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Fremder in einer fremden Welt

Fremder in einer fremden Welt

Titel: Fremder in einer fremden Welt
Autoren: Robert Heinlein
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Boardman blickte verblüfft drein. »Oh, wie süß!« Sie sah ein Glas, füllte es und reichte es ihm.
    Er sagte: »Du trinkst.«
    Glaubt er vielleicht, ich versuche, ihn zu vergiften? fragte sie sich - aber seine Aufforderung hatte einen zwingenden Ton. Sie nahm einen Schluck, worauf er ebenfalls einen nahm, und dann ließ er sich zufrieden zurücksinken, als habe er etwas Wichtiges vollbracht.
    Als Abenteuer war die Sache ein Mißerfolg, dachte Jill bei sich. »Nun, wenn Sie sonst nichts brauchen, muß ich mit meiner Arbeit weitermachen«, sagte sie.
    Sie wandte sich zur Tür. Er rief: »Nein!«
    Sie blieb stehen. »Ja?«
    »Geh nicht weg!«
    »Nun, ich werde gehen müssen, schon recht bald.« Sie kam zurück. »Möchten Sie noch etwas?«
    Er betrachtete sie von oben bis unten. »Du bist. >Frau    Die Frage erschreckte Jill Boardman. Noch nie hatte irgend jemand - selbst bei nur flüchtiger Betrachtung - ihr Geschlecht in Frage gestellt. Ihr erster Impuls war, eine schnippische Antwort zu geben. Aber Smith' ernstes Gesicht und die seltsam beunruhigenden Augen hielten sie davon ab. Gefühlsmäßig erfaßte sie, daß die unglaubliche Behauptung über diesen Patienten stimmte: Er wußte nicht, was eine Frau war. Sie antwortete vorsichtig: »Ja, ich bin eine Frau.«
    Smith fuhr fort, sie anzustarren. Langsam wurde es Jill peinlich. Daß ein Mann sie ansah, erwartete sie, aber das hier war, als werde sie unter einem Mikroskop betrachtet. Sie machte eine Bewegung. »Nun? Ich sehe aus wie eine Frau, oder?«
    »Das weiß ich nicht«, antwortete Smith langsam. »Wie sieht Frau aus? Was macht dich Frau?«
    »Ja, um Himmels willen!« So außer Kontrolle war kein Gespräch mehr geraten, das sie seit ihrem zwölften Geburtstag mit einem männlichen Wesen geführt hatte. »Sie erwarten doch wohl nicht, daß ich meine Kleider ausziehe und es ihnen zeige!«
    Smith ließ sich Zeit damit, diese Symbole zu prüfen und eine Übersetzung zu versuchen. Die erste Gruppe konnte er überhaupt nicht groken. Es mochte eins der Höflichkeitsgeräusche sein, die diese Leute benutzten... doch andererseits war es mit Nachdruck gesprochen worden, als könne es eine letzte Kommunikation vor dem Rückzug sein. Vielleicht hatte er das richtige Verhalten im Umgang mit einem Frauenwesen so völlig verfehlt, daß es bereit war zu dekarnieren.
    Er wollte nicht, daß die Frau in diesem Augenblick starb, obwohl es ihr Recht und möglicherweise ihre Pflicht war. Der abrupte Wechsel vom Rapport des Wasserrituals zu einer Situation, in der ein frischgewonnener Wasserbruder den Rückzug oder die Dekarnierung in Erwägung zog, hätte ihn in Panik versetzt, wenn er die Regung nicht bewußt unterdrückt hätte. Aber er entschied, wenn sie sterben sollte, werde er sofort auch sterben müssen - etwas anderes konnte er nicht groken, nicht, nachdem sie ihm Wasser gegeben hatte.
    Die zweite Hälfte enthielt Symbole, denen er bereits begegnet war. Er grokte unvollständig die Absicht, aber anscheinend gab es einen Weg, diese Krise zu vermeiden - indem er dem vorgetragenen Wunsch zustimmte. Wenn die Frau ihre Kleider auszog, brauchte vielleicht keiner von ihnen beiden zu dekarnieren. Er lächelte glücklich. »Bitte.«
    Jill öffnete den Mund und schloß ihn wieder. Sie öffnete ihn von neuem. »Da will ich doch verdammt sein!«
    Smith grokte ein heftiges Gefühl und merkte, daß er die falsche Antwort gegeben hatte. Er begann, seinen Geist auf die Dekarnierung auszurichten, genoß und ehrte alles, was er gewesen war und gesehen hatte, und widmete diesem Frauwesen besondere Aufmerksamkeit. Dann wurde er sich bewußt, daß die Frau sich über ihn beugte, und irgendwie erkannte er, daß sie nicht dabei war zu sterben. Sie sah ihm ins Gesicht. »Berichtigen Sie mich, wenn ich mich irre«, sagte sie, »aber haben Sie mich eben gebeten, mich auszuziehen?«
    Die Umkehrung der Satzstellung und die Abstraktionen erforderten eine sorgfältige Übersetzung, doch Smith schaffte es. »Ja«, antwortete er und hoffte, das werde keine neue Krise heraufbeschwören.
    »Ich dachte doch, das gehört zu haben. Bruder, Sie sind nicht krank.«
    Als erstes betrachtete er das Wort >Bruder< - die Frau erinnerte ihn daran, daß sie im Wasser vereinigt gewesen waren. Er erbat die Hilfe seiner Nestlinge, um ermessen zu können, was dieser neue Bruder wünschte. »Ich bin nicht krank«, stimmte er zu.
    »Allerdings will ich verdammt sein, wenn ich weiß, was mit Ihnen nicht stimmt. Ich werde
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