, ruhiger zu atmen und zu signalisieren, dass alles okay ist. Dann schlage ich meinen eselsohrigen Reiseführer auf und konzentriere mich auf den beruhigenden Anblick der Karten und Fotos von Sehenswürdigkeiten, während ich versuche, die sonderbaren Gefühle endgültig abzuschütteln und wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
    Ich lasse meinen Blick über die Leute auf der Straße schweifen und versuche, zu entspannen, sage mir, dass niemand mich anstarrt, dass ich einfach eine von vielen leicht desorientierten Touristinnen mit einem Reiseführer in der Hand und einem Rucksack über der Schulter bin. Ich bin unsichtbar, nichts Besonderes. Eigentlich fühle ich mich immer unsichtbar, außer wenn ich mit einem Cello auf der Bühne stehe.
    Was immer das eben war, es ist endlich vorüber. Ich schaue auf die Stelle im Reiseführer, die ich gestern Abend markiert habe. »Also, hier steht, wir folgen dieser Straße bis um die Ecke, und dann sind wir am Eingang.«
    Kat stopft das Handy in ihre Tasche. »Wo ist er denn?«, fragt sie, blickt auf und nimmt zum ersten Mal wahr, wo wir überhaupt sind. »Ich sehe keinen Turm.«
    »Dort drüben«, sage ich und zeige mit dem Finger auf die andere Straßenseite.
    »Das ist alles?«, fragt sie und versucht nicht einmal, ihre Enttäuschung zu verbergen. »Macht auch nicht mehr her als die anderen verstaubten Schlösser in diesem komischen Land. Ich dachte, wir wollten uns die Kronjuwelen ansehen.«
    Sehr schön. Ich kenne meine große Schwester. Solange der Tower von London ein paar beeindruckende Diamanten und Rubine zu bieten hat, wird sie das bisschen Geschichte drum herum geduldig ertragen. »Die Kronjuwelen werden nun mal nicht auf der vierten Etage von Harrods ausgestellt«, sage ich.
    »Das weiß ich auch.« Kat zieht die Nase kraus und blickt auf den Tower. »Ich dachte nur, er wäre vielleicht etwas schicker. So wie der Turm in Rapunzel zum Beispiel. Könnte ja wenigstens ein bisschen Gold dran sein, dann sähe er schon viel besser aus.«
    » Tower von London ist nur der Name«, sage ich und zeige auf den Reiseführer. Manchmal frage ich mich, wie Kat es bis in die Abschlussklasse geschafft hat, obwohl ich weiß, dass sie nicht dumm ist, sie lässt sich einfach nur leicht ablenken. »Es ist aber eigentlich kein Turm, sondern eine jahrhundertealte Festung und ein Gefängnis. So steht’s hier.«
    »Steht da vielleicht auch, warum wir uns all dieses alte Zeug ansehen sollen, wenn wir ebenso gut shoppen gehen könnten?«, fragt sie und starrt finster hinüber zur anderen Straßenseite.
    »Weil der Tower ein berühmtes Gebäude ist, das man einfach sehen muss , wenn man in London ist«, antworte ich. »Und weil Dad uns die Eintrittskarten besorgt hat, die bestimmt nicht billig waren.« Und weil sich ein Teil von mir dort hingezogen fühlt, so als müsste ich die alten Steinwände berühren und das Kopfsteinpflaster unter meinen Füßen spüren. Die Wege entlanggehen, die vor Jahrhunderten die Könige und Königinnen von England beschritten haben. Daheim in San Francisco gehört alles, was weiter zurückliegt als 1970, schon zur Geschichte. Die Vorstellung, in einem Gebäude zu stehen, das beinahe tausend Jahre alt ist, raubt mir den Atem. Doch all das kann ich ihr nicht erklären, weil ich diese seltsame Anziehung ja selbst nicht begreife. Und sie würde es so oder so blöd finden.
    »Dad ist viel zu sehr mit seiner Arbeit beschäftigt, als dass es ihn kümmern würde, womit wir unsere Zeit hier verbringen«, mault Kat. »Er würde es nie erfahren.« Sie mummelt sich fester in ihre Jacke, um sich gegen den kühlen
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