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Frauen, die Geschichte machten

Titel: Frauen, die Geschichte machten
Autoren: Reinhard Barth
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[fünf] Schiffe sehr hoch mit den Schätzen des Landes Punt und allen schönen Pflanzen des Gotteslandes und Haufen
     von Myrrhenharz, mit grünen Myrrhenbäumen, mit Ebenholz und reinem Elfenbein, mit rotem Gold vom Lande Amu, mit wohlriechenden
     Hölzern und Augenschminke, mit Pavianen, Meerkatzen und Windhunden, mit Leopardenfellen, mit Sklaven und ihren Kindern.« Als
     Fazit heißt es dort: »Niemals ist etwas dem Gleiches irgendeinem Könige gebracht worden seit Ewigkeit.«
    Und aus Punt ließ sich etwas beziehen, das aufgrund der knappen Anbaufläche an den Nilufern in Ägypten schon längst weitgehend
     verschwunden war: Holz. Als Baumaterial und Grundstoff für die begehrte Holzkohle war es zur Kostbarkeit geworden. So kostbar,
     dass die Ägypter Schiffe in waldreichen Länder bestellten, sie bis oben hin mit Holz beladen ließen und bei der Ankunft Ladung
     und Schiff zu Bauholz und Holzkohle verarbeiteten.
    Von der Expedition sind viele Darstellungen erhalten, die frühesten überhaupt über Ostafrika, denn die Königin ließ sich offenbar
     von Künstlern begleiten, die festhalten sollten, wie das große Unternehmen verlief. Unter den Bildern sind besonders bemerkenswert
     die Reliefs über den Aufbruch der einmastigen kombinierten Ruder- und Segelschiffe, aber auch über das, was unterwegs an Exotischem
     angetroffen wurde: viele tropische Tiere oder seltsame, wie Bienenkörbe |19| geformte, aus Palmwedeln geflochtene Pfahlbauten der Menschen in Punt. Das gipfelt in der Begegnung Hatschepsuts mit dem Fürsten
     von Punt und seiner dicken, mit einem Esel dargestellten Frau, die wohl so unvorteilhaft gezeigt wurde, damit die eigene Anführerin
     in umso günstigerem Licht erschien.
    Aber auch die Weitsicht der Königin sollte betont werden. Häufig wurde die reiche Ausbeute der Expedition dargestellt. In
     diesem Sinn sind wohl auch die seltsamen Abbildungen zu verstehen, die den Transport von Weihrauchbäumen mit Wurzeln in Wasserkrügen
     und -schläuchen zeigen. Offenbar wollte die Königin die Pflanzen, die das duftende Harz für Kulthandlungen liefern, in Ägypten
     heimisch machen. In größerem Stil scheint das nicht gelungen zu sein. Im Totentempel der Königin aber haben sich Reste des
     Wurzelwerks erhalten. Denn hier wurden einige der mitgebrachten Kostbarkeiten Amun geweiht. Auch das wieder ein demonstratives
     Anknüpfen der Herrschaft an den Himmel, dessen Segen für jedermann sichtbar auf dem von Hatschepsut regierten Land ruhte.
    Mit dem Tempel ehrte man eine Frau, die mit etwa fünfzig Jahren im Jahr 1468 v. Chr. starb und die Ägypten eine Kulturblüte,
     friedliche Zeiten und einen der ersten Beweise geschenkt hatte, dass zu kluger Politik Männlichkeit keineswegs erforderlich
     ist. Nach den damaligen mythischen Vorstellungen dürfte sie jedenfalls die Prüfung vor dem Totengericht würdig bestanden haben:
     Vor ihm und seinem Vorsitzenden Osiris hatte sich jeder, also auch der Pharao zu verantworten und musste darlegen, aufgrund
     welcher Verdienste er zum Jenseits zugelassen werden sollte.
    Dann wurde sein Herz auf eine Schale einer Balkenwaage (Symbol der Gerechtigkeit) gelegt, auf der anderen lag eine Feder,
     das Symbol für Maat, die Wahrhaftigkeit der göttlichen Ordnung. Maats Zeichen als Göttin nämlich war der Kopfschmuck mit einer
     Straußenfeder. Neigte sich die Schale mit dem Herz nach unten, handelte es sich um eine sündenbeladene Seele, und der um Einlass
     Bittende wurde abgewiesen und einem krokodilsköpfigen Ungeheuer, der »großen Fresserin«, vorgeworfen. Blieben Feder und Herz
     jedoch im Gleichgewicht, dann erhielt der Verstorbene Zutritt zur Ewigkeit. Bei Hatschepsut dürfte für die Ägypter das Ergebnis
     dieser strengen Prüfung nicht zweifelhaft gewesen sein.
    Ihr Nachfolger Thutmosis III. begann zwar nach ihrem Tod mit der Tilgung ihres Namens von Inschriften und von Abbildungen
     auf vielen Reliefs. Er ließ dabei aber höchst oberflächlich verfahren und stellte das Zerstörungswerk nach kurzer Zeit ein.
     Daher sind doch recht reichhaltige Nachrichten über Hatschepsut und ihre Regierungszeit erhalten geblieben, vor allem ihr
     prachtvoller Tempel, dem wir ein detailliertes Bild der Kultur jener Zeit verdanken. An ihm lässt sich auch ein Herrschafts-
     und Gestaltungswillen ablesen, der bei den großen männlichen Pharaonen nicht ausgeprägter sein konnte.

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