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Die Reise der Jona

Die Reise der Jona

Titel: Die Reise der Jona
Autoren: David Gerrold
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Draußen.
    Die ewige Grenze.
    Nicht die Dunkelheit kriegt dich. Auch nicht die Einsamkeit. Es ist die Leere. Die unbegreifliche, endlose Leere, die dich von innen heraus in den Wahnsinn treibt.
    Sie nagt in dir, beständig, unaufhaltsam, bedrückend, bis du dich fühlst, als müßtest du jeden Augenblick implodieren. Du kannst sie nicht schmecken. Du kannst sie nicht berühren. Aber du spürst sie, ununterbrochen, so nah – nur die Schotten trennen dich von ihr.
    Du weißt: Eines Tages wirst du die Luftschleuse öffnen und hinausgehen und ihr von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten. Du weißt, du wirst es tun, obwohl dir vollkommen klar ist, daß es dein Tod sein wird. Ganz sicher. Aber du hast keinen freien Willen, nicht in dieser Sache; die Frage ist nur, wann? Und wie? Eines Tages wirst du der Ungewißheit nicht länger widerstehen können, und nackt wirst du aus der Schleuse treten, um dieses unerklärliche, unbegreifliche Ding zu treffen, das nicht existiert und nicht geschmeckt, gesehen, oder berührt werden kann: diese Existenz, die der Inbegriff aller Nichtexistenz ist.
    Das ist der Keim, aus dem der Wahnsinn sprießt, aus dem er gedeihlich wächst: Das Wissen, daß dort draußen das Unerklärliche, Unbegreifliche, Unverständliche existiert. Es fordert Erklärung, aber der menschliche Verstand ist unfähig, dieses Konzept von Existenz ohne Form oder Substanz zu erklären. Menschlicher Verstand kann sich eine Idee nicht vorstellen, kann sie nicht verstehen, kann sie nicht erfassen; eine Idee, die größer ist als er selbst – und im Angesicht von Möglichkeiten, die größer sind als die Konzepte von Konzepten, quält er sich in ewigem Nichtbegreifen.
    Der Verstand kann die Leere nicht erklären, genausowenig wie er Ewigkeit erklärt. Vollkommene Leere. Endlose Unendlichkeit. Keines von beiden kann begreifbar gemacht werden, keines findet im Bewußtsein des Menschen Raum. Und wenn die beiden erschütternden Wahrheiten sich auch noch vermischen – unendliche Leere oder leere Unendlichkeit – dann strandet der Verstand an den Klippen von Konfusion und Verzweiflung. Der menschliche Geist taumelt angesichts dieser Erfahrung; betäubt, entsetzt, hingerissen, verwandelt: Es ist wunderschön. Es ist grauenhaft. Es ist, als blicke man in das Antlitz Gottes.
    Danach bist du nicht mehr die gleiche Person.
    Dein Körper, dein Ausdruck, dein gesamtes Denken und Fühlen sind von der Erfahrung des Weltalls verwandelt. Die Art wie du dich bewegst, wie du denkst, wie du fühlst. Niemand, der jemals nackt vor der juwelenfunkelnden Schwärze der Nacht gestanden hat, wird je wieder von ihrem Terror und ihrer Macht frei sein.
    Und selbst das alles ist nur eine Andeutung der grandiosen Schrecklichkeit des Hyperraums.
    - W. Ilma Meier
›Tod und Verwandlung im All‹

 
Der Seidenstraßenkonvoi
     
     
    Der Seidenstraßenkonvoi war schon beinahe dreihundert Jahre alt.
    Sein Weg ähnelte grob einer gebogenen, gestauchten, sich windenden, mäandernden, ungleichmäßigen Ellipse, führt entlang der Kante des Abgrunds und über sie hinaus, und dann von dort wieder zurück.
    Bei genauerer Betrachtung der Route wurde deutlich, daß die Spur des Konvois eigentlich eine Serie verschlungener kleinerer Bögen bildete, die sich durch den galaktischen Spiralarm wanden, bevor sie zögerlich hinausführten in den Abgrund des großen Grabens. Es gab nur je einen einzigen planmäßigen Haltepunkt bei den einsamen Welten von Marathon, Ghastly und George, bevor die Route über den Great Leap und hinüber in den Trichter des geisterhaften Bandes auf der gegenüberliegenden Seite führte, das unter dem Namen Purse bekannt ist. Anschließend wand sie sich in weitem Bogen um The Outbeyond herum in Richtung des Silver Horn, bevor sie wieder auf Gegenkurs ging, mit einem großen Satz über die Narrows und hinunter in das Tal des Todes bis zum Finsteren Herzen, wo sie einen Haken in Richtung des Sterns schlug, der von seinen Bewohnern Last Hope genannt wurde, um sich dann – endlich wieder! –, über die goldene Welt Gloria hinweggleitend, auf den Langen Weg nach Hause zu machen.
    Der Seidenstraßenkonvoi war die älteste aller Karawanen auf der Strecke. Nicht die größte Flotte nach Schiffen, aber definitiv die reichste und prestigeträchtigste.
    Der Konvoi reiste auf den Spuren eines alten Forschungsschiffes. Kolonien waren dem Schiff gefolgt. Händler waren den Kolonien gefolgt. Im Lauf der Jahrhunderte blühten die Geschäfte auf, und die
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