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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten
Autoren: Reinhard Barth
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prädestiniert, denn der oberste Gott Amun, zugleich Stadtgott von Theben, habe sie
     persönlich gekrönt. Eine entsprechende Darstellung findet sich auf einem kegelförmigen Obelisken. Und sie wird ideologisch
     flankiert durch die von Hatschepsuts Propaganda in Umlauf gebrachte, eingangs angesprochene Legende. Danach habe Amun eines
     Tages, als Thutmosis I. wieder einmal zu einem Eroberungsfeldzug aufgebrochen war, ihrer Mutter in dessen Gestalt einen »Besuch«
     gemacht. Sie, Hatschepsut, sei das Ergebnis dieser Begegnung, und Amun habe sie daher auch selbst als »den« Pharao eingesetzt
     und somit weibliche Menschengestalt angenommen. Akzeptierte Amun aber die Inkarnation als Frau, wer konnte gegen Hatschepsuts
     Herrschaftsanspruch opponieren?
    Ihr Beiname als Pharao lautete daher »Maatkare« und das heißt so viel wie »Die Wahrheit ist der Genius des Sonnengotts«, nichts
     bleibt dem Sonnengott und mithin dem Herrscher verborgen. Eine deutliche Warnung an Zweifler und Gegner. Die Geschichte von
     der göttlichen Zeugung war als Staatsdoktrin zu akzeptieren, menschliche Mitwirkung nur insofern bei der Thronberechtigung
     von Bedeutung, als die Mutter königlichen Geblüts war. Ausschlaggebend aber war die göttliche Vaterschaft.
    Auf die Dauer aber wäre pure spirituelle Selbsterhöhung für die Sicherung ihrer Stellung wohl zu wenig gewesen. Mit kluger
     Personalpolitik sorgte Hatschepsut deswegen in der ersten Zeit, als Thutmosis III. noch sehr jung war, für die Schaffung einer
     Hausmacht. Die hohen Berater des Vorgängers starben weg oder wurden manchmal buchstäblich in die Wüste geschickt. Nur die
     Männer, die ihr den Aufstieg verdankten, wurden schließlich bei Hofe geduldet. Deren Schicksal war damit unlösbar mit dem
     der Königin verbunden, Loyalität ihr Kapital. Grabkammern dieser Höflinge sind in unmittelbarer Nähe des Tempels der Hatschepsut
     erhalten. Unter ihnen spielte Senenmut als oberster Günstling, Vertrauter und vielleicht auch Liebhaber eine besondere Rolle.
     Jedenfalls gibt es in einer Grabkammer ein Graffito, das eine Pharaonin in eindeutiger »Stellung« mit einem Mann zeigt.
    Bedeutender allerdings sind Darstellungen, die den ersten Mann bei Hofe in anbetender Haltung vor seiner Herrin zeigen. Sie
     schmücken Nischen des Tempels, dessen Bau Senenmut als verantwortlicher Minister überwachte. Ungewöhnlich darunter ist eine
     Darstellung, die ihn mit der kleinen Prinzessin Nefrure abbildet. Sie sitzt auf seinem Schoß, während er schützend seine Arme
     um sie legt, ein Zeichen dafür, wie eng die Beziehung zur Königin gewesen sein muss. Davon zeugt auch die Tatsache, dass er
     sein Grab und sogar das seiner Mutter, anders als die anderen hochrangigen Würdenträger, direkt im Tempelbezirk anlegen lassen
     durfte.
    |18| Forscher deuten die Szene auch so, dass Senenmut Nefrure auf ihre von der Mutter Hatschepsut vorgesehene Nachfolge vorbereitet
     hat. Es spricht manches dafür, dass die Königin die direkte weibliche Thronfolge einführen wollte. So unterblieb auch die
     sonst übliche Verheiratung der Tochter mit Thutmosis, dessen Thronanspruch durch eine solche Ehe gestärkt worden wäre. Und:
     Senenmut hätte mit der weiblichen Nachfolge seine eigene herausragende Rolle sichern können, während Thutmosis ihn als Günstling
     der Stiefmutter vermutlich entmachtet, wenn nicht sogar hätte hinrichten lassen. Zu der Kraftprobe aber kam es nicht, denn
     Nefrure starb anscheinend jung, und Hatschepsut musste ihren – freilich nur vermuteten – Plan aufgeben. Ihre eigene Macht
     aber behielt sie bis zum Tod, und Senenmut war ihr verlängerter Arm.
    Es ist anzunehmen, dass er auch ihr Verbindungsmann zum Heer war, da es als Frau ratsam gewesen sein dürfte, sich in militärischen
     Fragen männlicher Zwischenträger zu bedienen. Im siebenten Jahr ihrer Regierung unternahm sie eine Expedition ins ferne Land
     Punt. Wo dieses sagenumwobene »Weihrauchland« gelegen hat, ist nicht genau zu ermitteln. Vermutlich am Horn von Afrika im
     heutigen Eritrea oder Somalia oder vielleicht auch auf der gegenüberliegenden Seite des Roten Meeres im heutigen Jemen, woher
     später die Königin von Saba kam.
    Hatschepsut ging es bei dieser Unternehmung um die Anknüpfung von politischen Beziehungen, vor allem aber auch um Handelsbeziehungen.
     Punt nämlich hatte außer Weihrauch vielerlei zu bieten: Die Inschrift auf dem Tempel Deir el-Bahri berichtet darüber: »Man
     belädt die
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