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Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus
Autoren: Bill - Bryson
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einen solchen Krater fand man nicht. Letztendlich zerbrachen sich die Wissenschaftler ein, zwei Tage lang den Kopf und legten das Ganze dann als unerklärliche Kuriosität ad acta. So was passierte eben von Zeit zu Zeit, 1995 allerdings erlangte die Aum-Sekte jäh traurige Berühmtheit, als sie in der Tokioter U-Bahn in großzügigen Mengen das Nervengas Sarin versprühte und zwölf Menschen starben. Bei den nachfolgenden Ermittlungen fand man heraus, dass die Sekte über beträchtlichen Landbesitz verfügte, unter anderem auch über ein Fünfhunderttausend-MorgenWüsten-Areal in Westaustralien unweit der Stelle, an der sich das mysteriöse Beben zugetragen hatte. Die Behörden entdeckten dort ein ungewöhnlich gut ausgestattetes Speziallabor sowie den Beweis, dass die Sektenmitglieder Uran gefördert hatten. Unabhängig davon wurde bekannt, dass die Sekte zwei Atomwissenschaftler aus der früheren Sowjetunion in ihre Reihen rekrutiert hatte. Da das erklärte Ziel der Gruppe die Zerstörung der Welt ist, hat es den Anschein, als sei der Zwischenfall in der Wüste eine Trockenübung dafür gewesen, Tokio in die Luft zu jagen.
    Sie verstehen nat ü rlich, worauf ich hinaus will. Australien ist ein Land, das Premierminister verliert und so riesig und d ü nn besiedelt ist, dass ein Trupp enthusiastischer Laien in der W ü ste die erste Nichtregierungsatombombe der Welt z ü nden kann und fast vier Jahre vergehen, bis es jemand merkt. Klar, dieses Land musste ich kennen lernen!
    Aber weil wir so wenig ü ber es wissen, sind vielleicht ein paar Vorbemerkungen angebracht.
    Australien ist das sechstgr öß te Land der Erde und die gr öß te Insel. Es ist die einzige Insel, die auch ein Kontinent ist, und der einzige Kontinent, der auch ein Land ist. Es ist der erste und der letzte Kontinent, der vom Meer aus erobert wurde. Es ist die einzige Nation, die als Gef ä ngnis angefangen hat.
    Es ist die Heimat des gr öß ten lebenden Wesens auf Erden, des Great Barrier Reef, und des ber ü hmtesten und eindrucksvollsten Monolithen, des Ayers Rock oder Uluru, um den nun offiziellen, respektvolleren Aborigine- Namen zu benutzen. Es gibt dort mehr Lebewesen, die einen umbringen k ö nnen, als irgendwo sonst. Die zehn giftigsten Schlangen leben alle in Australien. F ü nf seiner tierischen Bewohner - die Trichterspinne, die W ü rfelqualle, die Blauringkrake, der Steinfisch und eine bestimmte Zeckenart - sind t ö dlich f ü r den Menschen. In diesem Land k ö nnen selbst die flauschigsten Raupen Sie mit einem giftigen Kniepen au ß er Gefecht setzen, und Muscheln pieksen hier nicht nur, sondern attackieren Sie manchmal sogar. Heben Sie an einem Strand in Queensland zuf ä llig eine harmlose Kegelschnecke auf, wie das unschuldige Touristen ja gern tun, dann werden Sie erleben, dass der kleine Racker darin nicht nur erstaunlich fix und unwirsch reagiert, sondern auch ü beraus giftig ist. Wenn Sie aber nicht pl ö tzlich und unerwartet zu Tode gestochen oder gespie ß t werden, werden Sie vielleicht von Haien oder Krokodilen gefressen, von t ü ckischen Meeresstr ö mungen hilflos zappelnd in den Ozean hinausgetragen, oder Sie taumeln mutterseelenallein im br ü tend hei ß en Outback in einen kl ä glichen Tod. Ein hartes Land.
    Und alt. Seit sechzig Millionen Jahren, seit Bildung der Great Dividing Range hat sich Australien geologisch praktisch nicht ver ä ndert und konnte dadurch viele der ä ltesten Dinge bewahren, die man je auf Erden fand, die ur ä ltesten Felsen und Fossilien, die fr ü hesten Tierspuren und Flussbetten, ja, die ersten schwachen Zeichen des Lebens selbst. Und zu einem unbestimmten Zeitpunkt in Australiens unendlich langer Vergangenheit - vielleicht vor f ü nfundvierzigtausend, vielleicht vor sechzigtausend Jahren, aber ganz gewiss, bevor es moderne menschliche Wesen in Nord- und S ü damerika oder Europa gab - drang heimlich, still und leise ein zutiefst r ä tselhaftes Volk ein, die Aborigines. Sie weisen keine eindeutige rassische oder sprachliche Verwandtschaft mit den V ö lkern im umliegenden asiatischen Raum auf, und eigentlich ist ihre Anwesenheit auf dem Kontinent nur dann plausibel, wenn man annimmt, dass sie mindestens drei ß igtausend Jahre vor allen anderen Menschen hochseet ü chtige Schiffe ersannen, bauten, sich auf einen Exodus begaben und dann fast alles, was sie gelernt hatten, verga ß en oder sich nicht mehr daf ü r interessierten, ja sich ü berhaupt kaum noch mit dem offenen Meer
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