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For the Win - Roman

For the Win - Roman

Titel: For the Win - Roman
Autoren: Cory Doctorow
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sprang. Sie schrie, brannte, wälzte sich auf dem Boden. Ein paar Leute auf der Straße riefen über Handy die Feuerwehr, doch sie würde nicht mehr rechtzeitig eintreffen, denn schon füllte dichter Rauch alle Zimmer und zwang sie auf die Knie.
    »Durchs Fenster«, keuchte Schwester Nor. »Wir brechen uns wahrscheinlich was, aber das ist immer noch besser als hierzubleiben.«
    »Du zuerst«, sagte der Mächtige Krang.
    »Ich zuletzt«, sagte sie mit einer Stimme, die keine Widerrede duldete. »Sobald ihr beide draußen seid.« Sie rang sich ein kleines Lächeln ab. »Versucht mich aufzufangen, okay?«
    Justbob packte Krangs Arm und zog ihn zum Fenster. Er traute sich bis zum Sims, dann schrak er zurück. »Es ist zu hoch!«, rief er und kauerte sich wieder hin. Justbob warf ihm einen vernichtenden Blick zu, schwang sich über den Sims, ließ sich herab, sodass sie an den Armen hing, und das restliche Stück hinunterfallen. Falls sie dabei irgendein Geräusch von sich gab, so ging es im Tosen des Feuers unter, das schon direkt vor ihrer Tür loderte. Der Boden war so heiß, dass man sich an ihm verbrannte.
    »Los!« , schrie Schwester Nor.
    »Du bist unsere Anführerin … Du bist unsere große Schwester«, sagte Krang und griff nach ihrem Arm. »Ohne dich sind wir nichts!«
    Sie schüttelte ihn ab. »Nein, du Idiot! Ich habe keine Zauberkräfte. Ihr braucht mich nicht. Ich bin nicht mehr als die Vermittlung. Ihr findet selbst euren Weg. Denk daran!« Sie packte ihn am Hosenbund und warf ihn praktisch aus dem Fenster. Einen Augenblick pfiff die Luft um ihn herum, dann gab es einen gewaltigen Schlag, der ihm durch Mark und Bein fuhr, und danach versank er in Dunkelheit.
    Schwester Nor stand in Flammen, von den weiten indischen Baumwollhosen bis zu ihrem langen schwarzen Haar. Das Zimmer war mittlerweile so voller Rauch, dass jeder Atemzug wie Feuer brannte. Sie spürte, wie die feinen Härchen in ihrer Nase in der sengend heißen Luft verbrannten und die Lungen ihr den Dienst versagten. Sie stand auf, tat einen Schritt zum Fenster, wo sie einen Moment wie der flammende Avatar einer tragischen Gottheit verharrte, dann geriet sie ins Schwanken, fiel auf die Knie und wurde von den Flammen verzehrt.
    Unten auf der Straße begannen die Leute zu weinen. Auch Justbob, die auf dem Gehweg lag, weinte, während ein Passant ihr Erste Hilfe leistete. Der Mächtige Krang hatte sich einen Arm, drei Finger und vier Rippen gebrochen und war bewusstlos.
    Eine Ewigkeit später erwachte er in demselben Krankenhaus, in dem er und seine Freunde schon zuvor gelegen hatten. Er trug Bandagen und einen Gips und stand unter Beruhigungsmitteln. Die Krankenhausleitung, die sich noch gut an ihn erinnerte, hatte mit einer gewissen Genugtuung angeordnet, ihn völlig von der Außenwelt zu isolieren: Er kam weder an irgendeinen Computer noch an sein Handy heran und war so schwer sediert, dass er sich in einem halbkomatösen Zustand befand. Das sollte ihn davon abhalten, irgendwelche Scherereien zu machen.
    Aber auch die Krankenschwestern und Reinigungskräfte hatten Krang in Erinnerung, nur in einer sehr viel positiveren. Deshalb setzten sie die Dosierungen seiner Medikamente herab, brachten ihm sein Handy und eine kleine Tastatur, Karten und Briefe von Webblys auf der ganzen Welt und erlaubten Justbob, deren Bein in einem riesigen, plumpen Gipsverband steckte, ihn zu besuchen. Stets saß sie schweigend an seiner Seite und hielt seine unverletzte Hand, und manchmal stahl sich eine Träne unter ihrer Augenklappe hervor. Doch ihr gesundes Auge, das rot und geschwollen war, weinte nie.
    Schließlich lichtete sich der von den Schmerz- und Beruhigungsmitteln ausgelöste Nebel in Krangs Kopf. Er konnte sich zwar nicht mehr an die Fahrt mit dem Krankenwagen oder an die anschließende Behandlung erinnern, aber er wusste noch, was Schwester Nor ihm als Letztes gesagt hatte. Also gab er die Worte mit der linken Hand auf Englisch, Malaysisch, Hindi und Chinesisch ein, zitierte sie mit seiner von Rauch wunden Stimme vom Krankenhausbett aus und zeichnete sie auf.
    Seine Worte – Schwester Nors Worte – gingen um die ganze Welt, wanderten von Handys zu Foren und von Website zu Website. Ich habe keine Zauberkräfte. Ihr findet selbst euren Weg.
    Selbstverständlich verbreiteten sich die Worte auch über die Webbly-Netzwerke. Sie erreichten die jungen Arbeiterinnen in Südchina, die nach einigen wilden, chaotischen Tagen der Massenentlassungen und
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