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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus
Autoren: Bill - Bryson
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brach, etwa f ü nfundvierzig Meter hinaus in die Bucht. Ich hatte meine lebenden Stromatolithen gefunden. Flugs erklomm ich den Steg. Das Wasser war durchsichtig wie Glas und nur rund einen Meter tief.
    Stromatolithen sind nicht leicht zu beschreiben. Sie sind so primitiv, dass sie nicht einmal regelm äß ige Formen bilden wie zum Beispiel Kristalle. Stromatolithen blubbern einfach vor sich hin. N ä her an der K ü ste lagen sie in gro ß en, welligen Plattformen, die aussahen wie sehr alter Asphalt, weiter drau ß en in einzelnen Klumpen, die an sehr gro ß e Kuhfladen erinnerten oder vielleicht den Dung eines magenkranken Elefanten. In den meisten B ü chern steht, sie seien Keulen oder Blumenkohl oder sogar s ä ulenf ö rmig. Doch es sind amorphe, stumpfe grauschwarze Brocken.
    Man muss sofort zugeben, dass ein Stromatolithen- gebilde ein weder h ü bscher noch beeindruckender Anblick ist, und ich wette, wenn Sie zum ersten Mal einen Stock lebender Stromatolithen sehen, sagen Sie in dem vagen, nachdenklichen, vorsichtig zustimmenden Ton » Hm « , als wenn man Ihnen ein Kanapee serviert h ä tte, das besser schmeckt, als es aussieht, aber nicht so gut, dass Sie sofort oder ü berhaupt noch ein zweites wollen. » Hm, na jaaa « , besagt der Ton.
    Aufregend ist also nicht das Ä u ß ere der Stromatolithen, sondern das, was man von ihnen wei ß , und da sind sie einzigartig. Diese lebendigen, ruhig t ä tigen Steine sind n ä mlich Abkommen der allerersten Organismen, die je auf Erden existierten. Man erlebt die Welt, wie sie vor dreieinhalb Milliarden Jahren war - mehr als drei Viertel des Weges zur ü ck zum Augenblick ihrer Entstehung. Wenn das kein aufregender Gedanke ist, dann wei ß ich's auch nicht. » Es ist eine wahrhafte Zeitreise, und wenn die Welt ihre wirklichen Wunder anerkennen w ü rde, w ä re diese St ä tte so ber ü hmt wie die Pyramiden von Gizeh « , schreibt der bereits erw ä hnte Pal ä ontologe Richard Fortey. Recht hat er.
    Stromatolithen sind Korallen insoweit sehr ä hnlich, als sich ihr gesamtes Leben an der Oberfl ä che abspielt und das, was man sieht, im Gro ß en und Ganzen die tote Masse fr ü herer Generationen ist. Wenn man genau hinschaut, bemerkt man manchmal, wie winzige Sauerstoffbl ä schen hintereinander von den Gebilden aufsteigen. Das ist das einzige Kunstst ü ck, das die Stromatolithen drauf haben, und so umwerfend ist es nicht. Doch es ist das, was das Leben, wie wir es kennen, erst m ö glich gemacht hat. Die Bl ä schen werden von primitiven, algen ä hnlichen Mikroorganismen, so genannten Cyanobakterien, produziert, die auf der Oberfl ä che des Stocks leben. (Weit mehr als drei Milliarden pro Quadratmeter, um Ihnen das Z ä hlen zu ersparen.) Jede Bakterie f ä ngt ein Kohlendioxid-Molek ü l und ein winziges bisschen Energie von der Sonne ein und h ä lt sich mit der Verbindung beider bescheiden am Leben. Das Abfallprodukt dieses sehr simplen Prozesses ist ein ganz schwacher Hauch Sauerstoff. Wenn aber genug Stromatolithen ü ber eine ausreichend lange Zeitspanne vor sich hinblubbern, ja, dann k ö nnen sie die Welt ver ä ndern.
    Zwei Milliarden Jahre lang waren sie das einzige Leben auf Erden, doch in der Zeit trieben sie den Sauerstoffpegel in der Atmosph ä re um zwanzig Prozent in die H ö he, so sehr, dass sich auch andere, komplexere Lebensformen entwickeln konnten: ich zum Beispiel. Ich war richtig dankbar.
    Da bei dem chemischen Prozess die winzigen Zellen ein wenig klebrig werden, bleiben Staubk ö rnchen und andere Sedimente an ihnen haften, werden hart und wachsen langsam zu solchen Felsen heran, wie ich sie nun anschaute. Die Stromatolithen gedeihen hier weniger, weil die Bedingungen besonders g ü nstig sind, als vielmehr, weil sie so ung ü nstig f ü r andere Lebewesen sind. Woanders w ü rden sie entweder von st ä rkeren Str ö mungen weggesp ü lt oder gefressen werden. Da in dem bitteren Salzwasser hier jedoch sonst nichts ü berlebt, kann auch nichts die Stromatolithen wegfuttern.
    Dass sie das Leben auf Erden entstehen lie ß en, dann selbst zu Nahrung und vollst ä ndig aufgefressen wurden, entbehrt nat ü rlich nicht einer gewissen Ironie. Etwas Ä hnliches passierte mir jetzt, als ich dastand und das kristallklare Wasser betrachtete. Ich h ö rte, wie die Senioren aus den Bussen langsam n ä her kamen und ein paar Minuten sp ä ter die R ü stigeren unter ihnen den Holzsteg erreichten. Eine Frau mit einem Miami Dolphins- Augenschirm
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