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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten
Autoren: Reinhard Barth
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ja sogar Priesterinnen werden. Diese fortschrittliche
     Denkweise hatte allerdings Grenzen, denn etwa Schreiberin und damit einflussreiche Beamtin zu werden, war Frauen versagt.
     Damit wollte man sie von der politischen Macht ausschließen. In der »Lehre des Ptahhotep« wurde es so formuliert: »Gründe
     einen Hausstand und liebe deine Frau, wie es sich gehört. Fülle ihren Leib, kleide ihren Rücken; Salböl ist Balsam für ihren
     Körper. Mache sie glücklich, so lange sie lebt! Aber halte sie fern von der Macht.«
    Wenn solche Maxime für das Familienleben galt, wie argwöhnisch werden die Männer der höchsten Ränge über ihre Privilegien
     gewacht haben. Die Behauptung ihrer Herrschaft gelang Hatschepsut dennoch mit einer bemerkenswerten Strategie. Sie betonte
     ihre göttliche Abkunft. Und sie hütete sich vor militärischen Abenteuern. Nicht etwa aus Pazifismus, sondern weil sie sich
     als Frau etwaige kriegerische Rückschläge noch weit weniger hätte leisten können als ein Mann und weil sie im Heer sowieso
     Opponenten hatte. Das begründet ihre besonders intensive Bemühung um religiöse Legitimierung. Es gibt zahlreiche Darstellungen
     von Hatschepsut, wie sie beispielsweise von der kuhgestaltigen |16| Göttin Hathor, zuständig für Liebe, Musik, Tanz und Freude, genährt wird. Diese Göttin galt als himmlische Mutter des Königs,
     ihr Name bedeutete wörtlich übersetzt »Haus des Horus«. Nicht zuletzt deshalb hat sich Hatschepsut selbst als »weiblicher
     Horus aus feinem Gold« bezeichnet, womit sie den Welt- und Lichtgott und den Schutzherren des Königtums für sich beanspruchte.
     Horus herrschte seit der Vereinigung der beiden Landesteile Ober- und Unterägypten. Der falkenköpfige Gott, dessen Augen Sonne
     und Mond waren, nahm im König menschliche Gestalt an. Als Sohn von Isis und Osiris hatte er höchsten Rang im ägyptischen Himmel.
     Entsprechend häufig sind Horus-Darstellungen auf Sakralbauten zu finden, so auch in Hatschepsuts fantastischem, von Kolossalstatuen
     bewachten Tempel in Deir el-Bahari (»Nördliches Kloster«, benannt nach einer sehr viel späteren Ansiedlung christlicher Mönche)
     im Westen des einstigen Theben (heute Luxor) am westlichen Nilufer. Das weitläufige, terrassenförmige Gebäude wurde am Fuß
     einer 300 Meter hohen Wand aus dem Fels gehauen. Die verschiedenen Ebenen sind mit Rampen verbunden, die Front besteht aus
     einer Säulenreihe. Die Wände sind mit Reliefs geschmückt. Auf der südlichen Rückwand der unteren Ebene findet man eine Darstellung
     vom Transport großer Steinblöcke, in der so genannten Punt-Halle darüber die berühmte Bildergeschichte von der Expedition
     an das Horn von Afrika. Daran schließt sich ein kleinerer Hathor-Tempel an. Im Norden befindet sich die Geburtshalle mit der
     Darstellung der göttlichen Herkunft der Königin und die Anubiskapelle, die dem Totengott mit dem Schakalkopf gewidmet war.
    Im Tempel der Hatschepsut wurde natürlich auch eine weibliche Gottheit verehrt, die als Löwin dargestellte Pakhet. An der
     Fassade ist eine Tafel angebracht, die Hatschepsuts politisches Programm offenbart, nämlich das nach der Fremdherrschaft der
     Hyksos besudelte Ägypten wieder religiös zu reinigen, denn »sie herrschten, ohne den Sonnengott Re zu kennen, und handelten
     nicht nach göttlichem Befehl, bis meine erhabene Person erschien«. Diese Hyksos (»Herrscher der Fremdländer«) waren wohl semitische
     Stämme, die im 17. Jahrhundert v. Chr. ins Nildelta vordrangen und die Macht eroberten. Sie herrschten etwa hundert Jahre
     lang von Auaris im Ostdelta aus, laut antiken Quellen äußerst grausam. Sie bekämpften die altägyptischen Kulte und zerstörten
     die Göttertempel.
    Hatschepsut leitete die Berechtigung für ihr reformatorisches Tun unmittelbar von einem göttlichen Auftrag ab, der »seit Schöpfungsbeginn«
     für sie vorherbestimmt wäre. Außerdem offenbarte die Königin auf dieser Inschrift mit großem Selbstbewusstsein das eigentliche
     und entscheidende Motiv ihres herrscherlichen Wirkens: den eigenen Nachruhm. Weiter nämlich heißt es: »Ich werde in Ewigkeit
     vor euren Angesichtern glänzen nach dem Willen meines [göttlichen] Vaters. Das, was meine [irdischen] Väter, meine Vorfahren
     nicht |17| kannten, werde ich ausführen. Ich werde veranlassen, dass man in Zukunft sagt: ›Was muss sie prächtig gewesen sein, dass solches
     unter ihr geschah!‹«
    Zur kultischen Erneuerung sei sie zudem
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