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Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho

Titel: Frank, Suzanne - Die Hüterin von Jericho
Autoren: Unbekannter Autor
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Fischschwanz?«
    Einen Fischschwanz? Ich gab meinen Kampf und meine Anstrengungen, den Knebel auszuspucken, auf. Ich drehte den Kopf, wobei der Knebel so an meinen Haaren zerrte, dass ich das Gesicht verzog. Dann sah ich sie kopfüber stehen.
    Männer in Kleidern, in gefärbten und bestickten Kleidern, und mit Sandalen. Mit kurzem Haar. Bärten. Und umgehängten Schwertern.
    Also gut, Männer in Kleidern. Allerdings hörte ich in meinem Kopf nicht »Also gut«, ich hörte: »B’seder.« War das dasselbe?
    »Dagon, Erzeuger der Felder .«
    Wer war das? Wo war Cheftu, mein geliebter Gemahl, der einzige Grund meines Hierseins? Ich war unter Männern in Kleidern. Ich nieste erneut - kein leichtes Manöver unter einem Knebel -, dann sah ich mit großen Augen auf.
    Der Himmel war mit einem Mal rot getönt; als ich auf meine Beine und das Wasser darunter schaute, war es ebenfalls rot. Dann begriff ich, dass mein gesamtes Blickfeld von meinen roten Haaren eingerahmt wurde.
    »Dagon, Vergewaltiger der Flüsse, Schöpfer der Nixen .«
    Ich hatte rotes Haar?
    Meine Welt kippte aus den Angeln, und zwar um genau neunzig Grad. Ich hatte rotes Haar! O Gott.
    Ein Schauer durchlief mich, während ich mich abmühte, meine Kleider und den Körper darin zu erkennen. Dann spürte ich sie - die Zeugnisse des zwanzigsten Jahrhunderts in dieser ganz offensichtlich vorchristlichen Welt: den Minirock aus Kunstseide, der im Dezemberwind trocknete, die Bügel eines Wonderbras, die gegen meine Rippen drückten. Riemen um meine Fußgelenke, die zu einem Paar lächerlichen Sandalen gehörten. Der Rand einer fluoreszierenden Halskette, die in der Morgensonne in allen Spektralfarben glühte.
    Um meinen Hals! An meinem Körper!
    Ich zwang mich, ruhig durchzuatmen, und versuchte meinen rasenden Puls zur Ruhe zu zwingen. Ich war - wieder - ein Rotschopf mit pergamentblasser Haut und außerdem wie ein Straßenmädchen gekleidet. Und in meinem Kopf waren allein meine Gedanken!
    Noch ein Dagon-Vers. Dagon. Dagon. Ein König? Ein Gott? Ein Priester? Ich hatte nicht die leiseste Ahnung. Angst schnürte mir die Kehle zu.
    Wo war Cheftu?
    Der Kahn begann recht flott durch die Wellen zu schneiden. Auf kleinen Booten wird mir sofort speiübel. Und dass ich vor Angst wie versteinert war, besänftigte meinen Magen nicht gerade. Die Gebete an Dagon dudelten dahin wie Kaufhausmusik. Ich nahm meinen Verstand in den Schwitzkasten.
    Kein Cheftu, und du bist rothaarig: Das sind ganz neue Regeln.
    Ich schluckte die Panik hinunter und überdachte meine Lage. Erstens, du bist im Mittelmeer aufgewacht. Und zwar mitten im Mittelmeer. Dann traf es mich wie ein Schlag: Sie waren keineswegs überrascht gewesen, mich zu finden, offenbar hatten sie nach mir Ausschau gehalten.
    »Dagon, Beregner der Ebene, deine -«
    Dagon. Dagon. Meine Gedanken entgleisten, denn nun legten wir an einem großen Schiff an, komplett mit Segeln, Rudern und hunderten von Statisten. Lauter Männer in Kleidern. Noch mehr Dagon-Verse. Ich war von irgendwelchen Seeleuten gerettet worden. Von vorchristlichen Seeleuten. Ein Mann warf mich wie einen toten Tunfisch über die Schulter und ich rumpelte gegen ihn, während er sich breitbeinig in dem kleinen Nachen aufbaute. Mein Kopf dröhnte, weil sich das Blut darin staute. Nach einem kurzen Wortwechsel wurde ein Seil herabgeworfen.
    »Ist haDerkato sicher?«, fragte einer.
    Der Gorilla, der mich aufgeladen hatte, klatschte mir auf den Schenkel und rief zurück: »Ken! Sie ist sicher, außerdem wird haYam uns eine Neue liefern, wenn sie runterfällt.«
    Die Muskeln unter meinem Magen spannten sich an, als der Mann sich mit den Händen am Seil hochzuhangeln begann. »Du bist eine ganz schön gewichtige Göttin, haDerkato «, schnaufte er.
    Ich hatte mich steif wie ein Brett gemacht, um nicht von seiner Schulter zu rutschen: Er hielt mich überhaupt nicht fest! Ich spannte die Beine an und gab mir alle Mühe, nicht ins Schaukeln zu kommen. Grunzend und stöhnend hievte er uns beide an der Schiffswand hoch. Das Meer, die Männer und das Boot wurden immer kleiner unter mir. Plötzlich wehte eine kalte Brise über mich hinweg.
    »Passt auf, dass sie euch nicht ansieht«, keuchte der Kletterer, bevor er mich auf ein weiteres Holzdeck plumpsen ließ.
    Als ich das nächste Mal die Augen aufschlug, standen alle um mich herum. Männer in Kleidern, mit behaarten Knien und nach Eau de Fisch duftend.
    »HaDerkato«, sagte einer von ihnen bedächtig, als würde er zu
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