Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Frühstück mit Kängurus

Titel: Frühstück mit Kängurus
Autoren: Bill - Bryson
Vom Netzwerk:
vorstellen, als er sah, wie ü ber einen Eukalyptusbaumstumpf eine propere Marschkolonne ebender Nothomyrmecia krabbelte.
    Bedenken Sie, wie die Chancen daf ü r standen. Taylor und seine Kollegen waren achthundert Meilen von der Stelle entfernt, wo sie suchen wollten. Auf den fast drei Millionen Quadratmeilen W ü ste, aus denen Australien besteht, hatte ein Mann gerade eines der seltensten, am meisten gesuchten Insekten der Erde gefunden und erkannt - ein Insekt, das nur einmal, und zwar ein halbes Jahrhundert zuvor, lebend gesichtet worden war. Und das alles nur, weil zuf ä llig an der Stelle ein Auto einen Motorschaden gehabt hatte. Die Nothomyrmecia ist im Ü brigen bis zum heutigen Tage nicht mehr an dem urspr ü nglichen Fundort entdeckt worden.
    Ich bin sicher, Sie wissen wieder ganz genau, worauf ich hinaus will. Dieses Land ist gleichzeitig atemberaubend leer und voll gepackt mit Zeugs. Interessantem Zeugs, uraltem Zeugs, Zeugs, das man nicht auf Anhieb versteht. Zeugs, das man sogar noch finden muss.
    Glauben Sie mir, es ist ein interessantes Land.
     
II
     
    Jedes Mal, wenn man von Nordamerika nach Australien fliegt und die internationale Datumsgrenze überquert, kriegt man einen Tag abgezwackt - ohne dass einen auch nur irgendjemand fragt, wie man das findet. Ich verließ Los Angeles am dritten Januar und kam vierzehn Stunden später am fünften Januar in Sydney an. Für mich hatte es keinen vierten Januar gegeben. Absolut keinen. Wo genau er sich hin verkrümelt hatte, weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich offenbar für einen Zeitraum von vierundzwanzig Stunden in der Weltgeschichte nicht existiert hatte.
    Ich finde das ein wenig gespenstisch. Will sagen: Wenn Sie Ihre Reiseunterlagen durchbl ä ttern und eine Bemerkung folgenden Wortlauts l ä sen: » Wir m ö chten unsere Flugg ä ste darauf aufmerksam machen, dass bei einigen Fl ü gen ein vierundzwanzigst ü ndiger Existenzverlust eintreten kann « (Es w ä re nat ü rlich so formuliert, als geschehe es nur ab und zu.), w ü rden Sie doch sicher am liebsten jemanden von der Fluggesellschaft energisch am Ä rmel packen und » Moment mal « sagen.
    Andererseits liegt ein gewisser metaphysischer Trost in dem Wissen, dass man aufh ö ren kann, in materieller Form zu existieren, und dass es gar nicht wehtut, und man muss auch anstandshalber sagen, dass sie einem den Tag wiedergeben, wenn man auf dem R ü ckflug die Datumsgrenze in umgekehrter Richtung ü berfliegt und es dadurch irgendwie schafft, in Los Angeles anzukommen, bevor man Sydney verlassen hat, was auf seine Art nat ü rlich ein noch pfiffigeres Kunstst ü ck ist.
    Ich verstehe ja in etwa, worum es hier geht. Ich sehe ein, dass es eine gedachte Grenze geben muss, an der ein Tag endet und ein neuer beginnt, und dass notwendigerweise etwas Merkw ü rdiges mit der Zeit passiert, wenn man diese Grenze ü berschreitet. Trotzdem bleibt die Tatsache bestehen, dass man auf jedem Trip zwischen Amerika und Australien eine Erfahrung macht, die unter allen anderen Bedingungen eine schiere Unm ö glichkeit w ä re: Denn wie hart man auch trainiert oder sich konzentriert oder Kalorien z ä hlt; egal, wie viel Schritte man auf dem Stepper macht, man wird nie so fit, dass man vierundzwanzig Stunden lang keinen Raum beansprucht.
    Man hat also schon, wenn man in Australien landet, ein gewisses Gef ü hl, etwas geleistet zu haben - mit Freude und Genugtuung stellt man fest, dass man aus dem Flughafengeb ä ude in den blendenden australischen Sonnenschein tritt und all die vielen Atome, von denen man eben noch nicht wusste, wie und wohin sie verschwunden waren, beinahe normal wieder zusammengef ü gt sind (au ß er circa einem halben Pfund Gehirnmasse, die man beim Ansehen eines Bruce-WillisActionfilms verloren hat). Unter diesen Umst ä nden ist man nat ü rlich froh, ü berhaupt irgendwo angekommen zu sein; dass es Australien ist, ist dann noch besonders sch ö n.
    Gleich hier m ö chte ich betonen, dass ich Australien liebe - ü ber alle Ma ß en - und jedes Mal, wenn ich es sehe, von neuem hingerissen bin. Eben deshalb, weil man es so wenig beachtet, ist man bei der Ankunft immer wieder auf h ö chst angenehme Weise ü berrascht. Eigentlich erwartet man ja nach einer so weiten Anreise, zuallermindest Menschen auf Kamelen vorzufinden. Auf den Stra ß en- und Ladenschildern sollten unentzifferbare Buchstaben stehen und dunkelh ä utige M ä nner in langen Gew ä ndern aus fingerhutgro ß en T ä sschen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher