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Frevelopfer

Frevelopfer

Titel: Frevelopfer
Autoren: Arnaldur Indriðason
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das?«
    »Nicht weit vom Stadtzentrum, ganz in der Nähe der Werft. Runólfur hat dort gearbeitet.«
    »Wo gearbeitet?«
    »In der Werft.«
    »Runólfur hat in der Werft gearbeitet?«
    »Ja. Neben der Ausbildung.«
    »Und hast du diesen Eðvarð gesehen?«
    »Nein, er hat mir nur von ihm erzählt und sich über ihn mokiert. Ich erinnere mich deshalb so gut daran, weil ich es ziemlich mies fand, wie Runólfur über diesen Eðvarð redete. Er sagte, er sei ein Weichei. Aber Runólfur war bestimmt …«
    Valdimar brachte den Satz nicht zu Ende. Elínborg hatte zum Handy gegriffen. Im gleichen Augenblick fuhr ein Streifenwagen vor, und zwei Polizisten stiegen aus. Elínborg sah Valdimar an.
    Der zögerte einen Augenblick, sah sich noch einmal in der Werkstatt um, strich mit seiner rauen Hand über den Sitz des Traktors und blickte zu den halb geöffneten Werkzeugschränken hinüber.
    »Wie lange?«, fragte er.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Elínborg.
    »Ich bereue nicht, was ich getan habe«, sagte Valdimar. »Das werde ich nie tun.«
    »Komm«, sagte Elínborg, »bringen wir es hinter uns.«

Vierunddreißig
    Eðvarð saß sieben Stunden im Verhörraum, während eine Hausdurchsuchung bei ihm stattfand, die aber ergebnislos blieb. Elínborg fragte ihn wiederholte Male nach der Zeit, als Runólfur bei ihm zur Untermiete gewohnt hatte. Eðvarð gab ziemlich bald zu, dass Runólfur kurze Zeit bei ihm gewohnt hatte, während er eine Wohnung suchte. Es war genau in dem Jahr, als Lilja verschwand. Eðvarð bestätigte auch, dass Runólfur in der Werft gearbeitet hatte, die nur ein paar Schritte entfernt war.
    »Hast du Lilja mit nach Reykjavík genommen?«
    »Nein.«
    »Hast du sie bei der Kringla abgesetzt?«
    »Nein, das habe ich nicht getan.«
    »Über was habt ihr euch auf dem Weg in die Stadt unterhalten?«
    »Ich habe sie nicht mitgenommen.«
    »Sie war auf der Suche nach einem Geschenk für ihren Großvater, hat sie das erwähnt?«
    Eðvarð antwortete nicht.
    »Was sonst noch? Hat sie gesagt, dass sie zu dir kommen würde?«
    Eðvarð schüttelte den Kopf.
    »Weshalb hast du einem anderen Mädchen aus der Schule eine Mitfahrgelegenheit nach Reykjavík angeboten? Was steckte dahinter?«
    »Das habe ich nicht gemacht.«
    »Wir wissen aber von einem Fall, in dem du es getan hast.«
    »Das ist nicht wahr. Sie lügt.«
    »Hat Runólfur dich auf die Idee gebracht, Lilja eine Mitfahrgelegenheit anzubieten?«
    »Nein, ich habe ihr nichts angeboten.«
    »Hat Runólfur jemals mit dir über Lilja gesprochen?«
    »Nein«, sagte Eðvarð. »Niemals.
    »Hast du mit ihm über Lilja gesprochen?«
    »Nein.«
    »Hast du Lilja in deinem Haus ermordet?«
    »Nein, sie hat es nie betreten.«
    »Hat sich Runólfur zu der Zeit seltsam oder ungewöhnlich benommen?«
    »Nein, er war immer der Gleiche.«
    »Hast du Lilja eingeladen, dich nach dem Einkaufen zu Hause zu besuchen?«
    Eðvarð antwortete nicht.
    »Hatte sie irgendeinen Grund, dich zu besuchen?«
    Eðvarð schwieg immer noch.
    »Wusste sie, wo du in Reykjavík wohntest?«
    »Sie kann das rausbekommen haben. Ich weiß es nicht.«
    »Hat Runólfur Lilja in deinem Haus ermordet?«
    »Nein.«
    »Hat er die Leiche in der Werft verschwinden lassen?
    »In der Werft?«
    »Da hat er doch gearbeitet.«
    »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Hast du ihm geholfen, die Leiche wegzuschaffen?«
    »Nein.«
    »Hattest du den Verdacht, dass Lilja in seine Klauen geraten ist? Hast du dir seitdem Gedanken darüber gemacht?«
    Eðvarð zögerte.
    »Hattest du den Verdacht?«
    »Ich weiß nicht, was aus dieser Lilja geworden ist. Ich habe keine Ahnung.«
    Das Verhör zog sich hin, aber es gelang Elínborg nicht, etwas aus Eðvarð herauszubekommen. Sie hatte keine Beweise, nichts, was ihren Verdacht bestätigte, dass Liljas Schicksal besiegelt worden war, als sie vor sechs Jahren Runólfur in die Hände fiel. Es würde kaum möglich sein nachzuweisen, dass Eðvarð log.
    Ein Tag war vergangen, seitdem Elínborg und Valdimar das Dorf verlassen hatten. Er wurde in die Untersuchungshaft nach Reykjavík gebracht. Konráð und Nína waren wieder auf freiem Fuß, und die Familie traf in Elínborgs Büro wieder zusammen. Der älteste Sohn war aus San Francisco eingeflogen, die Familie war komplett. Freuen konnten sie sich nicht darüber. Nína fühlte sich elend. Sie war fest davon überzeugt gewesen, einen Menschen getötet zu haben, und obwohl sie erleichtert war, dass sich sowohl ihre Unschuld als auch
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