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Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer

Titel: Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
Autoren: Veronica Henry
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Gregory oder Martin hieß, schicke Flanellhosen trug und sie in seinem Sportwagen abholte, um sie auf einen Gin Tonic in den Golfclub einzuladen. Roys einziger Besitz war sein Fahrrad. Er konnte sie ja schlecht auf die Querstange setzen und mit ihr in den örtlichen Pub radeln, oder?
    Von da an sah er Jane jedes Jahr. Und ein Mal, in dem Sommer, als sie beide siebzehn wurden, waren sie sich nähergekommen. Er verkaufte damals Softeis, und sie kam ihn oft an seinem Kiosk besuchen, weil er ein Transistorradio hatte. Sie hörten sich die neuesten Hits an, diskutierten darüber, ob sie hörenswert waren, und manchmal tanzte sie sogar dazu. Roy hätte so gern mit ihr gemeinsam getanzt, aber dazu war er viel zu schüchtern gewesen. Im Gegensatz zu Jane, der es völlig egal war, was andere dachten, wenn sie sich wand und drehte und mit den Fingern schnippte. Einmal hatte sie seine Hand genommen und versucht, ihn zum Tanzen zu animieren, aber er wäre am liebsten im Erdboden versunken, teils aus Verlegenheit, teils aus Erregung, weil sie ihn berührt hatte.
    »Entspann dich, Roy!«, lachte sie. »Tanzen ist doch toll. Macht einfach Spaß.«
    Gott sei Dank war in diesem Moment ein Kunde gekommen, und er hatte sich losreißen können, um den Mann zu bedienen. Er konzentrierte sich auf den Strom süßer Eiscreme, der in das Hörnchen lief, bis er es mit einer geübten Drehung des Handgelenks unter dem Spender wegnahm. Dann hatte Janes Mutter von der Hütte herübergewinkt, um ihr zu bedeuten, dass das Mittagessen fertig sei, und Jane hatte sich, über den Sand tanzend, auf den Weg gemacht.
    Er hatte seine Chance vertan.
    Später hatte sie diesen Job angenommen und war fortan immer in dem einen Haus auf der Klippe verschwunden. Von da an hatte er sie eigentlich nie mehr getroffen, außer an dem einen Abend, an den er bis heute nicht denken konnte, ohne ein tiefes Bedauern und eine übermächtige Sehnsucht nach dem zu empfinden, was hätte sein können – auch wenn es sicherlich sowieso nie dazu gekommen wäre. Nicht in einer Million Jahren. Und dann war sie nach London gezogen und erst Jahre später als Mrs. Milton zurückgekehrt, als es ohnehin viel zu spät war, denn mittlerweile war er längst mit Marie verheiratet.
    Roy seufzte. Selbst jetzt, wenn er die Augen ein wenig zusammenkniff und den Telefonmast auf dem Hügel in der Ferne ausblendete und sich einbildete, das seien die Beatles im Radio und nicht irgendeine zeitgenössische Boygroup, hatte sich hier eigentlich gar nicht so viel geändert. Der Horizont war gleich, das Meer blieb dasselbe, und er könnte immer noch dort drüben Eis verkaufen …
    Die Kinder der Lowes waren völlig aus dem Häuschen geraten, als ihr Vater die Hütte am Everdene Beach gekauft hatte. Seit einem halben Jahr waren ihre Eltern jedes Mal, wenn sie das Wochenende oder die Ferien am Meer verbrachten, zu der Hütte gegangen. Als ihr Vater ihnen schließlich einen ge waltigen Schlüssel präsentierte, an dem ein braunes Brettchen mit einer Eins baumelte, waren sie zunächst verwirrt gewesen. Doch plötzlich hatte Robert geschrien: »Eine Strandhütte! Er hat eine Strandhütte gekauft!« Und dann waren sie um die Wette über den Sand gerast, alle gleichzeitig angekommen und hatten sich um die Tür gedrängt.
    Die Hütte war so gemütlich eingerichtet wie ein Wohnwagen. Zwei Etagenbetten – Robert und Elsie mussten sich eine Koje teilen, Mum, Dad und Jane hatten jeder ein eigenes Bett. Niedliche kleine Schränke und ein Gaskocher. In einer Ecke waren Liegestühle ordentlich verstaut. Es gab ein Regal mit Haken für Tassen und Querstangen zum Aufhängen von Geschirrtüchern. Ein perfektes kleines zweites Zuhause. Sie verbrachten den ganzen Sommer dort, und ihr Vater kam sie an den Wochenenden besuchen.
    Es dauerte nicht lange, bis sie sich ein Leben ohne die Strandhütte gar nicht mehr vorstellen konnten. Bald fühlten sie sich richtig heimisch am Meer. Vom späten Frühling an, den ganzen Sommer über bis in den Herbst hinein, schwammen sie in den Wellen, kletterten in den Felsen herum und tollten über die Dünen, bewaffnet mit Fischernetzen, Eimern, Spaten und Butterbroten. Jetzt hatten sie endlich einen Ort, an dem sie all ihre Schätze verstecken, sich bei Regen verkrie chen und sich und ihre nassen Handtücher trocknen konnten. Und ihre Mutter konnte den ganzen Tag im Haus bleiben und das tun, was sie immer tat: herumwursteln, organi sieren, kochen und Briefe schreiben.
    Drei Jahre später
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