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Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine

Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine

Titel: Frankie Machine - Winslow, D: Frankie Machine
Autoren: Don Winslow
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das dauert.
    Noch ist alles dunkel draußen.
    Er schaltet einen Lokalsender ein, um den Wetterbericht zu hören.
    Regen, Regen, nochmals Regen.
    Eine große Wetterfront vom Nordpazifik.
    Mit halbem Ohr hört er die Lokalnachrichten. Das Übliche. Wieder vier Häuser in Oceanside abgerutscht, die städtischen Kassenwarte streiten sich, ob die Stadt vor dem Ruin steht oder nicht, und die Immobilienpreise sind erneut gestiegen.
    Dann der Bestechungsskandal im Stadtrat. Im Rahmen der »Operation G-Sting« des FBI wird Anklage gegen vier Stadträte erhoben. Angeblich sind sie von Striplokalbesitzern bestochen worden, damit sie das städtische »Fummelverbot« in den Stripperclubs zu Fall bringen. Und ein paar Cops vom Sittendezernat wurden fürs Wegsehen bezahlt.
    Das ist neu und doch immer die alte Geschichte, denkt Frank. In einer Hafenstadt wie San Diego ist Sex nun mal ein wichtiger Wirtschaftszweig. Einen Stadtrat zu bestechen, damit die Seeleute ihren Lap-Dance kriegen, ist sozusagen Bürgerpflicht.
    Aber dass das FBI seine wertvolle Zeit auf Stripperinnen verwendet, lässt Frank kalt.
    Ein Striplokal hat er seit … wie viel? seit zwanzig Jahren nicht von innen gesehen.
    Frank schaltet zum Klassiksender zurück, breitet die Leinenserviette über den Schoß und nimmt sich das Ei-Sandwich vor, während er nach Ocean Beach hinunterfährt. Er liebt diese leichte Zwiebelschärfe, kombiniert mit dem Ei-Geschmack und der Bitterkeit des Kaffees.
    Herbie Goldstein war es – er ruhe in Frieden –, der ihn auf den Zwiebelbagel gebracht hat, damals, als Vegas noch Vegas war und nicht Disneyland mit Würfeltischen, damals, als Herbie mit seinen dreihundertfünfzig Pfunden die unglaublichsten Gewinne einspielte und die unglaublichsten Frauen aufriss. Sie waren die ganze Nacht auf Achse gewesen, in Shows und Clubs, mit ein paar prächtigen Bräuten, als Herbie irgendwann wieder zu ihm stieß. Sie beschlossen, frühstücken zu gehen, und bei dieser Gelegenheit überredete Herbie den widerstrebenden Frank, einen Zwiebelbagel zu probieren.
    »Komm schon, Versuchskarnickel«, hatte Herbie gesagt, »erweitere deinen Horizont.«
    Damit hat ihm Herbie einen echten Gefallen getan, denn Frank schmecken die Zwiebelbagel – aber nur, wenn er sie frisch gebacken in dem kleinen koscheren Deli oben in Hillcrest kauft. Jedenfalls, das Zwiebelbagel-Ei-Sandwich ist ein Höhepunkt seiner morgendlichen Routine.
    »Normale Menschen setzen sich hin, wenn sie frühstücken«, hat Donna ihn belehrt.
    »Ich sitze doch«, war Franks Antwort. »Ich sitze und fahre.«
    Wie nennt Jill das? Die jungen Klugscheißer von heute glauben, es sei ihre Erfindung, dass man mehrere Sachen gleichzeitig machen kann. (Die hätten mal Kindergroßziehen sollen wie wir früher, bevor es Wegwerfwindeln, Mikrowelle und Waschmaschinen mit Trockner gab.) Also haben sie sich eine lustige Bezeichnung dafür ausgedacht – Multitasking. Ich bin wie die jungen Klugscheißer, denkt Frank. Ich multitaske.

02
    Ocean Beach Pier ist der größte Pier Kaliforniens.
    Ein gewaltiges T aus Beton und Stahl, das in den Pazifik ragt, mit einem Stamm, der über fünfhundert Meter lang ist, bevor der Querbalken über eine annähernd gleiche Länge nach Norden und Süden abzweigt. Wenn du unbedingt den ganzen Pier ablaufen willst, hast du einen Ausflug von anderthalb Meilen vor dir.
    Franks Angelladen befindet sich im oberen Drittel des Stamms auf der Nordseite, gerade so weit vom Ocean Beach Pier Café entfernt, dass der Geruch vom Angelladen die Café-Gäste nicht stört und die Café-Gäste Franks Stammkunden, die Angler, nicht belästigen.
    Dabei sind viele seiner Kunden auch regelmäßige Gäste des OBP Café, und zwar wegen der Machaca mit Eiern und wegen des Krebsomeletts. Auch Frank kommt regelmäßig, denn gute Krebsomeletts (okay, Krebsomeletts überhaupt) sind nicht so leicht aufzutreiben. Wenn es die gleich nebenan gibt, macht man daher gern Gebrauch davon.
    Aber nicht um vier Uhr fünfzehn morgens, obwohl das OBP Café rund um die Uhr geöffnet hat. Frank isst sein Sandwich auf, parkt den Van und macht sich auf den Weg zu seinem Laden. Er könnte auch bis vor die Tür fahren, er hat eine Genehmigung, aber wenn er nicht gerade Sachen transportieren muss, geht er lieber zu Fuß. Der Ozean um diese Tageszeit ist spektakulär, besonders im Winter. Die schwere Dünung des kalten, schiefergrauen Wassers kündigt den nahenden Sturm an. Um diese Jahreszeit ist das Meer wieeine
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