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Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine

Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine

Titel: Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
Autoren: Don Winslow
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er wäre nicht so gut.«
    »Du zu sein macht eine Menge Arbeit«, meinte Donna darauf.
    Was soll ich sagen? dachte Frank. Es stimmt .
    »Schon mal was von Lebensqualität gehört?«, hat er sie gefragt.
    »Klar«, war ihre Antwort. »Wenn es ums Sterben geht. Ob man den Stecker ziehen soll oder nicht.«
    » Das hier ist Lebensqualität«, hat Frank ihr erwidert.
    Und es stimmt wirklich, denkt er an diesem Morgen, als er den Duft der röstenden Bohnen einsaugt und das Wasser aufsetzt. Lebensqualität hat mit den kleinen Dingen zu tun – dass man sie gut macht, dass man sie richtig macht. Er nimmt eine kleine Pfanne vom Haken über dem Fleischerblock, setzt sie auf den Herd und schneidet eine dünne Scheibe Butter hinein. Als die Butter zu brutzeln beginnt, schlägt er ein Ei in die Pfanne und lässt es braten, während er einen Zwiebelbagel in zwei Hälften schneidet. Dann schiebt er das Ei vorsichtig mit einem Plastikwender (grundsätzlich nur Plastik – Metall würde die Teflonbeschichtung zerkratzen, was Donna immer zu vergessen scheint, weshalb sie in Franks cucina nicht kochen darf ) auf eine der beiden Hälften, legt die andere obendrauf und wickelt das Eiersandwich in eine Leinenserviette, um es warm zu halten.
    Donna natürlich kritisiert ihn wegen des täglichen Eis.
    »Es ist ein Ei«, erklärt er ihr, »keine Handgranate.«
    »Du bist zweiundsechzig Jahre alt, Frank«, sagt sie, »du musst auf deinen Cholesterinspiegel achten.«
    »Nein, das mit den Eiern stimmt nicht, haben sie rausgefunden. Das ist üble Nachrede.«
    Auch seine Tochter Jill bearbeitet ihn deswegen. Sie hat gerade ihr Medizin-Vorstudium an der Uni von San Diego abgeschlossen, deshalb weiß sie natürlich über alles Bescheid. Er widerspricht ihr da. »Du bist Vor studentin«, sagt er. »Wenn du fertig studiert hast, kannst du mir mein Frühstücksei vermiesen.«
    Amerika, denkt Frank. Wir sind das einzige Land der Welt, das Angst vor seinen Nahrungsmitteln hat.
    Wenn das tödliche Ei-Sandwich fertig ist, sind auch die Kaffeebohnen geröstet. Er mahlt sie genau zehn Sekunden lang in der Kaffeemühle, dann schüttet er den gemahlenen Kaffee in den französischen Kaffeebereiter, gießt kochendes Wasser drauf und lässt den Kaffee die empfohlenen vier Minuten ziehen.
    Diese vier Minuten sind keine verschwendete Zeit.
    Frank nutzt sie, um sich anzuziehen.
    »Wie sich ein zivilisierter Mensch in vier Minuten anziehen kann, ist mir ein Rätsel«, hat Donna dazu bemerkt.
    Das ist ganz leicht, denkt Frank, besonders wenn man die Sachen am Abend vorher zurechtgelegt hat und zum Angelladen will. An diesem Morgen also zieht er frische Unterwäsche an, dicke Wollsocken, ein Flanellhemd und alte Jeans, dann setzt er sich auf die Bettkante und steigt in seine Arbeitsstiefel.
    Als er in die Küche zurückkommt, ist der Kaffee fertig. Er gießt ihn in eine Isoliertasse aus Metall und nimmt seinen ersten Schluck.
    Frank liebt diesen ersten Schluck Kaffee.
    Besonders wenn er frisch geröstet ist, frisch gemahlen und frisch gebrüht.
    Lebensqualität.
    Auf die kleinen Dinge kommt es an.
    Er drückt den Deckel auf die Isoliertasse und stellt sie auf den Tresen, dann nimmt er den alten Kapuzenpullover vom Wandhaken und zieht ihn über, stülpt sich eine schwarze Wollmütze auf den Schädel und holt Autoschlüssel und Brieftasche von ihrem gewohnten Platz.
    Schließlich steckt er die gestrige Union-Tribune mit dem ungelösten Kreuzworträtsel ein. Das nimmt er sich am Vormittag vor, wenn im Angelladen Flaute herrscht.
    Er greift sich die Kaffeetasse und das Ei-Sandwich, schaltet die Stereoanlage aus und ist startbereit.

    Es ist Winter in San Diego und kalt.
    Sagen wir, relativ kalt.
    Nicht wie in Wisconsin oder North Dakota, wo die Kälte richtig weh tut, wo der Motor streikt und man Angst hat, dass einem das Gesicht abplatzt und runterfällt. Aber aneinem Januarmorgen um vier Uhr zehn ist es auf der nördlichen Halbkugel überall kalt, zumindest ein bisschen. Besonders, denkt Frank, als er in seinen Toyota-Van steigt, wenn du über sechzig bist und es morgens eine Weile dauert, bis der Kreislauf in Schwung kommt.
    Aber Frank liebt den frühen Morgen. Das ist seine schönste Tageszeit.
    Eine Zeit der Ruhe, der einzige Teil seines gut gefüllten Arbeitstags, an dem nichts los ist. Und er genießt es immer wieder, wenn die Sonne über den Bergen aufgeht, der Himmel über dem Ozean rosig wird und sich die schwarze Wassermasse allmählich grau verfärbt.
    Aber
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