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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus
Autoren: Bill - Bryson
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brauchten. Der wichtigste Grund dafür, dass es ständig übersehen wird, scheint mir jedoch darin zu liegen, dass es sich nie daneben benimmt. Die politischen Verhältnisse sind stabil, die Leute friedlich und gut. Australien kennt keine Staatsstreiche, überfischt nicht rücksichtslos die Weltmeere, verkauft keine Waffen an fiese Despoten, baut nicht in frechen Mengen Koka an oder führt sich in nassforscher oder sonst wie ungebührlicher Weise auf. Doch selbst all dessen eingedenk, ist unsere Ignoranz gegenüber dem, was dort passiert, schwer zu erklären. Wie Sie sich denken können, ist sie vor allem in den Vereinigten Staaten verbreitet. Kurz bevor ich zu meiner Reise aufbrach, ging ich in die Stadtbücherei meines Heimatorts Hanover, New Hampshire, und schaute Australien im New York Times Index nach. Ich wollte sehen, wie viel Aufmerksamkeit es in den letzten Jahren in meinem Heimatland erregt hatte. Nur weil der Band von 1997 aufgeschlagen auf dem Tisch lag, begann ich mit diesem Jahr. Über das ganze Spektrum möglicher Interessengebiete verteilt - Politik, Sport, Reise, die anstehenden Olympischen Spiele in Sydney, Essen und Trinken, die schönen Künste, Nachrufe und dergleichen -, hatte die New York Times 1997 zwanzig Artikel gebracht, die sich überwiegend oder ausschließlich mit australischen Angelegenheiten beschäftigten. Nur zum Vergleich: Im selben Zeitraum gab es einhundertundzwanzig Beiträge über Peru, etwa einhundertundfünfzig über Albanien und Kambodscha, jeweils mehr als dreihundert über Nord- und Südkorea und weit über fünfhundert über Israel. Alles in allem war Australien gleichauf mit Weißrussland und Burundi. Mehr zu lesen gab es selbst über Themen wie Freiluftballons und deren Fahrer, die Scientology-Kirche, Hunde (ausgenommen Hundeschlitten-Fähren) und über Pamela Harriman, die Ex-Botschafterin und Partylöwin, deren Ableben im Februar 1997 offenbar eine Katastrophe darstellte, die zweiundzwanzigmal in der Times erwähnt werden musste. Grob gesagt, war Australien den Amerikanern 1997 unwesentlich wichtiger als Bananen, aber bei weitem nicht so wichtig wie Speiseeis.
    Und dabei war 1997 sogar noch ein gutes Jahr für Nachrichten aus dem fünften Kontinent. 1996 war er Thema in gerade einmal neun Berichten und 1998 nur in sechs. Anderswo auf dem Globus schreibt man vielleicht häufiger über ihn - aber das liest doch keiner! (Bitte alle melden, die erstens den derzeitigen australischen Premierminister nennen können und zweitens wissen, in welchem Bundesstaat Melbourne liegt, oder überhaupt eine Frage zu Australien beantworten können, die nichts mit Cricket, Rugby oder Mel Gibson zu tun hat.) Die Australier hassen es, dass die Welt sie so wenig beachtet, und das kann ich gut verstehen. Denn es ist ein Land, in dem interessante Dinge passieren. Am laufenden Band!
    Bester Beweis dafür ist eine der Geschichten, die es 1997 in die New York Times schaffte, wenn auch unter die Rubrik »Vermischtes«. Im Januar ebendieses Jahres, schreibt der Times-Reporter, untersuchten Wissenschaftler ernsthaft, ob das mysteriöse Erdgrummeln im äußersten australischen Outback vier Jahre zuvor tatsächlich die Explosion einer Atombombe gewesen war, die Mitglieder der japanischen Weltuntergangssekte Aum Shinrikyo gezündet hatten. Um dreiundzwanzig Uhr drei (Ortszeit) des achtundzwanzigsten Mai 1993 zuckten und kritzelten nämlich in der gesamten Pazifikregion die Nadeln der Seismografen los, nachdem es in der Nähe des Ortes Banjawarn Station in der Großen Victoriawüste in Westaustralien offenbar heftig gebebt hatte. Ein paar Fernfahrer und Prospektoren, das heißt, Leute, die Öl und sonstige Bodenschätze suchen, im Grunde die einzigen Menschen, die sich in dieser einsamen Weite aufhalten, berichteten, dass sie plötzlich einen Blitz am Himmel gesehen und das Donnern einer mächtigen, doch sehr entfernten Detonation gehört beziehungsweise gespürt hätten. Einem war in seinem Zelt eine Dose Bier vom Tisch gehüpft.
    Man fand keine eindeutige Ursache. Die seismogra- fischen Aufzeichnungen hatten ein anderes Profil als die eines Erdbebens oder einer Explosion in einem Bergwerk, wobei die Druckwelle ohnehin einhundertundsiebzigmal stärker war als die der heftigsten Bergwerksexplosion, die je in Westaustralien registriert wurde. Die Aufzeichnungen passten eher zu einem großen Meteoriteneinschlag, doch der hätte einen Krater von mehreren hundert Metern Durchmesser schlagen müssen, und
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