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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten
Autoren: Reinhard Barth
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danach ist bei Männern und Frauen gleichermaßen angelegt. Hingegen können wir
     bei den Akzenten, die sie setzen, nicht nur individuelle, sondern offenbar auch geschlechtsspezifische Präferenzen entdecken.
     So wird man unter den mächtigen Frauen der Geschichte Monstrositäten wie Hitler oder Pol Pot, Nero oder Dschingis Khan vergeblich
     suchen. Das heißt nicht, dass Frauen Bluttaten scheuen; die Beispiele Messalina oder Katharina de’ Medici belegen das Gegenteil.
     Es ist bei diesen aber so, dass die Brutalität eher familiärer Natur ist und begrenzteren Interessen entspringt. Eine generelle,
     bedenkenlose Menschenverachtung lässt sich in keinem Fall finden. Das steckt vielleicht auch hinter dem Phänomen, dass unsere
     Protagonistinnen nur ausnahmsweise bedeutende Kriegsherrinnen waren. Selbst die erwähnte Golda Meir entschied sich 1973 erst
     zu einem Waffengang, als es fast zu spät war. Und das wurde ihr von den rivalisierenden Männern an der Staats- und Armeespitze
     sehr verübelt, ja es führte letztlich zu ihrem Sturz.
    Und Maria Theresia, Jeanne d’Arc, Eleonore von Aquitanien, die Marquise de Pompadour? Waren sie nicht alle in kriegerische
     Auseinandersetzungen zutiefst verwickelt? Gewiss, doch auch hier entdecken wir in allen Fällen eher sozusagen private Motive.
     Bei der Jungfrau von Orleans war es ganz ausdrücklich eine innere Stimme, die wohl auch die Menschen ihrer Zeit vernommen
     haben oder der sie doch nur zu gern glaubten. Die schweren Kriegszeiten, in denen die Lichtgestalt Johanna Zeichen setzte,
     hatten eine Wundergläubigkeit geweckt, die sich an jede Hoffnung klammerte. Dass ein schwaches Hirtenmädchen Rettung versprach,
     kam diesem Hoffen gerade entgegen; wenn alle vernünftigen Mittel versagen, schlägt die Stunde der vermeintlich unvernünftigen.
    Auch bei Maria Theresia lagen die Kriegsgründe in ihrer Person: Eine Frau auf dem Thron, noch dazu eine so junge, lockte Machtmänner
     wie Friedrich den Großen zu militärischen Abenteuern. Dass er sich um ein Haar verrechnet hätte, lag wiederum daran, dass
     er ihre im Grunde mütterliche, also dynastische Entschlossenheit nicht hinreichend ins Kalkül gezogen hatte. Auch die anderen
     beiden genannten Frauen förderten den Krieg eher um ihrer selbst willen als aus Staatsräson. Zudem lenkten sie die Heere nicht
     persönlich, sondern durch ihren Einfluss auf die Männer, die sie sich erobert hatten und in denen sie den in jedem Mann schlummernden
     Eroberer weckten. Sie verstanden es genial, ihnen zu suggerieren, die Ideen zum Los- oder Dreinschlagen mit Waffengewalt seien
     die eigenen.
    List gehört neben den handfesteren erotischen und sexuellen Möglichkeiten ebenfalls zum typischen Arsenal weiblicher Waffen.
     Nicht wenige bedeutende Frauen verdanken diesem Mix ihre Karriere: Lola Montez, die Geliebte des bayerischen Königs Ludwig
     I., ist ein Paradebeispiel, die Pompadour natürlich |11| auch, die König Ludwig noch nach Ende ihrer erotischen Beziehung fast nach Belieben lenkte. Auch Elisabeth Stuart verfügte
     aufgrund ihrer Reize und ihrer Klugheit über großen Einfluss, nur hatte sie aufs falsche männliche Pferd gesetzt. Ihr Heros
     Friedrich von der Pfalz herrschte nur einen Winter, und wenn er nicht völlig verzweifelte und für die Familie trotz seines
     Scheiterns nicht alles verloren war, dann dank der Diplomatie und der betörenden Liebenswürdigkeit seiner englischen Frau.
    Dass die Waffen junger und selbst reifer Frauen zu allen Zeiten scharf waren, dafür steht die ägyptische Königin Kleopatra,
     die gleich zwei der genialsten römischen Feldherren an sich zu fesseln und für ihre Zwecke einzuspannen verstand. Sie hat
     das weibliche Waffenhandwerk in einer Weise virtuos gehandhabt, dass noch bis heute Poeten und Filmemacher, Künstler und Komponisten
     aus ihrem tatsächlichen wie legendären Lebensstoff Honig saugen. Sie belegt zudem, dass die Antike bei weitem nicht so frauenfeindlich
     war, wie es beim Blick durch den umgedrehten modernen Feldstecher erscheinen mag. Zwar sprachen etwa die Römer der Frau die
     Seele ab, doch war gerade diese weiblich:
anima
. Auch in der Religion spielten weibliche Gottheiten Schlüsselrollen, und eine Kleopatra durfte sogar ihr Königreich regieren,
     wenn auch unter römischer Aufsicht. Da aber die Aufsichtführenden ihr so gut wie hörig waren, schränkte das ihre Macht nur
     marginal ein oder steigerte sie gar.
    Ebenfalls in Ägypten, aber fast
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