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Der Kuss Im Kristall

Der Kuss Im Kristall

Titel: Der Kuss Im Kristall
Autoren: Gail Ranstrom
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PROLOG
    London, 3. Dezember 1818
    „Tot? Madame Zoe ist tot?“
    Alethea Lovejoy nickte und lief im Salon ihrer Tante Grace Forbush hin und her. Sie spürte einen Kloß in der Kehle. Es würde noch schlimmer kommen, aber das wusste die Mittwochsliga noch nicht, jene Gruppe unerschrockener Damen, die im Geheimen um Gerechtigkeit für Frauen kämpfte, die schlecht behandelt wurden.
    „Wann?“, fragte Annica Sinclair, Lady Auberville, blinzelte mit ihren dunkelgrünen Augen und stellte ihre Teetasse ab.
    „Gestern Morgen. Ich bin nicht sicher, wie lange sie schon dalag, aber dann wurde sie gefunden. Sie – sie …“ Alethea hielt inne, um sich gegen den Schmerz zu wappnen. Sie durfte ihrem Kummer nicht nachgeben. Sie musste sich zusammennehmen, sonst würde sie nicht mehr aufhören können zu weinen.
    „Setz dich, Liebes“, sagte ihre Tante Grace und wartete, bis die Nichte sich auf eine Stuhlkante gehockt hatte, ehe sie das Wort ergriff. „Madame Zoe war noch am Leben, als Alethea in ihrem Salon über dem ‚La Meilleure Robe‘ erschien. Sie tat ihren letzten Atemzug in ihren Armen. Dann eilte Alethea nach unten zu Madame Marie, und Marie, die wusste, dass Alethea meine Nichte ist, schickte mir eine Nachricht.“
    „Wie entsetzlich für dich, Alethea“, stieß Lady Sarah Travis hervor. „War sie denn krank?“
    „Es war Mord“, erklärte Alethea. „An der Schläfe und am Bauch hatte sie Wunden, die stark bluteten, und ich sah auch Blutergüsse am Hals. Der Angreifer muss sie für tot gehalten haben, als er ging.“
    Charity Wardlows Tasse klirrte auf der Untertasse. Daher stellte sie beides schnell hin, ehe sie etwas verschütten konnte. „Mir wird immer ganz komisch, wenn irgendwo ein Mord geschieht. Wenn ich mir nur ausmale, welches Gerede das wieder verursachen wird! Die bekannteste Wahrsagerin des ton – gestorben durch die Hand eines Mörders!“
    „Der ton muss davon nichts erfahren, Charity. Jedenfalls jetzt noch nicht“, sagte Grace.
    „Aber die Konstabler werden …“
    Grace schüttelte den Kopf. „Man wird nichts davon berichten. Wir haben es ihnen nicht gemeldet. Alle hielten Madame Zoe für eine französische Immigrantin – eine Frau, die am Rande der Gesellschaft lebte und nicht weiter wichtig war. Und das zu glauben ist besser als die Wahrheit.“
    „Was ist die Wahrheit?“, fragte Lady Annica und beugte sich vor.
    Grace zögerte nur einen Moment, ehe sie antwortete: „Dass Madame Zoe eine englische Adlige war, die sich ihren Lebensunterhalt verdienen, ihre Identität jedoch verbergen musste, um ihrer Familie die Schande zu ersparen.“
    Alethea errötete ein wenig. Wie peinlich es doch war, die sprichwörtliche „arme Verwandte“ zu sein. Und welch ein Skandal, dass die Familie davon lebte, den ton zu beschwindeln!
    „Du kanntest sie? Persönlich?“, fragte Sarah.
    „Sie hieß Henrietta Lovejoy“, erklärte Grace. „Aletheas unverheiratete Tante väterlicherseits.“
    Bis sie diese Worte ausgesprochen hörte, war es Alethea gelungen, die Endgültigkeit der Ereignisse zu leugnen. Tante Henrietta war fort. Gestorben. Getötet. Heimlich beerdigt in einem Klostergarten. Alethea spürte, dass die Blicke aller auf sie gerichtet waren. Der Verlust trieb ihr die Tränen in die Augen. Energisch räusperte sie sich. Später. Mit dem Schmerz würde sie sich später abgeben.
    „Wie schrecklich für dich, Alethea, und für dich auch, Grace.“ Annica erhob sich und umarmte beide Frauen herzlich. „Aber wenn ihr nicht die Behörden verständigt …“ Die Frage schien in der Luft zu schweben.
    „Wir warteten, bis es dunkel wurde, dann mieteten wir eine Kutsche und brachten Henriettas Leich… – ihre sterblichen Überreste zu den Nonnen nach St. Ann’s. Unter dem Namen einer Nonne wurden sie heute Morgen mit allem Respekt begraben“, erklärte Grace. „Nur Alethea und ich waren anwesend.“
    Charity schlug die Beine übereinander.„Was ist mit ihren Freunden und ihrer Familie? Sie werden sich nach ihr erkundigen.“
    „Ich fürchte nicht, Charity“, entgegnete Grace und seufzte ein wenig. „Henrietta bewegte sich nicht in den Kreisen der Londoner Gesellschaft, und der Kontakt zu ihren Freunden in Wiltshire ist schon vor langer Zeit abgebrochen. Sie glaubte, nur so könnte sie ihre Anonymität als Madame Zoe aufrechterhalten. Fünf Jahre lebte sie nun schon als Wahrsagerin, und nur Madame Marie, Alethea und ich kannten ihre wahre Identität. Selbst Bennett und Dianthe wissen
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