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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin
Autoren: Sonia Rossi
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sehen«, sagte Milan in flehendem Tonfall.
    »Ich sehe, was ich machen kann«, flüsterte ich, obwohl mir klar war, dass ich auf Biegen oder Brechen zu ihm gefahren wäre.
    »Seit wann trefft ihr euch auch sonntags in der Uni?«, fragte Ladja irritiert, als ich ihm eine Geschichte von einer neuen Projektgruppe auftischte, damit er mit Fynn daheimbleiben würde. Am Ende lenkte er ein.
    Ich traf Milan in der Wohnung von Mario, in der wir uns so viele Stunden geliebt, aber auch einfach nur herumgelegen und gequatscht hatten. Ich flog direkt in seine Arme und wir konnten einander kaum noch loslassen.
    »Ich will mich scheiden lassen«, sagte er. »Es hat mit Natalie gekracht, es hat keinen Sinn mehr.«
    Ich fühlte, wie das Blut aus meinem Kopf floss. »Ich glaube dir nicht«, sagte ich und versuchte, Ruhe zu bewahren.
    »Willst du mit mir leben?«, schlug Milan vor, als hätte er mich nicht gehört. »Wir können zusammen eine Wohnung mieten, Hauptsache, es weiß erst mal keiner davon. Ich will nicht so viel Tratsch im Kiez.«
    »Am Viktoria-Luise-Platz?«, flüsterte ich ihm ins Ohr. Ich hatte die verrückte Nacht drei Jahre zuvor nicht vergessen, in der wir total betrunken von unserer Zukunft geträumt hatten. Und nun sollte das Realität werden? Ich zog mich schnell aus, schmiss meine Klamotten auf den Boden und setzte mich auf Milan, der mit einer Zigarette in der Hand bereits nackt auf der Couch lag.
    Der Zweifel stieg in mir auf, als wir schon mittendrin waren. Ich löste mich aus seiner Umarmung und starrte ihn an.
    »Du würdest nie mit meinem Job klarkommen. Es kann nicht funktionieren«, sagte ich.
    »Dann hörst du einfach auf damit. Kannst du dir nicht vorstellen, nur mit mir zu schlafen?«, lautete seine Reaktion.
    Was soll das jetzt? dachte ich mir – dieses Gelaber von Treue, nachdem wir beide seit Jahren unsere Partner betrogen haben.
    »Wir müssen warten, bis du mit der Uni fertig bist«, fuhr Milan fort. »Dann hauen wir ab, lassen uns scheiden und ich heirate dich. Meinetwegen bekommen wir auch noch ein Kind zusammen, wenn du willst. Ich möchte irgendwo leben, wo es immer warm ist und der Alltag nicht so scheißhektisch ist wie hier. Ein Dorf in Südspanien, na, wie klingt das?«
    Das klang alles wunderbar. Aber seine Worte konnten meine Zweifel nicht verringern.
    Wir lagen immer noch aneinandergeschmiegt, als er mit seiner Frau telefonierte. Ich konnte ihre scharfen Worte hören, teilweise schrie sie regelrecht, und er atmete immer schneller, während ich mit meinem Kopf auf seiner Brust lag. Schneeregen fiel aus dem grauen Himmel, ein Novembersonntag in Deutschland. Irgendwann bekam ich eine SMS von Ladja, der Text lautete einfach » WO BIST DU , VERDAMMT ?????«. Er hatte offensichtlich ein paar Mal versucht, mich anzurufen.
    »Ich muss gehen. Ladja ist zu Hause allein mit dem Baby«, sagte ich, als Milan aufgelegt hatte.
    Er wirkte seltsam abwesend, dann nickte er kurz mit dem Kopf. »Ich muss das mit Natalie wieder hinkriegen. Ich will meine Familie nicht verlieren«, sagte er leise.
    »Musst du wissen.« Ich küsste ihn flüchtig zum Abschied, bevor ich die Wohnung verließ und zurück in mein altes Leben ging, von dem mir nun klar war, dass ich es noch eine Zeitlang weiterleben müsste. »Mach das Beste draus«, sagte ich zu mir selbst, als ich in die U-Bahn stieg.
    Im Januar verließ ich Shivas Massagesalon, der immer schlechter lief, und fing in einem Bordell in Reinickendorf an. Das große Thema unter den Mädchen war das neue Prostitutionsgesetz. Alle waren sauer auf das Finanzamt, das neuerdings eine Steuernummer von allen Frauen verlangte, um sie zu zwingen, Steuern zu zahlen. Es war vorgesehen, dass jede Hure pro Tag pauschal dreißig Euro an Steuern abführen sollte, und zwar trotz der Tatsache, dass in Berlin die Preise für Sex am niedrigsten waren und in vielen Bordellen ein Quickie gerade mal dreißig Euro kostete. »Einmal am Tag nur für die Steuerbehörde ficken – Frechheit«, lautete der häufigste Kommentar. Ein Gast mehr oder weniger macht auch keinen Unterschied, dachte ich. Ich rechnete im Kopf nach, mit wie vielen Männern ich in meinem Leben schon geschlafen hatte, und kam zu dem Schluss, dass es sicherlich mehr als tausend gewesen waren. Hin und wieder fragte ich mich, ob es nicht doch einfacher wäre, als studentische Hilfskraft an der Uni zu jobben, doch leider reichte die Bezahlung dafür nicht aus, um davon zu leben.
    Ich versuchte mittlerweile stets, die
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