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Fremden Kind

Fremden Kind

Titel: Fremden Kind
Autoren: A Hollinghurst
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mit einem gewissen ehrfürchtigen Elan in der Stimme und Vertrauen in die Sache.
    »Wie sieht so was eigentlich aus?«, sagte Daphne.
    »Ganz außergewöhnlich«, antwortete Cecil und schlug sei ne Serviettenlilie auf. »Obwohl es streng genommen keine Pud dingformen sind und auch keine Kuppeldecke, sondern eine Kassettendecke mit vielen kleinen Kuppeln, die nur wie Puddingformen aussehen.«
    »Es sind kleine Fächer in der Decke, stimmt’s?«, sagte George, dem es auf einmal peinlich war, dass er vor der Familie damit geprahlt hatte.
    Hubert murmelte geistesabwesend vor sich hin und sah zu der Dienstmagd, die man dazugeholt hatte, um dem Hausmädchen beim Servieren auszuhelfen, und die jetzt Brötchen herumreichte und jedes mit einem kleinen Stoßseufzer der Erleichterung auf den vorgesehenen Teller platzierte.
    »Sie sind bestimmt grellbunt, oder?«, sagte Daphne.
    »Also wirklich, Kindchen«, sagte ihre Mutter.
    Cecil sah belustigt über den Tisch. »Ich glaube, sie sind rot und golden, nicht, Georgie?«
    Daphne seufzte schwer und schaute zu, wie sich die Suppe aus der Schöpfkelle auf Cecils Teller ergoss. »Ich wünschte, wir hätten auch eine Kuppeldecke in unserem Haus«, sagte sie. »Oder Fächer von mir aus.«
    George verdrehte die Augen zu den Eichenbalken dicht über ihnen. »Die würde in dem Kunsthandwerkambiente von 2A ziemlich deplatziert wirken, altes Mädchen.«
    »Red nicht so dummes Zeug«, sagte seine Mutter. »Als würden wir in zwei Kammern über einer Werkstatt hausen!«
    Cecil lächelte verlegen und wandte sich wieder Daphne zu. »Du musst mal nach Corley kommen und sie dir ansehen.«
    »Na, bitte, Daphne!«, sagte ihre Mutter vorwurfsvoll und triumphierend zugleich.
    »Haben Sie noch Geschwister?«, erkundigte sich Mrs Kalbeck, die möglicherweise schon einen Besuch ins Auge fasste.
    »Leider sind wir nur zu zweit«, sagte Cecil.
    »Cecil hat einen jüngeren Bruder«, erklärte George.
    »Heißt er Dudley?«, fragte Daphne.
    »Ja«, antwortete Cecil.
    »Ich finde ihn sehr schön«, gestand Daphne, die wieder Hoffnung schöpfte.
    Entsetzt spürte George, dass er rot wurde. »Tja …«, sagte Cecil, probierte launisch seine Suppe, sah George aber zum Glück nicht an. Jeder hätte bestätigt, dass Dudley überwältigend gut aussah, doch George schämte sich dafür, dass seine eigenen Worte vor Cecil wiederholt wurden. »Ein jüngerer Bruder kann eine Pest sein«, bemerkte Cecil nur.
    Hubert nickte lachend und lehnte sich zurück, als hätte er selbst etwas Witziges von sich gegeben.
    »Dud ist ein schrecklicher Spötter, habe ich recht, Georgie?«, fuhr Cecil fort und sah ihn über die weißen Rosen hinweg verschmitzt an.
    »Jedenfalls stellt er die Geduld eurer Mutter auf eine harte Probe«, sagte George seufzend, als kennte er die Valances seit Jahren; es war ihm auch bewusst, dass diese wiederholte Anrede mit »Georgie«, die in seiner Familie niemand benutzte, ein neues Licht auf ihn warf.
    »Ist Ihr Bruder auch in Cambridge?«, fragte Georges Mutter.
    »Nein, er ist in Oxford, Gott sei Dank.«
    »Ach, tatsächlich? An welchem College?«
    »Ach, welches ist es doch gleich?«, sagte Cecil. »Ich glaube, es heißt Balliol oder so ähnlich.«
    »Ja, das ist in Oxford«, sagte Hubert.
    »Dann muss es das sein«, sagte Cecil. George kicherte, starrte mit aufgeregter Bewunderung in sein sinnierendes Gesicht über dem gestärkten Stehkragen, der schwarz schim mernden Fliege und den im Kerzenlicht funkelnden Steckknöpfen, da spürte er unterm Tisch auf einmal einen schnellen Tritt gegen seinen Fuß. Er rang nach Luft und räusperte sich, doch Cecil wandte sich mit einem kühlen Lächeln Mrs Kalbeck zu. Als Hubert kurz darauf irgendetwas Idiotisches von sich gab, spürte George, wie Cecil mit der Schuhsohle fest gegen sein Schienbein drückte, sodass sich, wie so oft bei Cecil, in den heimlichen Übermut Rohheit mischte und George nach einigen Sekunden des Zögerns widerstrebend sein Bein zurückzog. »Aber sicher, Sie haben vollkommen recht«, sagte Cecil, wieder mit einem feierlichen Kopfschütteln. Dass er sich bereits über seinen Bruder lustig machte, bereitete George Unbehagen, als würde man ihm gleich eine schwerwiegende Loyalitätsverlagerung abverlangen. Er erhob sich vom Tisch und kümmerte sich um den Wein für das Fischgericht, womit die Hausmädchen hoff nungslos überfordert waren.
    Mrs Kalbeck fiel mit gewohnt gutem Appetit über eine kleine Forelle her. »Gehen Sie auf die Jagd?«,
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