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Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Titel: Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
Autoren: Veronica Henry
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geschmackvollem Hellblau gestrichen und besaß eine Veranda. Roy schwieg einen Moment, wie es seine Art war. Er ließ sich gern Zeit. Jane hatte ihm schon vor einer ganzen Weile erzählt, dass sie pleite war. Dass sie dabei war, ihr Haus zu verkaufen. Abspecken hatte sie es genannt, das Wort aber mit so viel Abscheu ausgesprochen, als bedeutete es, dass sie in der Gosse landen würde. Wenn sie jetzt auch noch die Strandhütte verkaufen wollte, musste es wirklich schlimm um sie bestellt sein.
    »Tut mir leid, das zu hören«, sagte er schließlich. »Aber es wird immerhin nicht schwierig werden, einen Interessenten zu finden, falls dich das tröstet. Ich werde andauernd gefragt, ob hier nicht was zu verkaufen ist.«
    »Also, irgend so ein alter Knacker kriegt sie jedenfalls nicht. Und erst recht nicht dieser fürchterliche Typ, der mich jeden Sommer aufs Neue bedrängt. Der kann sich ganz hinten in der Schlange anstellen.«
    Roy lachte in sich hinein. Er kannte den Mann. Es war derselbe, der ihn immer anrief und im Befehlston anwies, den Kühlschrank mit Lebensmitteln aufzufüllen oder die Schlauchboote seiner Kinder aufzupumpen. Roy war Hausmeister und kein Sklave, verdammt! Grundsätzlich hatte er ja nichts dagegen, Leuten derartige Gefälligkeiten zu erweisen. Es war einfach die Art, wie der Mann ihn herumkommandierte. Natürlich würde er die Hütte der Miltons haben wollen. Er war ein Alphamännchen, wollte immer nur das Beste für sich.
    »Ich werde mal die Fenster und Türen aufmachen und die Hütte richtig durchlüften.«
    »Danke, Roy. Bis später dann, auf einen Tee.«
    Jane war eine Frohnatur. Roy erinnerte sich nur an ein einziges Mal, als ihr die gute Laune vorübergehend abhan dengekommen war. Er hatte den Anflug von Unmut in ihrer Stimme gehört, als sie ihm erzählt hatte, dass ihr Mann sie, als er im Bahnhof von Paddington tot umgefallen war, in katastrophalen finanziellen Verhältnissen zurückgelassen hat te. Die Strandhütte gehörte allerdings ihr, sie hatte sie von ihrer Mutter geerbt. Wenigstens der hatte Graham Milton nichts anhaben können, als er das Zeitliche gesegnet hatte.
    Roy war entsetzt gewesen, als Jane ihm die Einzelheiten anvertraut hatte. Es war eine Schande, seine Frau so in Armut zu stürzen. Ihr Mann hatte ihr weder eine Rente noch eine Lebensversicherung und auch kein Bargeld hinterlassen, nur eine gewaltige Hypothek, mit der ihr georgianisches Pfarrhaus belastet war, und keinerlei Rücklagen für diese Ausgaben. Graham Milton mochte ja Finanzberater gewesen sein, aber offenbar hatte er seine Ratschläge selbst nicht beherzigt. Er hatte es wahrscheinlich für eine gute Idee gehalten, all ihre Besitztümer in Bares zu verwandeln, um damit Investitionen zu tätigen, die ihn schnell reich machen sollten. Leider jedoch war die Rechnung nicht aufgegangen. Anstatt Gewinne zu erzielen, hatte er ständig verzweifelt ver sucht, neue Löcher zu stopfen, nur um immer tiefer in die Verschuldung zu geraten. Der zusätzliche Stress, die ganze Sache geheim zu halten, hatte ihn schließlich umgebracht, darin waren sich alle einig. Und Jane, die völlig ahnungslos gewesen war, bis Anwalt und Buchprüfer ihr die Hiobsbotschaft überbrachten, war über Nacht nicht nur Witwe geworden, sondern auch arm wie eine Kirchenmaus.
    Roy legte auf. Der Anruf hatte ihm zu schaffen gemacht. Normalerweise war er nicht so sentimental, aber wenn Jane Milton verkaufte, würde eine Ära enden. Ihr gehörte das Sahnehäubchen, das beste Grundstück am Strand, die erste Hütte, die überhaupt gebaut worden war! Die Leute würden sich darum reißen. Er konnte sich den Artikel im Telegraph schon genau vorstellen: Zu verkaufen – zum ersten Mal seit fünfzig Jahren …
    Roy erinnerte sich noch genau an den Tag, als er Jane Milton zum ersten Mal begegnet war. Damals hatte sie natürlich noch Jane Lowe geheißen. Mit ihren beiden jüngeren Geschwistern im Schlepptau war sie in ihrem geblümten Kleid mit ihren nackten, langen Beinen am Strand entlangspaziert. Als er sie sah, hatte er gleich gewusst, dass ein Mädchen wie sie einen Jungen wie ihn nie ernst nehmen würde. Er war mit vierzehn von der Schule abgegangen, spielte kein Tennis, und seine Eltern, denen nicht mal das Haus gehörte, in dem sie wohnten, hätten niemals das Geld gehabt, sich eine Strandhütte zu leisten.
    Roy beschloss, es lieber gar nicht erst zu versuchen. Er wollte sich keine Abfuhr einhandeln. Das Mädchen hatte garantiert schon einen Freund, der
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