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Fucking Berlin

Fucking Berlin

Titel: Fucking Berlin
Autoren: Sonia Rossi
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»Mach dir keine Sorgen, wir kommen schon klar«, sagte ich am Ende und legte auf. Mir war nach Weinen zumute, doch das Baby mit seinem friedlichen, runden Gesicht brachte mich auf andere Gedanken.
    »Mami macht das schon, es wird wieder alles gut«, flüsterte ich und berührte seine kleine Hand, bis Fynn mit den zarten Fingern meinen Daumen umklammerte.
    Am Ende blieb mir nichts anderes übrig, als Wolfgang anzurufen. Er war der Einzige, der mir Kohle geben würde, ohne mit mir ficken zu wollen, außerdem war ich seit einer Weile nicht mehr bei ihm gewesen und freute mich auf ein Wiedersehen.
    »Wie geht es dir und deinen ganzen Kerlen?«, begrüßte er mich am Telefon lachend. Im Hintergrund lief beschwingter Jazz. Trotz seiner prekären Gesundheit ließ er sich noch regelmäßig von seinen Mädchen besuchen, selbst wenn dabei selten etwas passierte.
    »Was würdest du davon halten, wenn ich mich in den nächsten Tagen bei dir blicken lasse? Du willst bestimmt das Baby sehen«, sagte ich. Er sollte nicht den Eindruck bekommen, dass ich dringend Kohle brauchte, dazu schämte ich mich zu sehr.
    »Ist doch eine prima Idee, Mensch, ich habe in ein paar Tagen Geburtstag, meine ganze Familie ist hier, du kannst gerne mit Phil kommen«, sagte er.
    »Fynn«, betonte ich. »Mein Sohn heißt Fynn.«
    So fuhr ich tatsächlich am übernächsten Tag zu Wolfgang nach Marzahn. Seine Familie war am Tisch versammelt, als ich reinkam. Ich wurde mit meinem echten Namen vorgestellt und alle begrüßten mich höflich. Sie wussten sicher, inwelcher Verbindung ich zu Wolfgang stand, trotzdem gab es keine blöden Kommentare. Sie stellten mir vielmehr Fragen zu meinem Studium und meinen beruflichen Plänen, als sei ich eine ganze normale Studentin. Sabine, seine Frau, machte gerade eine Umschulung im EDV -Bereich und wir quatschten über Computer und Programmiersprachen. Fynn schlief die ganze Zeit in seinem Kinderwagen-Korb und wurde von allen gehätschelt und bewundert.
    Wolfgang machte kein Geheimnis um seine jungen Bekanntschaften. Für ihn war seine Leidenschaft etwas, womit man angeben konnte. »Die anderen Männer in meinem Alter müssen sich mit faltigen Omas zufriedengeben – ich aber habe meine hübschen Freundinnen«, pflegte er immer zu sagen.
    »Fummeln wir ein anderes Mal, ich fühle mich noch nicht so gut«, sagte ich kurz bevor die Party zu Ende war. Er verstand das und wir gingen zurück in die Küche, wo ich drei Stück Käsekuchen in null Komma nichts verschlang. Von den zwanzig Cent, die ich noch übrig gehabt hatte, hatte ich mir zum Frühstück genau eine Schrippe kaufen können und mein Magen knurrte.
    Bevor ich seine Wohnung verließ, gab mir Wolfgang wortlos einen weißen Umschlag, darauf stand einfach nur »Sonia«. Drin war, wie immer, ein Hundert-Euro-Schein, wie frisch gedruckt. Ich fragte mich immer, ob er jedes Mal extra zur Bank lief, bevor ich ihn besuchte.
    Nach einem Monat war meine Babypause vorbei. Das Wintersemester fing an und ich besuchte regelmäßig die Vorlesungen. Zum Glück fanden die meisten Veranstaltungen am Vormittag oder am frühen Nachmittag statt, so dass ich nicht allzu spät nach Hause kam. Ladja saß währenddessen mit Fynn daheim und schien in der Vaterschaft eineneue Lebensaufgabe gefunden zu haben. Er wickelte das Kind und fütterte es mit der Flasche und erzählte stolz in unserem Bekanntenkreis, wie fürsorglich er sich um seinen Sohn kümmere. »Ein Musterbaby – schläft den ganzen Tag und weint nur, wenn er essen will«, verkündete er stets.
    Am Ende des Monats fing ich wieder an, in dem Massagesalon bei Shiva zu arbeiten. Trotz Erziehungsgeld, Kindergeld und Ladjas Stütze war unsere Haushaltskasse so knapp, dass ich mich dafür entschied, zwei Tage die Woche zu jobben.
    Ich hatte ein komisches Gefühl, als ich an einem Freitagnachmittag zum ersten Mal nach längerer Zeit wieder den Laden betrat. Ich war seit zwei Monaten nicht mehr dort gewesen, es war die längste Pause, seit ich angefangen hatte, im Rotlichtmilieu zu arbeiten. Ich saß in der Küche, quatschte mit den Frauen hauptsächlich über meinen Sohn und das Studium und fürchtete mich insgeheim vor dem ersten Zimmer. Es war ein bisschen wie vier Jahre zuvor, als ich im »Ekstase« in Neukölln das erste Mal für Geld meine körperlichen Dienste anbot.
    Mein erster Kunde blieb eine halbe Stunde bei mir. Während der Anfangsminuten stand ich schüchtern und verlegen vor ihm. Erst als er nackt vor mir stand, fand
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