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Fraeulein Jensen und die Liebe

Fraeulein Jensen und die Liebe

Titel: Fraeulein Jensen und die Liebe
Autoren: Anne Hansen
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verantwortungsvoller Job«, sagt er ganz ernst und kann sich dann doch ein Lächeln nicht verkneifen. »Irgendwann wurde ich dann aber traurigerweise vom Chip abgelöst.«
    Wir lachen so laut, dass die beiden Männer am Nebentisch (die mit den Pseudoakten) zu uns rübergucken.
    »Waren Sie denn früher in der Schule ein Mädchenschwarm?« »Unsere Mädchen waren da erbarmungslos. Jedes Jahr haben sie eine Liste mit den beliebtesten Jungs geführt. Bis zur siebten Klasse war ich zuverlässig auf dem letzten Platz. Ab der achten Klasse hatte ich dann plötzlich eine Ad-hoc-Akzeptanz.« Er lacht. »Ich weiß auch nicht, wie das plötzlich kam.«
    »Also, ich kann mir das gut erklären«, seufze ich und starre ihn beseelt an. Oh Gott, zurück! »Äh, ich meine natürlich, ich kann mir das gut erklären, warum Sie das verwundert hat, diese Wendung, meine ich, ist ja auch wirklich komisch.«
    Ich lache albern. Schnell eine Frage hinterher.
    »Was finden Sie an Frauen wichtig?«
    »Mmh, ich muss mal überlegen.« Er legt die Stirn in Falten (und sieht selbst dabei wahnsinnig gut aus, das sollte er öfter tun!). »Humor. Ja, Humor ist schon sehr wichtig.«
    »Und welche Art von Humor mögen Sie denn am liebsten?«
    »Ach, keinen bestimmten. Ich habe eine sehr große Spannweite. Von stumpf bis feinsinnig, würde ich sagen. Schwarzen Humor finde ich auch super. Ich warte immer noch auf einen Film, der am Strand spielt und in dem alle ihre Kinder ins Wasser schmeißen, wenn es Hai-Alarm gibt.« Er lacht. »Ich finde, es gibt keine Tabus beim Thema Humor. Ein unverkrampfter Umgang mit allem macht vieles leichter.«
    Auch das noch, er ist humorvoll! Ob ich ihn fragen soll, ob er »Youporn« kennt? Aus dem Gespräch mit Bernhard Hoëcker habe ich ja gelernt, dass Männer so etwas anscheinend witzig finden. Oder mache ich dadurch alles kaputt?
    Gott sei Dank muss ich mich nicht entscheiden, ob ich gleich über Oralverkehr sprechen soll, denn Alexanders Handy piept.
    Er sieht auf die Uhr. »So spät schon? Ich muss ja dringend in die nächste Sitzung. Aber warten Sie doch einfach hier, ich komme dann danach wieder.« Er steht auf und ich winke ihm fröhlich hinterher.
    »Bis nachher«, flöte ich. Als er nicht mehr in Sichtweite ist, hole ich mein Handy heraus.
    SMS an Pia.
    »er sieht bombig aus.plus:witzig,intelligent,selbsironisch.kurz:ER IST ES!!!! bin furchtbar aufgeregt. bis später, hannah obama :-)«
     

     
    Während Alexander in der Sitzung ist, hole ich mir erst einmal einen frisch gepressten Orangensaft an der Bar und stolziere dann in der großen Empfangshalle auf und ab, um das Ambiente auf mich wirken zu lassen. Frauen in teuren Kostümen gehen geschäftig an mir vorbei, alle Männer tragen gut sitzende Anzüge und überall höre ich die unterschiedlichsten Sprachen. Diese Atmosphäre inspiriert mich irgendwie. Ich spüre sogar, wie ich mich verändere. Ich halte plötzlich das Glas Orangensaft nur mit dem Daumen und dem Mittelfinger (so wie das die Leute auf edlen Vernissagen tun!), und wenn ich trinke, schürze ich vornehm die Lippen und nehme dezent einen kleinen Schluck nach dem anderen. Ich bin nicht mehr die Hannah in der Jogginghose. Nein, ich bin ein ganz anderer Mensch geworden!
    In der Sendung »Nur die Liebe zählt« habe ich einmal gesehen, wie ein Mann seiner Frau ein Ständchen gesungen hat, weil sie ihn von Alkohol und Heroin weggebracht hatte. Auf die Melodie von »One moment in time« von Whitney Houston sang er »Du hast mich bekehrt«.
    Ob ich das auch gleich schmettern soll, wenn Alexander aus der Sitzung kommt? Irgendwie passt dieses Lied doch auch zu uns. Und meiner Verwandlung.
    Ich verwerfe den Gedanken, weil mir nämlich etwas viel Besseres eingefallen ist. Sicher ist dies Alexanders letzte Sitzung für heute. Da könnten wir doch gleich noch wunderbar ein wenig durch Straßburg bummeln. Er könnte mir die berühmte Kathedrale zeigen und dann würden wir durch die kleinen Läden in der Altstadt schlendern. In einem Souvenirladen würde Alexander schließlich darauf bestehen, mir eine kleine Kathedrale aus Kunststoff zu kaufen.
    »Als Andenken«, flüstert er.
    »Aber ich werde nun doch öfter hier sein«, flüstere ich zurück.
    »Das stimmt«, haucht er und nimmt mich in den Arm.
    Während ich leicht wegdämmere, sehe ich aus den Augenwinkeln, dass Alexander wiederkommt. Ich versuche, mich zu fangen und möglichst geschäftig zu wirken. Aber wie schafft man das, wenn man einfach nur auf der
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