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Frevelopfer

Frevelopfer

Titel: Frevelopfer
Autoren: Arnaldur Indriðason
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das Zeug?«
    »Nicht wieder schneiden. Es ist vorn in meiner Jackentasche.«
    »Her damit.«
    Valdimar schob ihn vor sich her ins Wohnzimmer.
    »Du machst also weiter«, sagte er.
    »Sie will das so haben.«
    »Genau wie meine Schwester«, fauchte Valdimar. »Wollte sie das nicht auch so haben? Hat sie nicht darum gebeten, dass du sie vergewaltigst, du verfluchtes Arschloch?«
    »Ich … Ich weiß nicht, was sie dir gesagt hat«, stöhnte Runólfur. »Ich wollte nicht … Entschuldige, ich …«
    Runólfur holte die Pillen aus der Jackentasche und reichte sie Valdimar.
    »Was ist das?«, fragte Valdimar.
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Runólfur in Panik.
    »Was ist das?!«
    Valdimar verpasste Runólfur einen weiteren Schnitt.
    »Ro… Rohypnol«, stöhnte Runólfur. »Ein Schlafmittel.«
    »Diese Vergewaltigungsdroge?!«
    Runólfur antwortete nicht darauf.
    »Friss das«, befahl Valdimar.
    »Nicht …«
    »Friss das!«, fauchte Valdimar und strich Runólfur noch einmal mit dem Messer über die Kehle. Das Blut lief an Runólfurs Hals hinunter.
    Runólfur steckte sich eine Tablette in den Mund.
    »Los, noch eine!«, befahl Valdimar.
    Runólfur war den Tränen nahe.
    »Was … hast du vor?«, fragte er und steckte sich eine weitere in den Mund.
    »Und noch eine!«, sagte Valdimar.
    Runólfur hatte aufgegeben und nahm auch die dritte Pille.
    »Tu mir nichts«, bat er.
    »Schnauze.«
    »Man krepiert, wenn man zu viel davon nimmt.«
    »Zieh die Hose aus.«
    »Valdi, du …«
    »Hose runter!«, befahl Valdimar und fügte Runólfur einen weiteren kleinen Schnitt zu. Runólfur schrie vor Schmerz auf. Er knöpfte die Hose auf, und sie fiel zu Boden.
    »Was ist das für ein Gefühl?«, fragte Valdimar.
    »Was für ein Gefühl?«
    »Wie ist das Gefühl?«
    »Was …?«
    »Wie findest du es, vergewaltigt zu werden?«
    »Nicht …«
    »Findest du es nicht spannend?«
    »Tu das nicht«, jammerte Runólfur weinerlich.
    »Was glaubst, wie sich meine Schwester gefühlt hat?«
    »Nicht …«
    »Sag mir das! All diese Jahre!«
    »Tu mir nichts …«
    »Sag es mir! Glaubst du, dass sie sich so gefühlt hat wie du jetzt?«
    »Entschuldige. Ich wusste nicht … Ich wollte nicht …«
    »Du widerwärtiges Scheusal«, flüsterte Valdimar ihm ins Ohr.
    Es war das Letzte, was Runólfur hörte.
    Mit einer raschen Bewegung führte Valdimar einen tiefen Schnitt vom linken Ohr quer über die Kehle aus. Im gleichen Augenblick ließ er Runólfur los, der zu Boden sank. Das Blut strömte aus der Wunde. Valdimar blieb noch einen Moment neben ihm stehen, ging dann zur Tür und verschwand in der Dunkelheit.
    Elínborg hatte der Schilderung schweigend gelauscht und auf Valdimars Miene und die Nuancen in seiner Stimme geachtet. Sie konnte nicht sehen, dass er irgendetwas bereute. Es hatte eher den Anschein, als habe er dieses Werk vollbringen müssen, um wieder Frieden in der Seele zu finden. Er hatte zwei Jahre dazu gebraucht, und nun war es vollendet. Wenn überhaupt, war ihm höchstens Erleichterung anzuhören.
    »Du bereust nichts?«, fragte sie.
    »Runólfur hat das bekommen, was er verdient hat«, war die Antwort.
    »Du warst sowohl Richter als auch Henker.«
    »Im Fall meiner Schwester war er der Richter und der Henker«, entgegnete Valdimar rasch. »Ich sehe keinen Unterschied zwischen dem, was ich getan habe, und dem, was er meiner Schwester angetan hat. Ich hatte nur die eine Sorge, dass ich es nicht schaffen würde. Ich hatte geglaubt, es würde schwieriger sein, ich dachte, dass ich vielleicht im letzten Augenblick zurückschrecken würde. Ich erwartete mehr Widerstand. Aber Runólfur war ein feiger Hund. Ich gehe davon aus, dass Männer wie er das wohl in der Regel sind.«
    »Es gibt andere Wege zur Gerechtigkeit.«
    »Welche denn? Addý hatte recht, Leute wie er kommen doch höchstens für ein oder zwei Jahre in den Knast. Addý … Sie hat mir gesagt, dass er sie genauso gut hätte umbringen können, da gäbe es für sie keinen Unterschied. Ich finde nicht, dass ich ein nennenswertes Verbrechen begangen habe. Letzten Endes kann man es nur selbst in die Hand nehmen. Man muss etwas tun, um sich Genugtuung zu verschaffen. Wäre es besser gewesen, nichts zu unternehmen und ihn gewähren zu lassen? Mit dieser Frage habe ich mich herumgeschlagen, bis ich es nicht mehr aushielt. Was kann man denn tun, wenn sich das System mit den Schurken verbündet?«
    Elínborg musste an Nína und Konráð und ihre Familie denken, die ebenfalls
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