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Frostkuss

Frostkuss

Titel: Frostkuss
Autoren: Jennifer Estep
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Mythos-Schüler auszunutzen. Anscheinend hatten die Götter und Göttinnen ihre mythologischen Krieger in der Vorzeit alle mit Säcken voller Gold, Silber und Juwelen belohnt, und die verschiedensten Nachkommen dieser Krieger hatten sich um das Geld gekümmert und es über die Jahre vermehrt. Das war der Grund, warum alle Kinder auf der Akademie so reich waren.
    Ich wartete auf eine Lücke im Verkehr, überquerte die Fahrspuren und ging zu der Bushaltestelle am Ende der Straße. Ich musste nur fünf Minuten warten, dann rumpelte der Bus auf seiner nachmittäglichen Route vorbei, um Touristen und jeden anderen, der Cypress Mountain verlassen wollte, in die Stadt zu bringen. Zwanzig Minuten und mehrere Kilometer später stieg ich in einem Viertel aus, das nur ein paar Straßen von Ashevilles schicker Innenstadt mit ihren Antiquitätenläden und Restaurants trennte.
    Wenn Cypress Mountain eine abgefahrene Version vom Olymp war, vollgestopft mit den ganzen reichen Krieger-Checkern, dann war Asheville definitiv der Ort, an dem die ärmeren Sterblichen lebten. Hier säumten ältere, schon ein wenig verwitterte Häuser die Straßen, überwiegend zwei- oder dreistöckige Gebäude, die in Wohnungen aufgeteilt worden waren. Grandma Frost hatte ihr gesamtes Leben im selben Haus verbracht, und meine Mom und ich hatten nur ein paar Kilometer entfernt in einem von Ashevilles moderneren, aber bescheidenen Vierteln gewohnt. Zumindest hatte ich nicht durchs halbe Land umziehen müssen oder so was, um nach Mythos zu gehen. Ich glaube nicht, dass ich es überlebt hätte, so weit von Grandma Frost entfernt zu leben. Sie war die einzige Familie, die ich nach dem Tod meiner Mom noch hatte. Mein Dad, Tyr, war an Krebs gestorben, als ich zwei war, und ich hatte keinerlei Erinnerung an ihn. Da waren nur die verblassten Fotos, die meine Mom mir gezeigt hatte.
    Ich wanderte ans Ende des Blocks und hüpfte die grauen Betonstufen zu einem zweistöckigen Haus hinauf, das in fahlem Lavendelblau gestrichen war. Ein kleines Schild neben der Eingangstür verkündete: Hellseherei hier.
    Ich öffnete die Fliegentür, dann schloss ich mit meinem Schlüssel die eigentliche Eingangstür auf. Als ich in den Flur trat, war die schwere, schwarz lackierte Tür zu meiner Rechten geschlossen. Dahinter hörte ich das Murmeln von Stimmen. Grandma Frost schien gerade jemandem die Zukunft vorauszusagen. Grandma nutzte ihre Gypsygabe, um zusätzliches Geld zu verdienen, genau wie ich es tat.
    Ich ging den Flur entlang, der sich quer durchs Haus zog, und bog schließlich nach links in die Küche ab. Anders als der Rest des Hauses mit seinen dunklen Holzverkleidungen und dem tristen grauen Teppich war die Küche weiß gefliest und hatte himmelblau gestrichene Wände. Ich warf meine Tasche auf den Tisch und holte den Hunderter aus der Jeanstasche, den Carson Callahan mir gegeben hatte. Dann stopfte ich das Geld in eine Dose, die aussah wie ein riesiger Schokoladenkeks. Sie hatte große Ähnlichkeit mit der Dose in meiner Tasche.
    Seit ich auf die Mythos Academy ging, gab ich Grandma Frost immer die Hälfte des Geldes, das ich verdiente. Sicher, meine Grandma hatte genug eigenes Geld, mehr als genug, um uns beide über Wasser zu halten. Aber ich half gerne ein wenig aus, besonders seit meine Mom nicht mehr da war. Außerdem gab es mir das Gefühl, etwas Sinnvolles mit meiner Gypsygabe zu tun, abgesehen davon, die verlorenen BHs von Mädchen zu finden, die es hätten besser wissen müssen, als sie überhaupt erst auszuziehen.
    Ich betrachtete die restlichen Scheine in der Dose. Grandma hatte mit ihrer Wahrsagerei offensichtlich eine gute Woche gehabt. Ich entdeckte zwei weitere Hunderter, zusammen mit ein paar Fünfzigern und einigen Zwanzigern.
    Die Stimmen im anderen Raum murmelten immer noch, also stürzte ich mich auf den Kühlschrank. Ich machte mir ein Tomatensandwich mit Salz, Pfeffer und ein wenig Dill. Dann vollendete ich das Werk mit einer dicken Scheibe scharfem Cheddarkäse und einer Lage cremiger Mayonnaise. Das alles packte ich auf eine Scheibe von meinem geliebten malzigen Sauerteigbrot. Zum Nachtisch schnitt ich mir ein Stück von dem süßen, luftigen Kürbiskuchen ab, den Grandma in den Kühlschrank gestellt hatte. Ich leckte die Reste der Quarkfüllung vom Messer. Hmmm. So lecker.
    Alle Frost-Frauen waren, neben ihren Gypsygaben, auch schreckliche Schleckermäuler. Ehrlich, wenn irgendwo Zucker oder Schokolade drin war (bevorzugt beides), verschlangen
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